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Jung, weiblich, prekär

Im Niedriglohnsektor arbeiten vor allem Frauen – schlecht für Karriere und Altersvorsorge.

Von Annett Kschieschan
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In der Gastronomie sind zum Großteil Frauen beschäftigt -vielfach prekär.
In der Gastronomie sind zum Großteil Frauen beschäftigt -vielfach prekär. © NGG-Region Dresden-Chemnitz

Dresden/Bautzen. Was haben die frischen Brötchen aus der Bäckerei im Einkaufszentrum, der Frühstücksteller im Café und die gereinigte Bluse gemeinsam? Sie alle werden in der Regel von Frauen über die Verkaufstheke gereicht. In Jobs, die überwiegend eher schlecht bezahlt sind. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten hat den Internationalen Frauentag an diesem Sonntag zum Anlass genommen und die Rechnung am Beispiel des Landkreises Bautzen aufgemacht. Aktuell sind 75 Prozent aller Beschäftigten, die zwischen Hoyerswerda und Radeberg einen Teilzeit- oder Minijob haben, Frauen. Die Gewerkschaft beruft sich auf Zahlen der Bundesagentur für Arbeit. „Es kann nicht sein, dass Frauen auf dem Arbeitsmarkt noch immer so stark benachteiligt sind. Viele Unternehmen in der Region nutzen das Lohngefälle aus, obwohl sie mehr zahlen müssten“, kritisiert Volkmar Heinrich von der NGG-Region Dresden-Chemnitz. 

Besonders problematisch sei die Situation naturgemäß in den ohnehin frauendominierten Berufen – eben in Gaststätten oder im Verkauf einer Bäckerei. Wenn hier nicht nach Tarif gezahlt werde, träfen niedrige Löhne häufig auf Teilzeitjobs und befristete Stellen. „Die Folge sind geringe Einkommen und im Alter Mini-Renten, die Frauen dann beim Amt aufstocken müssen“, so Heinrich. Laut Arbeitsagentur sind im Kreis Bautzen 81 Prozent aller Teilzeitstellen im Gastgewerbe in Frauenhand. 

Gläserne Decke als Problem

Die Benachteiligung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt ruft pünktlich zum Frauentag auch Politiker auf den Plan. So warnt die Berliner Sozialsenatorin Elke Breitenbach (die Linke) vor der fortschreitenden Benachteiligung von Frauen in der Arbeitswelt . Die sei so nicht hinnehmbar. In Berlin seien rund die Hälfte aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten Frauen. Bei Minijobs und Teilzeitbeschäftigung liegt der weibliche Anteil indes rund 72 Prozent. Weil Frauen nach wie vor häufig auf Erwerbstätigkeit zugunsten von Kindererziehung und Pflege in der Familie verzichteten, hätten sie schlechtere Chancen auf Verdienst und eine auskömmliche Rente. „Stattdessen droht ihnen Altersarmut“, warnte Breitenbach. „Das ist nicht hinnehmbar.“ Breitenbach kritisiert auch, dass Frauen immer noch an die „gläserne Decke“ stießen, obwohl sie oft gut ausgebildet seien. NGG-Geschäftsführer spricht indes von einer Karrierefalle für Frauen in Mini-Jobs: „Wer nur 20 oder 25 Stunden pro Woche arbeitet, hat es beim beruflichen Aufstieg deutlich schwerer.“ Das gehe aus einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung hervor. Danach sind für Teilzeitbeschäftigte Gehaltszuwächse und Beförderungen seltener.

Die Gewerkschaft fordert die Unternehmen auf, mehr prekäre Jobs in sozialversicherungspflichtige Vollzeitstellen umzuwandeln. „Das ist auch das beste Mittel gegen den Fachkräftemangel“, so Heinrich. Zugleich müsse die Politik mehr tun und einen gesetzlichen Anspruch auf „gleiches Geld für gleichwertige Arbeit“ anpacken – „der dann auch Wirkung zeigt und in den Betrieben zwingend umgesetzt wird“.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes verdienen Frauen in Deutschland im Schnitt 21 Prozent weniger als Männer. In Ostdeutschland ist die Lohnlücke mit sieben Prozent kleiner.