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Felgenreiniger verabreicht: Haft für 53-Jährigen wegen eines sexuellen Übergriffs

Ein Mann verabreichte Frauen offenbar Felgenreiniger. Das Landgericht Dresden spricht von einem durch und durch manipulativen Vorgehen des Angeklagten – von der Tat bis in den Prozess hinein.

Von Alexander Schneider
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Ralf T., hier mit seinen Verteidigern Michel Stephan und Jessika Gruno, hatte sich zum Prozessauftakt komplett vermummt und war zuvor in Anwalts-Verkleidung ins Landgericht Dresden gekommen.
Ralf T., hier mit seinen Verteidigern Michel Stephan und Jessika Gruno, hatte sich zum Prozessauftakt komplett vermummt und war zuvor in Anwalts-Verkleidung ins Landgericht Dresden gekommen. © SZ/Alexander Schneider

Dresden. Das strafrechtliche Nachspiel für die Verbrechen, die Ralf T. im August 2022 auf seinem Radebeuler Dreiseithof begangen haben soll, endete für ihn kürzlich in einem Prozess am Landgericht Dresden. Dort wurde der 53-jährige Kaufmann zu einer Haftstrafe von dreieinhalb Jahren wegen eines besonders schweren sexuellen Übergriffs und gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen verurteilt.

Es ging um frühere Swinger-Partys, Drogenexzesse und den Einsatz von Felgenreiniger, um Frauen gefügig zu machen. Und immer wieder ging es um das seltsame Agieren des Angeklagten, der "von Anfang bis zum Ende manipuliert" habe, wie es Richter Jürgen Scheuring, der Vorsitzende der Strafkammer, in seiner Urteilsbegründung bezeichnete.

Pornos liefen in Dauerschleife

An jenem Augustwochenende hatte ein lesbisches Paar beim Angeklagten und dessen Partnerin übernachtet. Das Gericht ist überzeugt, dass T. seiner Lebensgefährtin und einer der beiden 23 Jahre jüngeren Bekannten aus Potsdam Felgenreiniger verabreicht hatte. Die Chemikalie verstoffwechselt im Körper zu Gamma-Hydroxybuttersäure – "K.-o.-Tropfen".

Anschließend habe T. die Bekannte in sexueller Absicht angefasst. Eine zunächst angeklagte Vergewaltigung habe sich nicht nachweisen lassen. Die damalige Lebensgefährtin hatte sogar das Bewusstsein verloren und unter Lebensgefahr gestanden. Erst als der Angeklagte am nächsten Tag den Felgenreiniger in die Klinik brachte, hatten die Ärzte die Patientin therapieren können.

In der Beweisaufnahme wurde bekannt, dass T. schon vor mehr als zehn Jahren wilde Sexpartys gefeiert hatte, unter anderem mit einer der beiden deutlich jüngeren Frauen aus Potsdam, die nun bei ihm waren. Es habe regelmäßig Drogen gegeben, in der Tatnacht war unter anderem von MDMA, Kokain und psychotropen Substanzen die Rede. Am nächsten Morgen, als die Polizei den Dreiseithof durchsuchte, liefen noch immer Porno-Filme in Dauerschleife.

T. habe vor den Augen der Beamten Drogen in der Toilette verschwinden lassen, und etwa versucht, sein Handy zu verstecken. Dennoch sicherten die Ermittler zahllose Gefäße mit Drogenanhaftungen, was zumindest den Eindruck erweckt haben muss, dass der Mann schon vor dem Eintreffen der Polizei Beweismittel habe verschwinden lassen.

Urteil wird vorm Bundesgerichtshof angefochten

Das sind längst nicht alle Manipulationsversuche des Angeklagten. Zu denen zähle auch, dass aus der Partnerin im Ermittlungsverfahren eine Verlobte wurde, die von ihrem Schweigerecht Gebrauch machte, um ihren Mann nicht belasten zu müssen. Strafmildernd berücksichtigte das Gericht, dass die lesbische Geschädigte von den Sexpartys des Angeklagten gewusst habe. Darüber hinaus hatte sich ihre Partnerin in Widersprüche verwickelt.

Weite Teile der Hauptverhandlung fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt aufgrund der schutzwürdigen Interessen der Geschädigten und des Angeklagten. Die Staatsanwaltschaft Dresden hatte für den 53-Jährigen eine Freiheitsstrafe von sechseinhalb Jahren gefordert, die Verteidiger dagegen auf Freispruch plädiert und die Verwertbarkeit bestimmter Beweismittel kritisiert. Das Urteil ist nicht rechtskräftig und wird nun im Rahmen der Revision vor dem Bundesgerichtshof angefochten.