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Großenhain bald ohne fliegende Oldtimer

Was 1980 mit dem Kauf einer Harvard als private Sammlung begann und seit über 30 Jahren als Verein firmiert, soll plötzlich enden. Zumindest für die Röderstadt.

Von Catharina Karlshaus
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Die Ausstellungsstücke im Fliegenden Museum Großenhain sind eine Rarität. Gegründet wurde die Sammlung 1990 von Josef Koch. Nun habe er sie an einen Sammler in Süddeutschland abgegeben.
Die Ausstellungsstücke im Fliegenden Museum Großenhain sind eine Rarität. Gegründet wurde die Sammlung 1990 von Josef Koch. Nun habe er sie an einen Sammler in Süddeutschland abgegeben. © Kristin Richter

Großenhain. Die Nachricht schlägt ein wie ein Paukenschlag. Im Taumel der Pandemie fast untergegangen, präsentiert sich die offizielle Website des Vereins Fliegendes Museum e.V. Großenhain nicht mehr mit der gewohnten Vielfalt von bunten Bildern und neugierig machenden Informationen.

Ganz im Gegenteil! Wer sich dafür entscheidet, darauf zu klicken, bekommt nun auf der betrüblich dunkel gehaltenen Oberfläche sofort einen Eindruck vom Ernst der Lage. Nach wenigen Zeilen der unerwartet online gestellten Verlautbarung des Vereinsvorstandes wird schnell klar: Die Situation ist nicht nur ernst, sondern geradezu niederschmetternd. Zumindest für die Röderstadt. "Liebe Freunde des Fliegenden Museums, dies ist wohl der traurigste Beitrag, den wir leider verfassen mussten ... Josef Koch hat seine Oldtimersammlung überraschend an einen Sammler in Süddeutschland abgegeben. Somit ist ein Großteil des Flugzeugparks, der dem Verein Fliegendes Museum e.V. zur Verfügung gestanden hat, leider für die Mitglieder verloren gegangen", heißt es auf der Homepage.

Was sich weiß auf schwarz wie der verzweifelte Nachruf auf eine wunderschöne vergangene Zeit liest, kommt tatsächlich ohne öffentliche Ansage. Oberbürgermeister Sven Mißbach erfährt am Dienstagmorgen im Telefonat mit der Sächsischen Zeitung von der Neuigkeit, welche Großenhain ein gewaltiges Stück Identität nehmen wird. "Ich bedauere das sehr! Immerhin ist die Geschichte Großenhains untrennbar mit dem Flugplatz und der Fliegerei verbunden. Angesichts der Pläne des Freistaates Sachsen, der als Eigentümer der betreffenden Flächen gemeinsam mit der Stadt dort ein großes Industriegebiet entwickeln will, war dieser Schritt jedoch irgendwann einmal zu erwarten", erklärt Sven Mißbach.

Was der Verwaltungschef mit einem Nebensatz streift, bewegt die Flieger indes seit geraumer Zeit. Die Enttäuschung muss vor fast zehn Jahren tief gesessen haben. Ausgerechnet für sie, die doch stets vollmundig als "erste mutige Investoren" auf dem Flugplatz bezeichnet wurden und die einzigartigen Kulturgüter erhalten, welche nach eigenem Bekunden weltweit so nicht mehr zu finden sind, sollte irgendwann kein Platz in Großenhain mehr sein. Gewiss ein unverzeihlicher Affront für Josef Koch.

Immerhin: Vor 41 Jahren hatte er mit dem Kauf einer 1953 gebauten blauen Harvard den Grundstein für jene einmalige private Flugzeugsammlung gelegt, die seit 1990 als Fliegendes Museum firmiert. Nach Stationen in Augsburg, Tannheim im Allgäu, Lahr im Schwarzwald und in England landete die beachtliche Schau mit ihren flugfähigen Oldtimern zur Jahrtausendwende auf dem Großenhainer Flugplatz. Im Frühjahr 2012 war schließlich der Verein Fliegendes Museum e.V. gegründet worden. Eine Gruppe von Piloten, die die historischen Flugzeuge schon seit Jahren fliegen, wollte damit das Lebenswerk von Josef Koch weiterführen.

Eines, welches durch das ambitionierte Vorhaben des Freistaates seit vielen unruhigen Jahren auf der Kippe stand. Vielleicht hat der Eigentümer deshalb jetzt doch kurzerhand zugegriffen, als sich der Erhalt seiner Sammlung - wenn auch an anderem Standort - bot? Der Vorstand des Vereins Fliegendes Museum e.V. kommentiert die Entscheidung auf SZ-Anfrage am Dienstagabend relativ knapp: "Auch uns als Verein sowie vielen Mitgliedern des Vereins haben die langen vergangenen Monate der Corona-Beschränkungen schwer zu schaffen gemacht. Seit April 2020 war der Vereinsbetrieb eingestellt, und wann ein Betrieb wie vor Corona wieder möglich wäre, steht in den Sternen." Mit der in mehr oder weniger in absehbarer Zukunft zu erwartenden Schließung des Flugplatzes Großenhain werde ohnehin eine Umorientierung des Vereins notwendig. Eine Nachricht wie ein Paukenschlag.