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Görlitzer Theater baut Güterbahnhof zum Theatersaal um

Für acht Millionen soll die Halle saniert werden, in der im vergangenen Jahr "Malfi" lief. Ab 2026 will das Theater dort spielen, um das Haupthaus im Stadtzentrum für Bauarbeiter zu räumen.

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Im alten Güterbahnhof in Görlitz inszenierte das Gerhart-Hauptmann-Theater das Stück "Malfi!". Die Halle wird jetzt für mehrere Millionen Euro ausgebaut.
Im alten Güterbahnhof in Görlitz inszenierte das Gerhart-Hauptmann-Theater das Stück "Malfi!". Die Halle wird jetzt für mehrere Millionen Euro ausgebaut. © André Schulze

Von Anett Böttger, dpa,
und Sebastian Beutler

Nach dem verheerenden Wasserschaden vor mehr als einem Jahr bereitet das Gerhart-Hauptmann-Theater die Sanierung seines Stammhauses in Görlitz vor. Bevor jedoch die Bauarbeiten beginnen können, muss zunächst eine Ausweichspielstätte hergerichtet werden. Eine Halle des früheren Güterbahnhofs in der Neißestadt soll dazu umgebaut werden. "Die Pläne stehen", sagte Intendant Daniel Morgenroth. "Wir warten auf den Fördermittelbescheid, der hoffentlich im Januar eintrifft."

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Der zeitliche Ablauf ist laut Morgenroth abhängig von Fördermitteln, Ausschreibungen und Verfügbarkeit von Handwerksfirmen. Der Intendant ist optimistisch, die Ausweichspielstätte ab Anfang 2026 nutzen zu können.

Die Renovierungsarbeiten im Theater werden zwei bis drei Jahre dauern, sodass die Rückkehr ins große Haus mit vorsichtiger Prognose frühestens Ende 2028 möglich wäre. Im November 2022 war die Bühne des Görlitzer Theaters binnen weniger Minuten unter Wasser gesetzt worden, nachdem ein Brandmelder aus noch ungeklärter Ursache die Sprühflutanlage ausgelöst hatte. Laut Morgenroth wird mit Hochdruck an den Anträgen zur Erneuerung der Bühnen- und Brandschutztechnik gearbeitet.

Eine defekte Sprenkleranlage setzte im Herbst 2022 die Bühne des Görlitzer Theaters unter Wasser.
Eine defekte Sprenkleranlage setzte im Herbst 2022 die Bühne des Görlitzer Theaters unter Wasser. © Martin Schneider

Auf der inzwischen provisorisch ertüchtigten Bühne ist seit Oktober zumindest ein Spielbetrieb mit zeitlich befristeter Ausnahmegenehmigung möglich. "Wir sind alle froh, wieder im Haus zu sein", sagte der Intendant. Trotz notwendiger Einschränkungen funktioniere es sehr gut. Aus Sicherheitsgründen dürften beispielsweise keinerlei Kulissen und Requisiten auf der Bühne gelagert werden, wie es bei Repertoirewechseln üblich sei. Stattdessen müssten Inszenierungen weitgehend im Block gespielt werden.

Auf der mittlerweile wieder beschränkt bespielbaren Großen Bühne im Görlitzer Theater war vor Weihnachten beispielsweise Händels szenisches Oratorium "Saul" zu erleben.
Auf der mittlerweile wieder beschränkt bespielbaren Großen Bühne im Görlitzer Theater war vor Weihnachten beispielsweise Händels szenisches Oratorium "Saul" zu erleben. © Pawel Sosnowski

Langfristige Nutzung durch Theater und Schule

Auf rund acht Millionen Euro werden die Baukosten für die Ausweichspielstätte geschätzt. Mit Platz für etwa 400 Zuschauer soll sie in einer Halle entstehen, in der 2023 bereits die Görlitzer Sommertheaterproduktion "Malfi!" uraufgeführt wurde. Geplant sei, das Gebäudedach auf der gesamten Länge um drei Meter anzuheben und damit eine Raumhöhe von neun Metern zu gewinnen, sagte Morgenroth. "Wir wollen nicht nur ein Provisorium schaffen, sondern streben eine nachhaltige Lösung an." Die umgebaute Halle soll auch dann noch genutzt werden, wenn das Theater längst wieder ins modernisierte Haupthaus umgezogen ist.

Ein Teil der Ausweichspielstätte werde künftig als Probenraum für die Neue Lausitzer Philharmonie dienen, kündigte der Intendant an. Der andere Teil soll der benachbarten Waldorfschule als Mehrzweckhalle zur Verfügung stehen. "Das Charmante an dieser Lösung ist, etwas zu schaffen, was auf Jahre hinaus die Situation verbessert", sagte Morgenroth.

