Politik
Merken

Abschiebung von Clan-Mitgliedern: Kritik, Zustimmung und Zweifel

Kaum veröffentlicht, schon beerdigt: Die Grünen bremsen den Abschiebe-Vorschlag der Bundesinnenministerin und hessischen Wahlkämpferin gegen nicht verurteilte Clan-Kriminelle aus. Zudem gibt es Zweifel an der Wirkungsfähigkeit so einer Regelung.

 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Der von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) aufgenommene Vorschlag zur Abschiebung nicht verurteilter Angehöriger krimineller Clans stößt in der Koalition bereits auf Widerstand. Es gibt aber auch Zustimmung
Der von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) aufgenommene Vorschlag zur Abschiebung nicht verurteilter Angehöriger krimineller Clans stößt in der Koalition bereits auf Widerstand. Es gibt aber auch Zustimmung © dpa

Berlin. Der von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) aufgenommene Vorschlag zur Abschiebung nicht verurteilter Angehöriger krimineller Clans stößt in der Koalition bereits auf Widerstand. Für die Grünen kommt eine entsprechende Regelung nicht infrage, wie ihre Parlamentsgeschäftsführerin Irene Mihalic deutlich machte.

"Dabei ist klar, dass außerhalb des Rechtsstaats stehende Regelungen für uns Grüne niemals zur Debatte stehen. Das gilt auch für Maßnahmen, die nicht strafrechtlich verurteilte Verwandte von Kriminellen genauso behandeln wie Kriminelle", sagte Mihalic, die selbst Innenexpertin ist, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Koalition habe vereinbart, die Abschiebepraxis zu reformieren und effektiver zu machen. "Dazu erwarten wir von der verantwortlichen Innenministerin konkrete, belastbare Vorschläge."

Ein Diskussionspapier des Ministeriums sieht vor, dass eine Ausweisung bereits möglich sein soll, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass jemand Teil einer kriminellen Vereinigung war oder ist. Ein Ministeriumssprecher hatte am Montag erläutert, dass eine Abschiebung entsprechend einer solchen Regelung einen klaren Bezug zu kriminellen Aktivitäten voraussetzt. Eine Familienzugehörigkeit zum Clan allein reiche nicht.

CDU: Faeser sei im Wahlkampf-Modus

Unionspolitiker stuften die Idee als ein Wahlkampfmanöver Faesers ein. Die Bundesministerin ist SPD-Spitzenkandidatin für die hessische Landtagswahl am 8. Oktober.

"Das ist nur eine Ankündigung für den Hessen-Wahlkampf. Ich glaube, in konkreter Substanz wird davon wenig übrig bleiben", sagte der CDU-Innenpolitiker Philipp Amthor dem Fernsehsender Welt. Ähnlich äußerte sich Nordrhein-Westfalens CDU-Innenminister Herbert Reul: "Würde die Bundesinnenministerin echte Fortschritte erzielen wollen, würde sie ein ordentliches Gesetzgebungsverfahren in Gang bringen, statt Ideensammlungen auf einer Homepage zu veröffentlichen", sagte er der "Bild"-Zeitung.

Amthor wies darauf hin, dass es wegen fehlender Rücknahmeabkommen mit den Herkunftsländern ohnehin schwierig ist, Abschiebungen durchzusetzen. Natürlich wäre es gut, da besser zu werden, aber vor allem "der Hahn der ungesteuerten Zuwanderung muss abgedreht werden", sagte er.

Polizeigewerkschaft unterstützt leichtere Abschiebungen

Die Gewerkschaft der Polizei unterstützt Pläne einer leichteren Abschiebung von Clan-Mitgliedern. "Wir brauchen mehr Instrumente im Kampf gegen Clan-Strukturen", sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) für den Bereich Bundespolizei und Zoll, Andreas Roßkopf, der Düsseldorfer "Rheinischen Post". Die Vorschläge von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) gingen in die richtige Richtung.

"Diese oftmals kriminellen Großfamilien dürfen dem Staat nicht länger auf der Nase herumtanzen und sich sicher fühlen können", sagte Roßkopf weiter. Wer keinen deutschen Pass habe und hier straffällig wird, müsse künftig besser abgeschoben werden können. Straftäter sollten auch in aufnahmebereite Drittstaaten abgeschoben werden können, wenn die Heimatländer sich sperrten.

"Familienmitglieder von Intensivtätern sollten dann gleich mit abgeschoben werden, wenn sie per Familiennachzug zum Täter nachgekommen waren und finanziell von ihm abhängig sind", sagte Roßkopf.

Experten haben Zweifel an Clan-Abschiebungen

In der Debatte über die Abschiebung von nicht straffällig gewordenen Mitgliedern krimineller Großfamilien zeigen sich Rechtsexperten skeptisch. Der Berliner Staatsrechtler Ulrich Battis sagte dem "Tagesspiegel": "Ich kann mir nicht vorstellen, dass im Innenministerium ernsthaft erwogen wird, dass Menschen allein wegen ihrer Mitgliedschaft zu einer Familie ausgewiesen werden." Ausweisungen müssten als Eingriff in Grundrechte "immer im Einzelfall gerechtfertigt sein", sagte Battis.

Der Asylrechtsexperte Daniel Thym von der Universität Konstanz sagte der Zeitung, dass die Vorschläge an eine "Geisterdiskussion" grenzten. Selbst wenn die Behörden zu dem Schluss kämen, dass ein Grund für eine Ausweisung vorliege, dann stünde den Betroffenen immer noch der Klageweg offen. (dpa/epd)