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Innenministerin Faeser will Angehörige von Clans kollektiv abschieben

Ob auch Clan-Mitglieder ausgewiesen werden können, die nicht kriminell geworden sind, ist unklar. Dies will das Innenministerium mit den Ländern prüfen.

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Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin für Inneres und Heimat.
Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin für Inneres und Heimat. © dpa

Von Sven Lemkemeyer

Die Bekämpfung der Clan-Kriminalität in Deutschland wird von Politik und Ermittlungsbehörden verstärkt in den Fokus genommen. Das Bundesinnenministerium unter Nancy Faeser (SPD) schlägt nun offenbar vor, Angehörige von kriminellen Clans auch dann abzuschieben, wenn diese keine Straftaten begangen haben. Dies berichtet die „Süddeutsche Zeitung“.

Eine entsprechende Regelung finde sich demnach in dem „Diskussionsentwurf zur Verbesserung der Rückführung“, den Faesers Ministerium am vergangenen Donnerstag veröffentlicht hat. „Unabhängig von einer strafrechtlichen Verurteilung“, so heißt es dort, sollten „Angehörige von Gemeinschaften der Organisierten Kriminalität“ ihr Aufenthaltsrecht verlieren. Ziel der vorgeschlagenen Änderung sei es, „Angehörige sogenannter Clan-Strukturen künftig leichter abschieben zu können“, bestätigte eine Sprecherin des Ministeriums dem Blatt.

Bislang existiert eine ähnlich pauschalisierende Regelung im Ausländerrecht lediglich für den Bereich der Terrorismusbekämpfung. Die trifft zum Beispiel Ausländer, die einem Moscheeverein angehören, der an eine terroristische Gruppe gespendet hat. Sie sind selbst dann auszuweisen, wenn sie nicht selbst gegen Gesetze verstoßen haben. So stehe es im Aufenthaltsgesetz im Paragrafen 54, Absatz 1, Nummer 2.

Diese Regelung solle nun ausgeweitet werden, so der „Diskussionsentwurf“ aus Faesers Haus, heißt es in dem Bericht. Dieselbe Härte soll dann auch für Menschen gelten, die einer sogenannten Clan-Struktur angehören, wie auch immer das dann definiert und gerichtlich geprüft werden soll.

Clan-Vorschlag kommt von einigen Bundesländern

Vorgesehen ist demnach in Entwurf des Ministeriums, dass ein neuer Passus in das Gesetz eingefügt wird, der davon handeln soll, dass ein Ausländer einer kriminellen Vereinigung „angehört oder angehört hat“. In der Begründung dazu stellt das Ministerium aber klar: Gemeint sind nicht Personen, die selbst kriminell sind. Denn für ihre Abschiebung bräuchte man gar keine neuen Regelungen zu schaffen. Sie existieren bereits.

Vielmehr gehe es jetzt um Personen, die man bisher nicht abschieben konnte, eben weil sie sich keine Straftaten oder andere erhebliche Rechtsverstöße vorwerfen lassen müssten, aber aus Sicht der Behörden dennoch „Angehörige der Organisierten Kriminalität“ seien.

Der Diskussionsentwurf beruht dem Bericht zufolge auf einem Bund-Länder-Treffen im Mai, bei dem verschiedene Änderungen im Asyl- und Ausländerrecht verabredet wurden. Der Clan-Vorschlag kam nicht vonseiten der Ampel-Koalition, sondern von einigen Bundesländern, sagte eine Sprecherin von Faesers Ministerium.

Dennoch hat das Bundesinnenministerium sich diesen Vorschlag offenbar zu eigen gemacht. „Ob eine solche Regelung indes verhältnismäßig ist und das Regelungsziel ohne ungewollte Nebenfolgen erreicht werden kann“, so fährt die Sprecherin fort, „soll nun noch einmal eingehend mit den Ländern und kommunalen Spitzenverbänden erörtert werden.“

Für die Bekämpfung der Clan-Kriminalität in Deutschland hatte Mitte Juli Grünen-Chef Omid Nouripour mehr Polizisten mit Migrationshintergrund gefordert, die das Umfeld aus eigener Erfahrung kennen. „Die Länder müssen deutlich mehr Polizisten einstellen, die selbst migrantische Wurzeln haben, die in den sozialen Brennpunkten aufgewachsen sind, die die Muttersprache der Opfer oder Täter sprechen“, sagte er der „Bild am Sonntag“ und warf den Sicherheitsbehörden Tatenlosigkeit vor.

„Es gibt ein Problem mit Organisierter Kriminalität in Deutschland. Nicht nur mit den sogenannten Clans, auch mit der Mafia wie zum Beispiel der italienischen ‘Ndrangheta“, sagte Nouripour. „Da dürfen wir nicht länger tatenlos zuschauen.“ Benötigt würden „deutlich mehr Polizisten, um strukturell gegen die Kriminalitätsformen vorzugehen“, dazu mehr Präventionsarbeit, um Jugendliche vor einem Abrutschen in kriminelle Strukturen zu bewahren.