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In Pulsnitz treffen sich die Retter des Blaudrucks

In Pulsnitz gibt es eine der ältesten Blaudruck-Manufakturen. Jetzt fachsimpeln hier Kreative darüber, wie das alte Handwerk fit wird für die Zukunft.

Von Ina Förster
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Peter Jüngling, technischer Angestellter in der Ostsächsischen Kunsthalle Pulsnitz, und Claudia Matthes vom Verein "Kreative Lausitz" haben die besondere Blaudruck-Konferenz mit vorbereitet.
Peter Jüngling, technischer Angestellter in der Ostsächsischen Kunsthalle Pulsnitz, und Claudia Matthes vom Verein "Kreative Lausitz" haben die besondere Blaudruck-Konferenz mit vorbereitet. © Foto: Anne Hasselbach

Pulsnitz. Die Ostsächsische Kunsthalle in Pulsnitz wird am Freitag, 30. Juni 2023, wohl fast aus den Nähten platzen. Dann kommen hier fast 70 Fachleute aus Mode, Handwerk, Marketing, Tourismus und Kunst zusammen, um sich einem besonderen Thema zu widmen: dem Blaudruck. Es gibt Workshops, Vorträge, konstruktive Gespräche und eine öffentliche Modenschau am Abend.

Das Kunsthandwerk ist vom Aussterben bedroht, rückte aber seit 2018 wieder etwas mehr in den Fokus vieler Kreativschaffender. Die jahrhundertealte Technik der Stoffveredelung wird nur noch in zwölf Betrieben in Deutschland sowie in 15 weiteren europäischen Ländern angewandt. Die Unesco erkannte die großartige Bedeutung und setzte den Blaudruck in Deutschland vor einigen Jahren auf die Liste des Immateriellen Weltkulturerbes. Gemeinsam mit Österreich, der Tschechischen Republik, der Slowakei und Ungarn hatte Deutschland den Antrag eingereicht.

In Pulsnitz eine der ältesten Blaudruck-Manufakturen

In Pulsnitz befindet sich mit der Firma Thieme eine der letzten Produktionsstätten. Es ist sogar eine der ältesten noch produzierenden Blaudruck-Manufakturen ganz Europas. Auch ein Grund, warum die Wahl eines Ortes für eine Blaudruck-Konferenz in der Lausitz auf Pulsnitz fiel. Der Verein "Kreative Lausitz" schob das Ganze zusammen mit dem Projekt "Inwertsetzung sorbisches Kulturerbe für die Lausitz" an. "Für die Ausgestaltung können wir Preisgelder aus dem SMUL-Mitmachfonds nutzen, die wir beantragt und gewonnen hatten", sagt Claudia Matthes.

Die 44-Jährige ist im Vorstand bei "Kreative Lausitz" aktiv und hält am 30. Juni die Fäden im Hintergrund zusammen. Das Programm kann sich sehen lassen: temporäre Blaudruck-Bibliothek, Modell-Ausstellung, Filme zum Thema, Diskussionsrunden und als Abschluss eine Modenschau - initiiert von Anne Hasselbach aus Kamenz - werden den Nachmittag für die Teilnehmer sicher wie im Flug vergehen lassen. "Wir konnten nur begrenzt Anmeldungen annehmen. Das Interesse war wirklich riesig", freut sich Claudia Matthes.

Blaudruck soll wieder mehr im Alltag sichtbar werden

Und natürlich wird es auch eine Betriebsbesichtigung bei Thiemes geben. Cordula Reppe leitet die Blaudruckwerkstatt in vierter Generation. Sie lernte das Blaudrucken von Alfred Thieme. Er selbst erlernte das Handwerk, als es noch ein Ausbildungsberuf war.

Cordula Reppe, Besitzerin der Blaudruckwerkstatt Pulsnitz, prüft hier gerade die Indigo- Färbung der Stoffe in ihrer Färberei.
Cordula Reppe, Besitzerin der Blaudruckwerkstatt Pulsnitz, prüft hier gerade die Indigo- Färbung der Stoffe in ihrer Färberei. © Foto: SZ/Veit Hengst

Anne Hasselbach, Citymanagerin und Fotografin in Kamenz, ist die Enkelin von dessen Vorgänger Gerhard Hofmann. Der war ebenfalls blaudruckender Künstler und hinterließ seiner Enkelin Geschichten, Fotografien und eine Sehnsucht hin zum Blau. Kein Wunder, dass sie gleich Feuer und Flamme war, als es um die Ausgestaltung einer Modenschau ging. Zudem ist sie Mitglied bei der "Kreativen Lausitz".

"Für mich war es eine logische Notwendigkeit, mich einzubringen, da mein Großvater die Werkstatt ja auch so viele Jahre mit Herzblut und unternehmerischem Geschick geleitet hatte", sagt die Fotografin. Als Kind sei ihr das Thema noch nicht so wichtig gewesen wie heute.

Blaudruck sollte nun ihrer Meinung nach immer mehr im Alltag sichtbar werden. "Das funktioniert nur mit einem starken Handwerk, sicheren Nachfolgen und Innovationen auf diesem Gebiet", ist Hasselbach überzeugt. Die Konferenz und das große Interesse so vieler Menschen aus den unterschiedlichsten Branchen machten in dieser Hinsicht Mut.

Interessierte Gäste zur Modenschau willkommen

Und dafür solle auf der Konferenz nicht nur gefachsimpelt, sondern der Blaudruck auch ganz hautnah erlebbar werden. Gemeinsam mit acht Models wird Anne Hasselbach die Kollektion "womblu" der Dresdner Designerin Katja Fietz präsentieren. Die Modenschau zum Abschluss der Konferenz kann von jedermann besucht werden. Sie startet 18.30 Uhr in der Kunsthalle. "Wir laden alle Interessierten herzlich dazu ein", so Anne Hasselbach.

Designerin Katja Fietz (r.) aus Dresden stellt zur Modenschau am 30. Juni um 18.30 Uhr in der Kunsthalle in Pulsnitz ihr Label "Womblu" vor. Auf diesem Archivfoto von den Rammenauer Leinentagen ist sie mit ihrer Freundin Rita Göring zu sehen.
Designerin Katja Fietz (r.) aus Dresden stellt zur Modenschau am 30. Juni um 18.30 Uhr in der Kunsthalle in Pulsnitz ihr Label "Womblu" vor. Auf diesem Archivfoto von den Rammenauer Leinentagen ist sie mit ihrer Freundin Rita Göring zu sehen. © Archivfoto: Steffen Unger

Dass der Blaudruck auch durch die sorbisch-wendischen Trachten eng mit der Lausitz verwoben ist, wird über die "Kreative Lausitz", die zahlreiche Kunstschaffende und Kreative der Region vereint, noch einmal mehr in den Fokus gerückt. "Durch diesen gebündelten Austausch wollen und können wir alle Ressourcen zusammenbringen", sagt Claudia Matthes. Sie freue sich vor allem, dass die Konferenz-Teilnehmer aus so unterschiedlichen Branchen und Altersgruppen kommen.

Blaudruck sei nicht nur etwas für die älteren Semester, sondern vor allem auch für die künftigen Generationen. "Wir möchten das alte Kunsthandwerk in die Zukunft transformieren. Wenn uns mit der Konferenz ein erster Anschub gelingt, ist viel erreicht", so Matthes.