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Großenhain hat wieder ein fliegendes Museum

Der Radebeuler Arzt Alexander d'Avignon kaufte die historische Fliegerhalle. Er sammelt osteuropäische Flugzeuge und will sie öffentlich ausstellen.

Von Kathrin Krüger
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Alexander d'Avignon - der Radebeuler Arzt ist Besitzer der historischen Fliegerhalle auf dem Großenhainer Flugplatz. Er baut die neue Sammlung alter Flugzeuge auf.
Alexander d'Avignon - der Radebeuler Arzt ist Besitzer der historischen Fliegerhalle auf dem Großenhainer Flugplatz. Er baut die neue Sammlung alter Flugzeuge auf. © Kathrin Krüger

Großenhain. Es war ein Schock für die Stadt, als vor zwei Jahren das berühmte Fliegende Museum von Josef Koch aus Großenhain verschwand. Die einzigartigen Flugzeug-Oldtimer gingen an einen Privatsammler in Aachen. Josef und seine Tochter Birgit Koch verabschiedeten sich mit dem Fliegerverein nach 20 Jahren in Richtung Bayern. Ein unwiederbringlicher Verlust für Großenhain - hieß es damals.

Doch nun ist nicht nur Josef Koch im Mai wieder an den Flugplatz zurückgezogen - allerdings schwer krank. Seine Fliegerhalle hatte er vor zwei Jahren an den Radebeuler Arzt Alexander d'Avignon verkauft, der sich nun um ihn kümmert. Der 42-Jährige ist ebenfalls Sammler historischer Flugzeuge aus Osteuropa und will die 1933 erbaute denkmalgeschützte Fliegerhalle wieder öffentlich machen: mit seiner Sammlung und einem neuen Verein.

In desolatem Zustand übernommen

D'Avignon wuchs in der Oberlausitz auf. Schon seit seiner Kindheit bekam er durch Agrarflieger in der Nachbarschaft in Ebersbach/Oberlausitz Lust aufs Fliegen. "Mit dem Fahrrad bin ich dann zum damaligen Fliegerclub Eibau 1992 gefahren und dort Mitglied geworden", erzählt der Mediziner. Die Fliegerei hätte ihm die notwendige Kraft gegeben, seine Krebserkrankung im Jugendalter zu überstehen.

Nach dem Abitur studierte er Humanmedizin in Dresden. Sein Hobby flammte während der Assistenzarztzeit wieder auf. 2014 kaufte er seine erste eigene Maschine, eine polnische Zlin 42M. "Die kannte ich aus Eibau, die wurden nach der Wende noch von der GST übernommen." Ein Jahr später erwarb d'Avignon nach langer Suche eine defekte PZL 106-A Kruk - eine Rarität, denn es gibt nur eine einzige flugfähige Maschine. Dann eine Zlin 37-A - ebenfalls ein Agrarflieger. Später eine PZL 104 Wilga, eine Morane MS 893E sowie eine Zlin 142, eine weitere Zlin 42M sowie in diesem Jahr noch eine Zlin 43.

So brachte der Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin mit zwei Angestelltenverhältnissen in jeweils oberärztlicher Position in Chemnitz und Olbernhau den Grundstock für ein neues fliegendes Museum zusammen. Die Halle, die er von Josef Koch kaufte, ist denkmalgeschützt. Sie wurde 1933 gebaut und von Josef Koch im Jahre 2000 in desolatem Zustand übernommen. Mit viel Engagement sei es damals gelungen, aus dem einst ruinösen Zustand ein sehr schönes Gebäude zu machen, so der Hobbyflieger. "Das Ziel meiner Mitstreiter und mir ist es, das Gebäude in diesem wunderbaren Zustand zu erhalten bzw. weiter zu optimieren." Nicht wenig Geld hat Alexander d'Avignon bereits investiert. So verfügt die Halle anstatt über bisher vier Industriestrahler als Beleuchtung nun über 36 zusätzliche Industrielampen, wodurch sie viel besser ausgeleuchtet ist. Wie andere Shelter auch bietet sie anmietbare Stellplätze für Flugzeuge, Wohnmobile, Oldtimer.

