Kamenz. Die Inzidenz ist gesunken. Das Leben nach dem Lockdown ist zurück. Doch in der Eventlocation "Herbert" in Kamenz bleiben die Stühle trotzdem hochgestellt und die Neon-Lichter an der "Milchstraßen"-Bar aus. Viele Partygänger hatten sich eigentlich schon auf ein erstes Event nach dem monatelangen Lockdown gefreut. Schließlich dürfen Diskotheken bei einer Inzidenz unter 10 wieder öffnen. Warum bleibt das Kamenzer Traditionshaus trotzdem zu?
"Wir dürfen wieder öffnen? Ja! Aber nur mit Hygienekonzept! Dieses wiederum ist an so hohe Forderungen geknüpft, dass erstens ein wirtschaftlicher Betrieb einfach nicht möglich ist und zweitens - was für uns noch viel wichtiger ist - ein Zusammenfeiern so einfach keinem Freude bereiten würde", schreiben die Betreiber auf ihren Seiten bei Facebook und Instagram. Einige User hinterlassen ein weinendes Smiley. Andere zeigen in ihren Kommentaren Verständnis.
Zwar gilt laut sächsischer Corona-Schutzverordnung bei einer Inzidenz unter 10 keine Maskenpflicht. Dennoch: Mit der 3G-Regel mit tagesaktuellem Test und Kontaktnachverfolgung komme in einer Indoor-Disco keine Freude auf, finden die "Herbert"-Betreiber. Außerdem sei Sommer. Vielerorts schießen Bad-Partys und Open Airs aus dem Boden, wo sich das Partyvolk wohl bis weit in den September hinein treffen dürfte. Der Aufwand für eine kurzfristige Re-Aktivierung des "Herbert"-Clubs wäre einfach nicht tragbar, so die Betreiber. Sie warten daher also weiter.
Betreiber starten Spendenaktion
Völlig untätig sind sie jedoch in den anderthalb Jahren Schließzeit seit der letzten Party im März 2020 nicht gewesen. So werden bereits seit ein paar Monaten übers Netz Merchandising-Artikel wie T-Shirts, Tanktops, Snapbacks und Gürteltaschen mit dem Disco-Logo verkauft - damit Käufer so auch ihre Verbundenheit zum hiesigen Nachtleben zeigen können.
Und es wurde eine Crowdfunding-Aktion im Internet gestartet. Es gehe um das Überleben der Kulturszene, der Gastronomie und des Nachtlebens im ländlichen Raum - und um die Rettung eines Unternehmens mit zugehöriger Wirtschaftsstruktur und Lieferantenkette während der Corona-Krise, heißt es in der Projektbeschreibung. Über 2.000 Euro an Spenden sind bereits eingegangen.
Trotz der schwierigen Lage und der Ungewissheit scheint die Crew von "Herbert Club & Disco" um Markus Tuppatzsch ihren Humor noch nicht verloren zu haben: "Tausende von Gästen haben über 30 Jahre unseren Club besucht - als Stammgäste, Laufkundschaft, Urlaubsbesuch oder einfach nur so. Die Hälfte aller Kinder und Ehen der Stadt gehen wahrscheinlich auf unser Konto", schreiben sie, um so auch die Spendenbereitschaft anheizen.
Das Crowdfunding-Projekt läuft noch bis 31. August. Mit dem Geld sollen die laufenden Betriebskosten gedeckt und irgendwann auch die Wiederaufnahme des Clubbetriebes ermöglicht werden. Darauf warten viele sehnsüchtig. Das "Herbert" ist schließlich Kult - und so hoffen viele in Kamenz und Umgebung, dass es auch Corona übersteht.