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Bahn-Haltepunkt in Steina abgelehnt

Viele Einwohner des Ortes pendeln zur Arbeit. Doch mit Bahn und Bus ist das schwierig. Die Gemeinde will die Situation verbessern - trotz Rückschlägen.

Von Heike Garten
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Der Steinaer Bürgermeister Sandro Bürger wünscht sich einen Bahn-Haltepunkt im Ortsteil Weißbach.
Der Steinaer Bürgermeister Sandro Bürger wünscht sich einen Bahn-Haltepunkt im Ortsteil Weißbach. © privat

Steina. Steina ist fast ausschließlich ein Wohn- und Tourismusort. Arbeitsplätze gibt es bis auf wenige Ausnahmen keine. Logischerweise pendeln die Einwohner zur Arbeit in die nächstgelegenen Städte wie Kamenz oder Pulsnitz und häufig auch bis nach Dresden. Für sie heißt es zu entscheiden, wie sie an ihren Arbeitsplatz kommen: mit dem Auto oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

Doch gerade Letzteres ist von Steina aus nur sehr schwer möglich. Es fahren zwar Busse, hauptsächlich zu den Schulzeiten, doch der letzte Bus nach Steina fährt gegen 17 Uhr. Nur wenige Leute haben da bereits Feierabend. Bliebe die Regionalbahn, die von Kamenz über Pulsnitz und Radeberg nach Dresden unterwegs ist. Für den Pendler heißt es in diesem Fall, trotzdem erst einmal zum Bahnhof in Gersdorf oder in Pulsnitz zu kommen, also doch wieder ins Auto zu steigen.

Nicht allen Steinaern gefällt diese Situation, die letztlich mit dem Ziel, mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene zu bringen, nicht viel zu tun hat. Ohne Auto ist man in dem kleinen Ort nicht mobil.

Ein Bewohner von Steina (Name ist der Redaktion bekannt) kennt dieses Dilemma ganz genau. Er wohnt in Obersteina und arbeitet in Dresden. "Ich muss erstmal zu einem Bahnhof kommen, um dann mit der Bahn weiter nach Dresden zu fahren", sagt er. Auch die Parkplätze in Pulsnitz am Bahnhof seien knapp bemessen, und das Auto müsse er ohnehin nehmen, um in die Kleinstadt zu gelangen. Also fahre er gleich bis Dresden mit dem Auto.

Direkter Zugang zum Bahnsteig möglich

Steinas Bürgermeister Sandro Bürger (CDU) kennt die Situation und würde sie gern ändern. Er schlägt deshalb vor, einen Bahn-Haltepunkt in Weißbach, einem Ortsteil von Steina, zu schaffen. Weißbach liegt genau an der Bahnlinie, ein direkter Zugang wäre möglich, und auch ein Parkplatz vorhanden. Er argumentiert vor allem mit umweltpolitischen Aspekten. "Alle reden vom Klimaschutz, davon, dass mehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren werden soll - doch wie sieht die Realität aus? Wir könnten als kleine Gemeinde auch einen Beitrag leisten."

Aus diesem Grund schickte der Bürgermeister im September 2020 eine Anfrage an den Verkehrsverbund Oberelbe (VVO), mit der Bitte zu prüfen, ob ein Bahn-Haltepunkt in Weißbach möglich sei. Christian Schlemper, Pressesprecher des VVO, bestätigt die Anfrage. "Wir nehmen solche Anfragen sehr ernst und analysieren die Bedingungen vor Ort", erklärt Christian Schlemper. Der Verkehrsverbund habe daraufhin ein umfassendes Gutachten zu einem möglichen Haltepunkt in Weißbach erstellt.

Verkehrsverbund: Zu wenig Nutzer

Das Ergebnis: Der VVO lehnt einen Haltepunkt an dieser Stelle ab. Der Pressesprecher begründet dies folgendermaßen: "Die Zahl potenzieller Nutzer eines neuen Eisenbahnhaltes in Steina rechtfertigt nicht die dafür notwendige Investition. In rund zwei Kilometern Entfernung befindet sich der Haltepunkt Bischheim-Gersdorf in derselben VVO-Tarifzone, der sowohl über die Straße als auch über einen separaten Radweg von Steina aus gut erreichbar ist." Zudem werde bis 2024 der Haltepunkt Bischheim-Gersdorf barrierefrei mit modernen Park+Ride- sowie Bike+Ride-Anlagen umgebaut. Von Weißbach nach Pulsnitz wären es auch nur knapp vier Kilometer.

Der VVO argumentiert außerdem damit, dass ein Haltepunkt nicht isoliert betrachtet werden kann, da er sich ja in den Betrieb auf der Strecke einfügen muss. "Die Fahrpläne in Richtung Dresden sind eng getaktet, und eine Fahrzeitverlängerung durch einen neuen Haltepunkt in Steina zieht Probleme bei der Einbindung aller im Bereich Radeberg – Dresden verkehrenden Züge am Klotzscher Berg (Knoten Dresden) nach sich", erklärt Christian Schlemper.

Bürgermeister reagiert auf Entscheidung enttäuscht

Im Zuge des Gutachtens wurde auch die Zahl der Fahrgäste geschätzt, die den Haltepunkt Weißbach nutzen würden. Es wären täglich etwa 110. "Dies ist zwar bereits etwas höher als 2010 schon einmal prognostiziert, aber dennoch für einen Neubau zu gering", sagt Christian Schlemper. Vergleichbare Bahnstationen, die in den vergangenen Jahren neu geschaffen wurden, wie zum Beispiel Pulsnitz-Süd, werden mit mehr als 250 Fahrgästen täglich deutlich stärker genutzt.

Der Steinaer Bürgermeister Sandro Bürger kennt die Antwort des VVO und ist wenig begeistert. "Auch wir als Kommunen werden dazu gedrängt, mehr für den Klimaschutz zu tun. Der Bahnhaltepunkt wäre so ein Projekt. Ich bin enttäuscht von der Entscheidung", sagt er. Der Bürgermeister kann die Gründe des VVO nicht nachvollziehen. Schließlich sei die Erweiterung der Bahnstrecke ab Kamenz schon im Gespräch, dann müsse der Betrieb der Strecke gänzlich neu gedacht werden.

Bürger plädiert dafür, dass ein Gesamtkonzept für den öffentlichen Nahverkehr in der Region erstellt wird, dass auch kleine Gemeinden wie Steina nicht nach 17 Uhr oder an den Wochenenden abgehängt werden. "Selbst wenn jemand mit dem Zug von Pulsnitz oder Gersdorf zur Arbeit fährt, wie soll er dann nach Hause kommen?", fragt er. Wenn schon kein Linienbus mehr fährt, wären Rufbusse vielleicht eine Alternative.

Auf jeden Fall werden die Steinaer nicht aufgeben, an der Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs zu arbeiten. Sie wissen aber auch, dass das ein langer und mühsamer Weg sein kann.

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