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Flugzeugabsturz und Amokalarm fordern Großenhainer Polizei

Seit sechs Jahren leitet Sandra Geithner das Polizeirevier in Großenhain. Zufrieden schaut sie auf die vergangenen Monate - und besorgt in die Zukunft.

Von Catharina Karlshaus
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Die Leiterin des Großenhainer Polizeireviers, Sandra Geithner, blickt auf ereignisreiche Monate zurück. Auch wenn in ihrem Bereich die Welt noch in Ordnung sei, habe sich einiges ereignet.
Die Leiterin des Großenhainer Polizeireviers, Sandra Geithner, blickt auf ereignisreiche Monate zurück. Auch wenn in ihrem Bereich die Welt noch in Ordnung sei, habe sich einiges ereignet. © Norbert Millauer

Großenhain. Die Sehnsucht nach Normalität ist groß. Das Bedürfnis, nach Flüchtlingskrise, Pandemie und den Auswirkungen der politischen Weltlage endlich mal wieder einen geregelten Dienst zu verrichten, macht auch vor den Staatsbediensteten in Uniform nicht halt. Sandra Geithner macht jedoch gleich zu Beginn der traditionellen Rückschau keinen Hehl daraus, dass es für derlei Hoffnungen wohl das falsche Jahr sein könnte. Einen Grund zum Pessimismus sei laut der erfahrenen Polizistin indes aber auch nicht angebracht. Ganz im Gegenteil! Seit nunmehr sechs Jahren das Großenhainer Revier leitend, gebe es durchaus positive Entwicklungen zu verzeichnen. Welche das sind und weshalb sich Sandra Geithner trotzdem Sorgen macht, erzählt sie im Gespräch mit Sächsische.de.

Frau Geithner, liegen jene damit richtig, die vollmundig meinen, in Großenhain würden ja ohnehin frühzeitig die Bürgersteige hochgeklappt und die Welt wäre im Umkehrschluss hier noch in Ordnung?

Dass die Bürgersteige glücklicherweise nicht hochgeklappt werden, wissen wir dank der vielen Veranstaltungen, den Aktivitäten von Händlern und Angeboten des Kulturschlosses beziehungsweise zahlreicher Vereine nun beide besser. Aber dass die Welt im Vergleich zu größeren Städten hier noch im sprichwörtlichen Sinne in Ordnung ist, kann ich bestätigen. Allerdings heißt das nicht, dass es gar keine Kriminalität und etwaige Vorkommnisse im weitesten Sinne gebe. Natürlich ist das auch in unserem Revierbereich der Fall, aber geringer als anderswo.

"Wir hatten keinerlei Erfahrung mit einem solchen Unfall"

Dafür, dass Großenhain das sogenannte kleinste Revier im Bereich der Polizeidirektion Dresden ist, hatte es in den letzten Monaten jedoch einiges zu bieten. 2023 war sicherlich im beruflichen Sinne kein geruhsames Jahr, oder?

Nein, das nun gerade nicht. Auch wenn wir vielleicht als statistischer Winzling inmitten all der Reviere gelten mögen, haben wir ja doch ein großes Gebiet abzusichern. Auf gut 453 Quadratkilometern sind unsere 57 Beamten und ab Monatsmitte fünf Bürgerpolizisten immerhin nicht nur in Großenhain, sondern auch in Priestewitz, Ebersbach, Thiendorf, Lampertswalde und Schönfeld tätig. Und da kommt natürlich vieles zusammen. Einerseits die normale Streifentätigkeit, ein hohes Maß an Prävention und Aufklärungsarbeit.

Tatsächlich spielt sich die Weltlage im Allgemeinen nicht unbedingt täglich auf dem Großenhainer Hauptmarkt wieder. Aber dennoch werden unsere Bediensteten beispielsweise auch zum Schutz von jüdischen Objekten in Dresden abgestellt. Und es gibt andererseits darüber hinaus Vorkommnisse, die sich nicht am Beginn eines Jahres planen lassen.

Sie denken dabei woran?

Ein herausragendes Ereignis war natürlich der Absturz des Kleinflugzeugs im September. Wir hatten keinerlei Erfahrung mit einem solchen schwerwiegenden Unfall, konnten auf keinerlei Handlungsabläufe inmitten der Innenstadt zurückgreifen. Angesichts der Tatsache, dass die Maschine in einem so dicht besiedelten Gebiet heruntergegangen ist, waren wir trotz des überaus tragischen Umstands, dass der Pilot den Absturz leider nicht überlebt hat, dankbar, dass nicht noch mehr Menschen in Mitleidenschaft gezogen worden sind. Auch die Zusammenarbeit mit der Stadt Großenhain, der Feuerwehr, der Kriminalpolizei und der Notfallseelsorge des Landkreises Meißen war herausragend. Dennoch hoffen wir, dass sich so etwas nicht wiederholt.

