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Das war's: Nun ist der Heidenauer Real Geschichte

Seit Wochen war das Ende bekannt und kam doch noch eher. Am Freitag nahmen Verkäuferinnen und Kunden Abschied.

Von Heike Sabel
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Und nun ist zu: Am Freitagnachmittag schloss der Real einen Tag eher als geplant.
Und nun ist zu: Am Freitagnachmittag schloss der Real einen Tag eher als geplant. © Marko Förster

Am Sonnabend sollte der letzte Real-Tag in Heidenau sein. Schon die vergangenen Tage deutete sich an: Viel wird es da nicht mehr zu kaufen geben. Weil das dann schon am Freitag der Fall war, bleiben die Türen bereits am Sonnabend zu. Mit einer Ausnahme. Nach 30 Jahren ist es ein trauriger Abschied. Es ist ein bisschen wie ein Ende mit Schrecken statt eines Schreckens ohne Ende. Gegen späten Nachmittag war am Freitag Schluss.

Einigen Verkäuferinnen sieht man die Tränen an. Sie haben Jahre des Hoffens und Harrens, des Auf und Ab hinter sich, erfuhren oft als Letzte, was es wieder Neues gab. Drei Frauen und ein Mann sitzen am Nachmittag noch an den Kassen, eine saugt Staub, zu kassieren gibt es kaum noch etwas.

Marktleiter hat entschieden

Eine andere Verkäuferin räumt noch einmal einen der zehn Wühltische auf, weil sie es so gewohnt ist, obwohl es nicht mehr viel aufzuräumen gibt. "Was soll man machen", sagt sie resigniert. Hier noch ein paar Packungen mit Teebeuteln und Tüten mit Haselnusskernen, da ein paar Staubsaugerbeutel und Einmal-Waschhandschuhe. Die letzten Dekogrüße wirken wie der Grabschmuck auf dem Friedhof. Die Werbezettel werden heruntergerissen. Vorbei auch der letzte Ausverkauf. Der größte Bereich ist bereits mit rot-weißem Band abgesperrt. Leere Regale gab es schon die vergangenen Tage immer mehr.

Danke, liebe Kunden, sagt das Real-Team. Danke, liebe Verkäuferinnen und Verkäufer, sagen die Kunden.
Danke, liebe Kunden, sagt das Real-Team. Danke, liebe Verkäuferinnen und Verkäufer, sagen die Kunden. © Marko Förster

Der Marktleiter hat im Laufe des Freitags entschieden, Sonnabend wird nicht noch einmal geöffnet. Es hat die meisten überrascht und sich schnell herumgesprochen. Reisebüro, Schlüsseldienst, Bäckerei bauen ab. Zwei Schuhverkäuferinnen sitzen vor den Resten der Schuhe. Lediglich der Ausverkauf gegenüber hat noch wirklich was zu bieten. Der Bäcker versucht noch zu verkaufen, was geht bzw. an andere Filialen zu übergeben. Eine Frau kauft ein Kartoffelbrötchen und eine Brotstange. Sie ist ein bisschen durcheinander. Welcher Tag ist heute, fragt sie. "Der letzte", lautet die Antwort. Da wird es auch ihr bewusst.

Gruselig, gespenstisch, traurig

Die Kunden am Freitagnachmittag wirken etwas verstört. Der Anblick ist gruselig, sagt eine Frau. Sie schaut sich um und fühlt sich sichtlich unwohl. Gruselig, gespenstig, traurig sind die Worte, die man immer wieder hört.

Ein älteres Heidenauer Ehepaar hat seit der Eröffnung als Wertkauf 1994 jede Woche hier eingekauft. Am Freitag gibt es nichts mehr einzukaufen, das haben sie auch nicht erhofft. Sie wollen einfach nochmal schauen. Es war ja absehbar, sagen sie. Mit dem Wechsel zu "Mein Real" 2022 gab es eine Hoffnung. Doch spätestens als der Heidenauer Markt ein Jahr später wieder zurück an Real ging, war klar, das ist nur noch eine Frage der Zeit bis zum Schluss. Und die Zeit ist nun vorbei.

Heidenau verliert einen Markt, der für den Aufschwung nach der Wende steht, für die Freude am Einkaufen, die Krisen und auch die Fehler sowie das neue Einkaufen. Verhungern wird in Heidenau keiner, es gibt ausreichend Discounter bzw. Supermärkte, dennoch wird sich die Stadt verändern.

Neuanfang mit Kaufland

Doch nach dem Ende, so traurig es ist und aussieht, gibt es einen Neuanfang. Kaufland ist eingestiegen, wird umbauen und wenn alles gut geht, zu Ostern 2025 wieder öffnen. Viele Geschäfte wollen dann wieder dabei sein. Auch der Schlüsseldienst von Ulf Dittrich und Ulrich Hoffmann, nur dann ohne Hoffmann. Den Schlüsseldienst gab es sein Anfang in dem Markt, die beiden betreiben ihn seit 21 Jahren. Es war schon lange nicht mehr wirklich schön, sagen sie. Alle zwei Jahre zwei Prozent mehr Miete mussten sie zahlen. Das Ende hätte besser kommuniziert werden müssen. Dittrich will in einem Jahr wieder dabei sein. Kommunikation war nie die Stärke von Real. Auch am Freitag verweist der Marktleiter an die Pressestelle. Aber was soll die noch sagen?

Klier frisiert auch am Sonnabend noch

Der Friseur Klier ist die Ausnahme. Hier frisiert Lisa Springer die letzten Kunden. Und das auch noch am Sonnabend bis 13 Uhr, weil bis dahin Kunden bestellt sind. "Und dann machen wir noch Inventur. Es ist wirklich traurig", sagt sie. Die junge Frau arbeitet seit etwa drei Jahren in Heidenau, geht nun zu Klier in den Kaufpark nach Dresden-Nickern und hofft, in einem Jahr zurückkommen zu können.

Der neue Kaufpark wird nicht der alte Real sein - und das nicht nur baulich. Viele der Geschäfte haben andere Lösungen gefunden, ob sie zurückkommen, ist offen. Andere wie Klier, Ernsting's family und Apollo verweisen auf Filialen im Umkreis.