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Kurklinik wird zur Flüchtlingsunterkunft

Bis zu 100 ukrainische Kriegsflüchtlinge werden in Glossen untergebracht und von einem Team des DRK betreut. Bei den Vorbereitungen halfen Ehrenamtler.

Von Constanze Junghanß
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Silke Seeliger vom Roten Kreuz Löbau und weitere Helfer bereiten in der ehemaligen Kinderkurklinik Glossen alles für Flüchtlinge vor.
Silke Seeliger vom Roten Kreuz Löbau und weitere Helfer bereiten in der ehemaligen Kinderkurklinik Glossen alles für Flüchtlinge vor. © Matthias Weber/photoweber.de

Das pralle Gelb der Forsythien verdeckt die darunterliegenden Zweige. Stille. Ein paar Vögel zwitschern. Fern sind die Motorengeräusche eines langsam durchs Dorf zuckelnden Fahrzeuges zu hören. Sattgelb sind auch einige der Säulen und Fensterrahmen am imposanten Haus mitten im beschaulichen Dörfchen Glossen nahe Löbau. Die Farbe der Frühlingsziersträucher spiegelt sich im Moment in der Architektur der ehemaligen Kinderkurklinik. Die ist seit einigen Jahren geschlossen, ohne Gäste. Das ändert sich voraussichtlich ab Anfang des kommenden Monats.

Silke Seeliger schließt die Haupttür auf. Alles blitzblank. Im Foyer stehen Waschmaschinen. Ein Buggy für Kleinkinder wartet in der Ecke, erobert zu werden. Die Betten sind alle frisch bezogen. Ein bunter Bettwäschemix. Auf jeder Schlafstätte sitzt ein Plüschtier und wartet darauf, in den Arm genommen zu werden. Alles Spenden – die Wäsche ebenso wie Teddybär und Kuschelmaus. Silke Seeliger, Vorstand des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) Löbau, sagt, dass am 2. Mai der Einzug der ersten ukrainischen Kriegsgeflüchteten geplant ist.

Die frühere Kinderkurklinik wird zur Flüchtlingsunterkunft umgewidmet.
Die frühere Kinderkurklinik wird zur Flüchtlingsunterkunft umgewidmet. © Matthias Weber/photoweber.de

Am Anfang rechnet Löbaus DRK-Chefin mit etwa 50 Menschen, später sollen es insgesamt 100 sein. Das ehemalige Kinderkurheim gehört der Kreuzgewölbe GmbH, einer Gesellschaft aus DRK Görlitz Stadt und Land und Diakonie St. Martin Rothenburg. Die Kreuzgewölbe GmbH hatte das Objekt vom Landkreis erworben, mit dem Ziel, ein Demenz-Kompetenzzentrum in dem Objekt zu errichten. Auch Schulschwimmen sollte künftig eine Rolle spielen.

Zu den vielen Sachspenden gehören Grünpflanzen.
Zu den vielen Sachspenden gehören Grünpflanzen. © Matthias Weber/photoweber.de

Doch der Krieg gegen die Ukraine hat eine enorme Flüchtlingsbewegung in Gang gesetzt, die vor Ostsachsen keinesfalls Halt macht. Wohin mit all den Menschen, wenn nicht sofort Wohnraum geboten werden kann? Da musste eine Lösung her. Die Kinderkurklinik wird ein Zuhause auf Zeit für die durch den Krieg Vertriebenen. Glossen – ein Ort der Ruhe mit sozialer Betreuung. „Die Flüchtlinge sollen über die Landesdirektion Leipzig zugewiesen werden“, berichtet Silke Seeliger. Das heißt, es werden keine Flüchtlinge von privaten Gastgebern da aufgenommen.

Ihr Team übernimmt die Betreuung, drei Sozialarbeiter werden eingestellt – eine von ihnen ist selbst eine Geflüchtete aus der Ukraine. Weitere 4,5 Stellen für Hausmeister- und Sicherheitstätigkeiten sind geschaffen. Auch für die Nacht und als Ansprechpartner in Notfällen. „Falls beispielsweise ein Kind plötzlich erkrankt, muss jemand da sein, der den Arzt informieren kann“, so Silke Seeliger. Eine Löbauer Hausärztin habe sich bereiterklärt, die Betreuung für medizinische Belange zu übernehmen.

Bereits im Vorfeld gab und gibt es engagierte ehrenamtliche Hilfe. So sammelten Einwohner und die Kirchgemeinde Kittlitz Sachspenden von Spielzeug bis zu Grünpflanzen, um das neue Zuhause auf Zeit für die Flüchtlinge und ihre Kinder gemütlich zu machen. Ehrenamtliche Helfer der Kirche bezogen im Akkord alle Betten der Zwei-, Drei- und Vierbettzimmer, ein großes Spielzimmer mit Tischtennisplatte und Fußball-Kicker wurde eingerichtet. Es gibt einfach und zweckmäßig ausgestattete Gemeinschaftsküchen, mehrere Aufenthaltsräume und einen riesigen Garten. Ideal gerade für Mädchen und Jungen zum Spielen. Was Silke Seeliger noch nicht weiß: Wie viele Kinder kommen an in Glossen, wie viele Senioren, die möglicherweise besondere Unterstützung brauchen? Sie hat vorgesorgt: Eine der künftigen Mitarbeiterinnen kommt aus dem Pflegebereich, kann also gleich ganz praktisch helfen, falls Pflege benötigt wird. „Und wir würden sehr gern Deutsch-Unterricht anbieten, brauchen dafür die Unterstützung von Ehrenamtlichen“, sagt die 52-Jährige.

Ehrenamtliche haben schon die Betten bezogen.
Ehrenamtliche haben schon die Betten bezogen. © Matthias Weber/photoweber.de

Das Schwimmbecken bleibt gesperrt, das Wasser draußen, die Tür zu. Was jedoch ebenfalls schnell auf Vordermann gebracht wurde, ist die Turnhalle für Spiel und Sport. Silke Seeliger freut sich, dass in einem Schuppen der Kurklinik Fahrräder zu finden waren. Auch die haben ehrenamtliche Helfer repariert. So können die Gäste zum Einkaufen ins nur wenige Kilometer entfernte Weißenberg mit dem Rad fahren. Es gibt auch eine Busanbindung. Und für den Notfall steht ein DRK-Fahrzeug bereit.

Wie lange die Flüchtlinge in Glossen bleiben, steht im Moment nicht fest. „Wir wollen sie von hier aus in Wohnungen vermitteln, helfen bei den Behördengängen“, so Silke Seeliger. Und jeder, der auszieht, bekommt eine kleine neue Grundausstattung von Kochtöpfen bis zur Schlafmatratze bereitgestellt. Aber erst einmal müssen die 100 Menschen aus dem Kriegsgebiet einziehen. Und ein Stück weit ankommen.

Der Text wurde am 27. April geändert. In der ursprünglichen Version stand, es seien 1,4 Kilometer von Glossen bis Weißenberg. Das ist nicht richtig. Es sind rund 7,5 Kilometer.