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Gruseliger Knochenfund in der Jauchegrube

Ein junges Paar will die Güllegrube in seinem Reichenbacher Garten entleeren. Ein blauer Sack mit schockierendem Inhalt taucht auf. Gibt es Verbindungen zu einem Fall von 2019?

Von Constanze Junghanß
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Der Sack mit dem gruseligen Inhalt.
Der Sack mit dem gruseligen Inhalt. © Constanze Junghanß

Ein Feld auf der einen Seite, daneben die schmale Straße. Direkt am asphaltierten Weg eine Laubenkolonie. Schrebergärten mit Bungalows oder Holzhäuschen, gepflegte Beete. Tomaten leuchten rot und braunfäulefrei. In manchen der hübschen Parzellen sind Schaukeln und Sandkästen für die Kinder aufgebaut. Kleingarten-Siedlungsidylle in Reichenbach neben dem Bahndamm. In der Vormittagszeit mitten in der Woche herrscht absolute Stille. Dann schnauft ein Zug vorbei.

Vielleicht 50 Meter nach den Gleisen beginnt es zu stinken. Süß faulig, zuerst leicht, ein Stück weiter intensiver. Der Gestank kommt von einem blauen Plastiksack. Die junge Familie, die daneben steht, ist ziemlich fertig. Den Sack haben sie, so berichtet das Paar, aus ihrer Jauchegrube gefischt. Zusammen mit alten Matratzen und Müll.

Wer schaut schon in die Jauchegrube?

„Weil die Grube immer voller wurde, wollten wir sie am Dienstag zum ersten Mal ausschöpfen“, sagt der Mann. In den zwei Jahren zuvor hätten sie noch nie in die ausbetonierte Grube geschaut, dafür keinen Anlass gesehen. Wer öffnet auch schon ständig eine Güllegrube? Beim Öffnen des Sacks dann der Schock: Ein Tierschädel und ein Haufen Knochen, braunschwarz angelaufen. Dazwischen Güllereste. Ob der Gestank von der Gülle oder dem modrigen Knochenhaufen kommt, lässt sich schwer einschätzen. Mächtig erschrocken seien sie gewesen, erzählt die Frau. „Das war mal ein Hund“, sagt die Frau, die selbst Hundehalterin ist und schüttelt sich. Sie und ihr Partner wollen anonym bleiben. Ihren Garten haben sie seit 2020 „übernommen in einem sehr ungepflegten Zustand“, viel Arbeit seitdem investiert und alles schick gemacht.

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Doch wie kommen die tierischen Überreste in ihre Jauchegrube? Vorpächter sei eine Reichenbacherin gewesen, die zusammen mit ihrer Tochter für Schlagzeilen sorgte. Die Frauen hatten ihren Hund – einen jungen Husky-Mischling – qualvoll in der Neubau-Wohnung verhungern lassen. Herausgekommen war das, als beim Mieter aus der Wohnung darunter Maden durch die Decke in den Lampenschirm fielen. Das war im Jahr 2019.

Es kam zum Gerichtsprozess. Die Mutter wurde zu sechs Monaten Haft verurteilt, die Tochter unter anderem zu vier Wochen Dauerarrest. Dass diese Frauen zuvor den Garten pachteten, „darüber wurden wir vor der Gartenübernahme informiert, haben uns aber dabei nichts gedacht, da denen ja der Garten nicht mehr gehörte“, sagt der neue Pächter.

Der Chef der Kleingartenanlage schweigt

Liegen die Überreste des verstorbenen Tieres aus den Neubauten etwa in deren Jauchegrube? Seitens des Veterinäramtes läge ein Entsorgungsnachweis für den 2019 verhungerten Hund vor, habe ihnen das Amt auf Anfrage mitgeteilt. Starb noch ein weiterer Hund? Die Gartenbesitzer wissen es nicht, sind ratlos. Polizei, Ordnungsamt, Veterinäramt und Gartenvorstand hätten sie informiert, seien da jedoch nicht weitergekommen bisher.

Das Ordnungsamt des Reichenbacher Rathauses hat die mysteriöse Geschichte auf jeden Fall auf dem Schirm, wie ein Behördenmitarbeiter bestätigt. „Wir haben mit Polizei und Veterinäramt bereits Rücksprache gehalten, das Verfahren bezieht sich auf Tierschutzbelange“, heißt es seitens des Ordnungsamtes. Auf jeden Fall, so betont der Behördenmitarbeiter, verhielt sich das Paar völlig richtig, indem sie in Eigenregie die Ämter und Institutionen informierten.

Auch der Vorsitzende der Kleingartenanlage hat Kenntnis von dem Fall bekommen. Das bestätigt er gegenüber der SZ am Telefon, will aber ebenfalls anonym bleiben und sich nicht zu dem Knochenfund in der Jauchegrube äußern.

Auch bei dem Vierkirchener Tierarzt Thomas Bauz wollte sich das Paar Rat holen. Er kennt ein Foto des Fundes, kann bestätigen, dass die Knochen zu einem Fleischfresser gehören. Wäre auch ein Fuchs denkbar? Anhand des Bildes kann das der Tierarzt zumindest nicht absolut ausschließen. Dass ein Tier auf diese Weise entsorgt wurde, ist auch für den Tierarzt unfassbar. Wie es nun mit dem gruseligen Fund weitergeht, ist nach Angaben des Reichenbacher Ordnungsamtes derzeit noch ergebnisoffen. Liegen lassen will die Familie den Sack jedenfalls nicht auf ihrem Pachtgrundstück, auch wegen des Gestanks. „Wir haben eine Tierkörperbeseitungsfirma beauftragt“, sagt der Mann.