Und das war nicht das einzige besondere Ereignis, bei dem das Großenhainer Revier gefordert war!

Nein. Bereits im Juni war ja im Beruflichen Schulzentrum auf der Poststraße Amok-Alarm ausgelöst worden. Eine vermeintliche Gefährdungslage, die wir mit unseren Bediensteten üben und solche Einsätze auch trainieren. Aber wie gesagt, das sind Trainingssituationen. Als wir in die Großenhainer Schule gefahren sind, wussten wir nicht, wie ernst die Lage wirklich sein würde, was uns erwartet. Bevor die Spezialkräfte aus Dresden anrücken, sind unsere Kollegen aus dem Revier die Ersten vor Ort. Sie können glauben, dass da die Nerven angespannt sind. Auch hier ging erfreulicherweise alles gut. Aber wir sind momentan dennoch damit befasst, alle Schulen in unserem Revierbereich auf solch eine spezielle Gefahrenlage zu überprüfen.

Ermittlungen zu zerstochenen Reifen laufen

Was bestimmte dagegen eher das Alltagsgeschäft?

Das reicht vom Verkehrsunfall, über die Absicherung der städtischen Festivitäten und Fußballspiele bis zur Präsenz auf den montäglichen Zusammentreffen. Während wir auf dem Weihnachtsmarkt keine Taschendiebstähle zu beklagen hatten, registrierten wir 2023 ein bis zwei im Monat in den Supermärkten der Stadt.

Nach wie vor auf einem hohen Niveau befindet sich die Zahl der Betrugsdelikte. Der sogenannte Enkeltrick ist leider ebenso hoch im Kurs wie das Geschäft mit Produkten im Internet, die es in Wahrheit gar nicht gibt, für die aber teilweise viel Geld bezahlt wird. Dort bemühen wir uns immer wieder um Aufklärung, was viele Leute jedoch nicht davon abhält, große Summen, auch ins Ausland, zu überweisen.

Sehr angespannt waren dann auch noch mal die Tage vor Weihnachten. In Böhla-Bahnhof kam ein Rentner bei einem Brand im eigenen Haus zu Tode und in Lötzschen verstarb am 22. Dezember ein Mann bei einem Verkehrsunfall. Damit im Übrigen der dritte Verkehrstote im ganzen Jahr in unserer Region.

Im Herbst gab es vermehrt zerstochene Reifen im Stadtgebiet zu beklagen. Gibt es da bereits Erkenntnisse?

Konkret waren es acht Fälle, die plötzlich gehäuft auftraten. Die Ermittlungen dazu laufen.

Urlaubssperre wegen Fußballeuropameisterschaft

Im Frühsommer beklagten Sie die Zunahme von Sachbeschädigungen. Was hat sich auf diesem Gebiet getan?

Sehr viel Erfreuliches! Gemeinsam mit der Stadt Großenhain haben wir verschiedene Maßnahmen ergriffen und die haben sich inzwischen positiv ausgewirkt. In den letzten Monaten konnten wir einen deutlichen Rückgang an Sachbeschädigungen, Schmierereien und Graffiti registrieren. Bleibt zu hoffen, dass es so weitergeht beziehungsweise bleibt.

Frau Geithner, welche Herausforderungen warten in diesem Jahr auf das Großenhainer Revier?

Ich kann natürlich nicht in die Glaskugel schauen! Aber angesichts der sächsischen Landtagswahl und der politischen Großwetterlage wird es sicherlich zu einer gewissen Anzahl von Veranstaltungen kommen, die von uns begleitet werden muss. Leider ist Großenhain noch immer die einzige Stadt im Landkreis Meißen, für deren obligatorische Montagszusammenkünfte es keinen Versammlungsleiter gibt. Das macht die Absicherung für uns ungleich schwerer.

Außerdem findet ja die Fußballeuropameisterschaft in Deutschland und einige Spiele auch in Leipzig statt. Für uns bedeutet das zunächst mal eine eingeschränkte Urlaubssperre im Juni. Bedeutsam ist für uns aber in allererster Linie auch im gesamten Jahr das Geschehen hier im Revierbereich. Es ist uns wichtig, weiterhin dafür zu sorgen, dass die Welt tatsächlich in Großenhain und Umgebung ein wenig mehr in Ordnung ist. Das ist unsere oberste Priorität.