Schnittstelle zwischen Hobby und Beruf

„Historische Fliegerhalle Ost“ hat d'Avignon - der hugenottischer Abstammung ist - die Halle getauft. In Anlehnung an das ehemalige fliegende Museum soll sie vordergründig einer sukzessive weiter wachsenden Sammlung erhaltungswürdiger Flugzeuge der ehemaligen DDR sowie des Ostblockes dienen - der Hersteller Zlin, Yakovlew, PZL. "Dabei steht die Lufttüchtigkeit oder das Wiedererlangen dieser für die Flugzeuge im Mittelpunkt", sagt der Radebeuler. Dem erwarteten Ende der Fliegerei in Großenhain zum Trotz. Bei den Großflugtagen am 24. und 25. Juni können Besucher erstmalig einen Blick in die Halle und auf die Oldtimerflugzeuge werfen.

Historische Ostblockflugzeuge stehen in der historischen Halle von 1933.
Historische Ostblockflugzeuge stehen in der historischen Halle von 1933. © Kathrin Krüger
Die meisten von ihnen waren früher Agrarflugzeuge.
Die meisten von ihnen waren früher Agrarflugzeuge. © Kathrin Krüger
Jetzt oder nie, hatte sich Alexander d'Àvignon gesagt, als er 2021 die Möglichkeit zum Kauf der Halle bekam.
Jetzt oder nie, hatte sich Alexander d'Àvignon gesagt, als er 2021 die Möglichkeit zum Kauf der Halle bekam. © Kathrin Krüger
Josef Koch war der Vorbesitzer. Der Gründer des fliegenden Museums lebt jetzt wieder am Flugplatz.
Josef Koch war der Vorbesitzer. Der Gründer des fliegenden Museums lebt jetzt wieder am Flugplatz. © SZ-Archiv
Blick in die Fliegerkneipe, die wieder öffentlich werden soll.
Blick in die Fliegerkneipe, die wieder öffentlich werden soll. © Kathrin Krüger
Auch dem Roten Baron (l.), der in Großenhain ausgebildet wurde, wird hier gehuldigt.
Auch dem Roten Baron (l.), der in Großenhain ausgebildet wurde, wird hier gehuldigt. © Kathrin Krüger
Kleiner Spaß in der Fliegerkneipe.
Kleiner Spaß in der Fliegerkneipe. © Kathrin Krüger
Erinnerung an große Ereignisse vor 20 Jahren.
Erinnerung an große Ereignisse vor 20 Jahren. © Kathrin Krüger
Das Materiallager für die Flugzeugrekonstruktion.
Das Materiallager für die Flugzeugrekonstruktion. © Kathrin Krüger
So einen Agrarflieger Zlin 37 hat d'Avignon in Einzelteilen. Er soll wieder rekonstruiert werden.
So einen Agrarflieger Zlin 37 hat d'Avignon in Einzelteilen. Er soll wieder rekonstruiert werden. © Repro: SZ
Das Logo der neuen historischen Flugzeugausstellung.
Das Logo der neuen historischen Flugzeugausstellung. © privat
Fünf Zimmer stehen an der Fliegerkneipe für Übernachtungen bereit.
Fünf Zimmer stehen an der Fliegerkneipe für Übernachtungen bereit. © Kathrin Krüger

Nicht nur für die Sammlung will Alexander d'Avignon eine Perspektive und einen Verein als Betreiber schaffen, sondern auch für die bestehende kleine Fliegerkneipe. "Da es bisher am Flugplatz Großenhain keine Gastronomie mehr gibt, soll sie als Eventlocation für Firmenfeiern oder private Feierlichkeiten für Menschen mit Interesse an der allgemeinen Luftfahrt dienen." Die Gaststätte Richthofens am Tower ist schon lange geschlossen. Derzeit gäbe es bereits erste Anfragen für Schuleintrittsfeiern, große Geburtstagsfeiern usw. Gedacht ist versuchsweise zunächst an eine Art Imbiss, vor allem an Wochenenden, mit einfachen Speisen und Getränken. Noch müssen hygienische und rechtliche Voraussetzungen geklärt werden. Übernachtungszimmer sind vorhanden.

In den Räumen im Obergeschoss schwebt dem Betreiber eine Flieger-ärztliche Untersuchungsstelle vor und nach Erlangen der Zusatzbezeichnung Flugmedizin eine Zulassung durch das Luftfahrtbundesamt. "Dadurch könnten Piloten den Flugplatz Großenhain direkt ansteuern, dann vom Flugfeld mit dem Flieger bis vor die Halle rollen, um sich anschließend der jährlich oder zweijährlich notwendigen Tauglichkeitsuntersuchung zu unterziehen", informiert der Mediziner. Die Flugmedizin ist für ihn die Schnittstelle zwischen Beruf und Hobby. In weiterer Ferne will er sogar mit einer zweiten Facharztausbildung zum Allgemeinmediziner auf dem Flugplatz eine Hausarztpraxis eröffnen.