Sängerin Yvonne Reich stützt sich im November 2023 auf ein Trocknungsgerät in einer Werkstatt hinter der Bühne des Görlitzer Theaters. Im Hintergrund arbeitet Maskenbildnerin Catharina Nachtigal an einer Perücke.
Sängerin Yvonne Reich stützt sich im November 2023 auf ein Trocknungsgerät in einer Werkstatt hinter der Bühne des Görlitzer Theaters. Im Hintergrund arbeitet Maskenbildnerin Catharina Nachtigal an einer Perücke. © Martin Schneider

Die Einrichtung der Malfi-Halle sowie die Sanierung des Haupthauses im Görlitzer Stadtzentrum sind nicht die einzigen Baustellen für das Theater. So wird der Landkreis mit Geldern aus dem Kohleausstieg die Waldbühne Jonsdorf umbauen, damit sie ganzjährig genutzt werden kann. Den Plänen zufolge soll das Theater anschließend öfter im Zittauer Gebirge gastieren und die Herrnhuter Sterne wollen eine attraktive Sterne-Landschaft in der Weihnachtszeit als Erlebniswelt auf der Waldbühne einrichten.

Außerdem sind Pläne im Gespräch für eine weitere Spielstätte des Theaters im Raum Weißwasser. Bislang waren dafür Hallen in der Telux-Industriebrache im Gespräch, die auch schon Aufführungsort beim Lausitz-Festival war. Zuletzt aber schlugen Vertreter des Kreisnordens vor, auch die Bühne "Theater im Ohr" im Findlingspark Nochten als eine solche Spielstätte zu prüfen.

Morgenroth fordert mehr Geld vom Land Sachsen

Zugleich hat sich Morgenroth am Mittwochmorgen bei MDR Kultur nochmals für eine langfristig tragfähige Finanzierung der sächsischen Theater eingesetzt. Seiner Ansicht nach braucht es mehr Engagement des Freistaates dafür, indem die Kulturraum-Gelder dynamisiert und an die richtigen Adressaten gegeben werden. Er selbst arbeite beim Bühnenverband derzeit an Vorschläge, um das Kulturraumgesetz bis 2025 zu überarbeiten. So ist es auch vom Gesetzgeber her vorgesehen.

Die Inszenierung "Malfi!" des Gerhart-Hauptmann-Theaters im und vor dem alten Güterbahnhof in Görlitz brachte das Theater vor allem bei einem ungewohnt jungen Publikum ins Gespräch.
Die Inszenierung "Malfi!" des Gerhart-Hauptmann-Theaters im und vor dem alten Güterbahnhof in Görlitz brachte das Theater vor allem bei einem ungewohnt jungen Publikum ins Gespräch. © Nikolai Schmidt

Wie schon der Görlitzer Oberbürgermeister Octavian Ursu verwies auch Morgenroth auf die Entwicklung in Bayern, wo sich seinen Informationen nach das Land mit bis zu 50 Prozent der Kosten bei verschiedenen kommunalen Theatern beteiligt.

Das Görlitzer Theater steuerte im vergangenen Jahr auf eine Finanzierungslücke von 1,7 Millionen Euro zu. Kurz vor Weihnachten hatte dann das Land mitgeteilt, die Hälfte des absehbaren Defizits, also rund 850.000 Euro, beizusteuern. Aber nur, wenn die Gesellschafter des Theaters die andere Hälfte aufbringen. Während die Stadt Görlitz die zusätzlichen 255.000 Euro im Haushalt ohnehin stehen hat, beschloss die Stadt Zittau ebenso kurz vor Jahresende ihren Anteil von 85.000 Euro ebenso zu zahlen. Im Haushalt des Landkreises Görlitz sind aber die zusätzlichen 510.000 Euro nicht zu finden, deswegen verhandelte Landrat Stephan Meyer mit der Sparkasse Oberlausitz/Niederschlesien um eine Großspende. Eine Einigung stand aber bis zuletzt aus.

Intendant schließt Haustarifvertrag aus

Wie das in diesem Jahr zu erwartende Loch im Theater-Haushalt ausgeglichen wird, darüber gibt es bislang nur vage Andeutungen. Während der Freistaat und auch die Stadt Görlitz zu einer ähnlichen Lösung wie 2023 bereit sein, sind die finanziellen Zwänge in Zittau und im Landkreis noch größer. Immerhin hat der Stadtrat von Zittau zuletzt klargemacht, bis zu einer gewissen Grenze auch 2024 zusätzliche Gelder beizusteuern.

Um Kosten zu sparen, hatte die Politik zuletzt auch wieder einen Haustarifvertrag für das Theater ins Gespräch gebracht. Für Intendant Daniel Morgenroth aber ist das keine Option, erklärte er im Rundfunkinterview beim MDR. Er wolle Leute in die Provinz locken, dann könne man aber nicht sagen, wir zahlen gleich mal weniger. Außerdem seien in anderen Branchen deutlich höhere Gehälter vereinbart worden. Auch den Künstlerinnen und Künstlern stünden angemessene Löhne zu.