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TDDK will künftig für E-Autos produzieren

Durch Corona ist die Produktion von Klimakompressoren bei der Toyota-Tochter in Straßgräbchen eingebrochen. Doch für die Zukunft gibt es große Pläne.

Von Reiner Hanke
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Bisher produziert TDDK in Straßgräbchen Klimakompressoren für Verbrenner-Fahrzeuge. Künftig sollen hier auch welche für E-Autos hergestellt werden.
Bisher produziert TDDK in Straßgräbchen Klimakompressoren für Verbrenner-Fahrzeuge. Künftig sollen hier auch welche für E-Autos hergestellt werden. © Archivfoto: Matthias Schumann

Straßgräbchen. Wie ein riesiger weißer Zeigefinger ragt der neue Heliumtank an der TD Deutsche Klimakompressoren (TDDK) über dem Bernsdorfer Ortsteil Straßgräbchen in den Himmel. Der gehört zu den aktuellen Investitionen des Unternehmens, ebenso wie ein neues Hochregallager. Die Heliumanlage braucht das Werk für die Produktion. Mit dem Gas wird die Klima-Technik auf ihre Dichtheit getestet. Sie ist schließlich das Herzstück sehr vieler Klimaanlagen, die in Autos für angenehmes Reisen sorgen.

Laut TDDK stehen dahinter in diesem Jahr wieder Investitionen im sechsstelligen Bereich. Doch im Vergleich zu dem, was kommen soll, sind das Peanuts.

Derzeit ist das Unternehmen voll auf die Technik für Verbrenner-Pkw ausgerichtet. Alternative Antriebe sind aber im Kommen. Deshalb soll auch in Straßgräbchen eine neue Generation von Kompressoren für Klimaanlagen in die Fertigung gehen - die für Autos mit E-Antrieb.

Erste Elektro-Kompressoren aus Straßgräbchen 2025

Seit dem Frühjahr werden solche Modelle in Straßgräbchen bereits umgepackt und der Versand über TDDK abgewickelt, so Vizepräsident Ronald Juhnke gegenüber Sächsische.de. Auch die Qualitätskontrolle laufe hier. Zum Teil werde die E-Klimatechnik im hiesigen Werk noch komplettiert, aber eben bisher nicht produziert. Noch kommt sie aus Japan aus den Muttergesellschaften in der Toyota-Gruppe.

Wenn alles wie prognostiziert läuft, dann könnten 2025 die ersten E-Kompressoren aus eigener Produktion in Straßgräbchen vom Band laufen: hier gegossen, bearbeitet und montiert. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Gemessen an den bisherigen Ausbauschritten des Werkes würde es erneut eine Investition für neue Produktionslinien mindestens im hohen zweistelligen Millionenbereich bedeuten.

Über einen Zugewinn an Jobs könne man heute allerdings nur spekulieren. Denn so wie der E-Automarkt wachse, so entwickele sich ja der Verbrenner-Markt rückläufig. TDDK rechnet aber damit, dass die alte Klimatechnik noch bis weit in die zweite Hälfte dieses Jahrzehnts das Hauptgeschäft bleiben wird.

Produktion um 25 Prozent eingebrochen

Der Einstieg ins Elektrozeitalter würde für TDDK ein riesiges Zukunftsprojekt bedeuten, so der japanische Geschäftsführer Kazushige Murao . Es hänge letztlich von der Entscheidung der Autokonzerne ab, welcher Zulieferer den Zuschlag bekommt. Mit der Entscheidung mehrerer Konzerne sei im kommenden Frühjahr zu rechnen. Die Mutterfirmen Toyota Industries und Denso wollen jedenfalls um einen hohen Marktanteil kämpfen, ist sich Ronald Juhnke sicher. Und die Planungsphase für die E-Zukunft beginne jetzt.

Voraussetzung sei, dass die Produktion von Halbleitern und anderen Elektronik-Bauteilen wieder in normales Fahrwasser kommt. Dort hakt es infolge der Corona-Krise immer noch mächtig. Und die dadurch bedingten Produktionsausfälle in der Autoindustrie schlagen mit Wucht auf den Autozulieferer TDDK durch, bei dem die großen Marken von VW über Volvo bis Daimler zum Kundenstamm gehören.

Bis zu 25 Prozent sei die Produktion eingebrochen. Erst im kommenden Jahr rechnet die Chefetage bei TDDK mit einer Normalisierung auf dem Chipmarkt. Dennoch könne man die Krise ohne erneute Kurzarbeit wie im Frühjahr 2020 abfedern, sagt Ronald Juhnke. Die Stammbelegschaft liege nach wie vor bei 950 Beschäftigten. Allerdings habe TDDK die Zahl der Zeitarbeiter reduziert, um das Auftragsminus abzufedern. Immerhin sei die Belegschaft seit Juni frei von Corona- oder Quarantänefällen.

Momentan sei man bei TDDK froh, wenn im Monat 500.000 Kompressoren vom Band laufen können. Erst im Verlauf des kommenden Jahres werde voraussichtlich die Vor-Corona-Produktion von sechs Millionen Kompressoren im Jahr wieder erreicht, schätzt Juhnke ein.

Straßgräbchen übernimmt Versand fürs Europageschäft

Letztlich hat auch das neue Hochregallager etwas mit Corona-Folgen zu tun. TDDK brauche Lagerkapazitäten, um Materiallieferungen aus Japan aufzufangen. Teile, die derzeit wegen der Halbleiterkrise nicht verarbeitet werden können. Es ist aber nicht der Hauptgrund: Denso, neben Toyota Industries eine der beiden Mutterfirmen, schließt sein Versandlager in Bingen am Rhein. Der komplette Versand für das Europageschäft soll nun in Straßgräbchen konzentriert werden, erklärt Ronald Juhnke.

Durch die Übernahme des Versandes aus Bingen - bisher vornehmlich von Kompressoren aus japanischer Produktion - werde man auch die Produktionslinien in Straßgräbchen noch besser auslasten können.

Das neue Lager wird am Sonnabendvormittag beim großen Azubi- und Familientag bei TDDK zu besichtigen sein - ebenso wie ein Modell des E-Klimakompressors der Zukunft. Außerdem lädt das Unternehmen am Nachmittag die Beschäftigten und ihre Familien zum Betriebsfest ein. 17 Uhr ist ein Festakt geplant. Denn mit einem Jahr Verspätung – auch wegen Corona – feiert das Unternehmen sein 20-jähriges Jubiläum in Straßgräbchen. Sachsens Ministerpräsident wird erwartet - und sich bestimmt auch für die Elektro-Offensive interessieren.

TDDK hat auch noch ein paar Wünsche an ihn. Dazu gehören die Verlängerung der Regionalbahn von Kamenz nach Norden mit Haltestelle in Straßgräbchen und der Ausbau der Autobahnspange S 94 bis zur A 13.

Ingenieurstudent Franz Jurjanz und Mechatronik-Azubi Patricia Gesellmann stellen am Sonnabend beim öffentlichen TDDK-Azubitag das von ihnen selbst gebaute Modell eines Elektrokompressors vor.
Ingenieurstudent Franz Jurjanz und Mechatronik-Azubi Patricia Gesellmann stellen am Sonnabend beim öffentlichen TDDK-Azubitag das von ihnen selbst gebaute Modell eines Elektrokompressors vor. © Foto: S. Schneider