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Pfandfrei in Görlitz

Vermehrt bieten Händler Getränke ohne Pfand an. Es könnten Schwarz-Importe aus Polen sein. Die Behörden streiten noch, wer zuständig ist.

Von Daniela Pfeiffer
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Palettenweise pfandfreie Getränkedosen: Die Vermutung liegt nahe, dass sie - so wie in vielen grenznahen Regionen Deutschlands - auch in Görlitz in den Handel kommen und hier aus Polen oder Tschechien stammen.
Palettenweise pfandfreie Getränkedosen: Die Vermutung liegt nahe, dass sie - so wie in vielen grenznahen Regionen Deutschlands - auch in Görlitz in den Handel kommen und hier aus Polen oder Tschechien stammen. © dpa

Wenn es um Flaschen- oder Dosenpfand geht, hat Richard Bramowski ein scharfes Auge. Wann immer er einkaufen geht, schaut er auf Flaschen und Dosen. Sind sie pfandpflichtig? Und wenn ja, haben sie das Pfandsymbol? 

In seiner Heimat, dem Schwarzwald,  ist ihm zuerst aufgefallen, dass mitunter pfandpflichtige Getränkedosen- und flaschen - die sogenannten PET-Dosen und -Flaschen - verkauft werden, auf denen das Pfandsymbol fehlt. Ob vorsätzlich oder unwissentlich: Wenn Händler solche Ware verkaufen, sei das illegal. Schließlich kaufen sie die Getränke irgendwo, ohne das Pfand zu bezahlen. Am Ende hat der Kunde das Nachsehen, denn er hat ein Recht darauf, auf pfandpflichtige Behältnisse auch das Pfand ausgezahlt zu bekommen.

Pfandfreie Dosen aus Polen?

 "Auffällig ist, dass das Problem oft in Grenznähe besteht", sagt Bramowski. Bei ihm daheim sei die französische Grenze nicht weit. "Hier fällt das insbesondere bei Kebab-, Asia- oder arabisch geführten Läden auf." Als die Sache publik wurde - Behörden genauer hinschauten - tat sich etwas. "Da wurden Dosen mit Pfandaufklebern schnell noch nachgerüstet.

Nun gibt es das gleiche Problem auch in Görlitz. Unter anderem in einem syrischen Lebensmittelgeschäft und einem asiatischen Restaurant in Görlitz ist Bramowski das aufgefallen. Er hat ein Häuschen in Bernstadt, das er vermietet und ist immer wieder mal in Görlitz. Deshalb hat er sich auch an die Görlitzer Stadtverwaltung gewandt. Diese bestätigt seine Beobachtungen. Es wurden sogar weitere Geschäfte ermittelt, bei denen pfandfreie Getränke Usus sind. "Nach Verständigung mit den zuständigen Behörden werden wir mit den Betreibern ins Gespräch kommen", heißt es aus dem Sachbereich Gewerbe/Gaststätten/Spielrecht in einer Mail an Herrn Bramowski.

So bunt die Flaschen- und Dosenvielfalt in Deutschland, so komplex ist auch das Pfandrecht.
So bunt die Flaschen- und Dosenvielfalt in Deutschland, so komplex ist auch das Pfandrecht. © dpa

Stadt hat weitere Verstöße ermittelt

Gegenüber der SZ sagt das Rathaus, dass es bislang noch keine Gespräche mit den Händlern und Gastronomen gab. Die Recherche zu den Verstößen gegen das Verpackungsgesetz laufe noch, so Stadtsprecherin Juliane Zachmann. Zuständig "für den gesetzlichen Vollzug des Verpackungsgesetzes" sei die untere Abfallbehörde des Landkreises. Man wolle sich mit dem Landratsamt demnächst abstimmen.

Allerdings hebt man hier die Hände. Dem Umweltamt des Landkreises Görlitz sei das Thema mit dem Pfand nicht bekannt und man sei auch nicht zuständig, sagt Kreissprecherin Franziska Glaubitz. 

In der Tat sei die Kommune, also die Stadtverwaltung, zuständig, weiß aber Richard Bramowski. Er befasse sich schon länger und intensiv mit diesem komplexen Thema, hat deshalb auch schon mit Kommunen gesprochen. "Nur wenn ich höre, dass man keine Kapazität und kein Personal für dieses Problem habe, werde ich sauer", sagt er. Natürlich müsse sich das Amt auch etwas Mühe machen und recherchieren. In Görlitz ist das scheinbar erfolgt, nur muss die Zuständigkeit für weitere Schritte klar sein.

Wenn die Dosen einfach weggeworfen würden

Unternommen werden muss etwas - findet Bramowski. Er bezeichnet sich selbst als sehr sozial eingestellt und wenn es irgendwo ein Unrecht gibt, will er das gern klären. "Da gilt beim Pfand wie in anderen Bereichen: Gleiches Recht für alle. Es wäre doch ungerecht, wenn der eine Händler seine Getränke mit Pfand kauft, andere aber nicht." Er unterstellt den Händlern keine Absicht, plädiert deshalb dafür, dass es zunächst Ermahnungen geben sollte, bevor Konsequenzen drohen. Dass es die Pfandregelung in Deutschland so gibt, begrüßt er: Wie sähe es wohl aus, wenn der ganze Dosenmüll nicht so gut organisiert wäre.  

Welche Rechte der Kunde dabei hat, das hat Bramowski reichlich getestet. "Ich kann meine Dose immer zurückgeben -  selbst, wenn sie zerknüllt ist. Solange sie das Pfandsymbol hat und dieses noch erkennbar ist." Märkte und Händler würden häufig sehr unterschiedlich reagieren bei Pfandfragen, etwa, wenn Kästen zurückkommen, die nicht vollständig sind. "Keine Frage: Ich kann den Kasten auch so zurückgeben, nur muss man da mit manchen Märkten erst ein bisschen diskutieren", sagt Bramowski. Aber aufgrund seiner Recherchen und seinen Nachfragen  bei der Deutsche Pfandsystem GmbH in Berlin fühlt er sich jetzt sicher im Pfandrecht.  

Von der Verbraucherzentrale zusammengestellte Fragen und Antworten rund um das Pfand finden sie hier.

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