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Filmreifes Rennen zwischen "Simme" und Polizeiwagen durch die Altstadt in Meißen

Ein 23-Jähriger rast durch die Meißner Innenstadt, nachdem eine Polizeistreife auf ihn aufmerksam wurde. Trotz eindeutiger Beweisführung widerspricht der Meißner der Anklage.

Von Martin Skurt
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Blick in die Leinewebergasse in Meißen: Hier soll im Juli 2022 ein Meißner mit seinem Moped durch die Gasse gerauscht sein. Eine Polizeistreife verfolgte ihn mit einem Landrover, verlor aber den Sichtkontakt in dieser Straße.
Blick in die Leinewebergasse in Meißen: Hier soll im Juli 2022 ein Meißner mit seinem Moped durch die Gasse gerauscht sein. Eine Polizeistreife verfolgte ihn mit einem Landrover, verlor aber den Sichtkontakt in dieser Straße. © Claudia Hübschmann

Sein erster Einsatz war wie ein Actionfilm und wird ihm sicherlich immer in Erinnerung bleiben. Frisch von der Polizeihochschule kommend, begann der angehende Polizeikommissar seinen ersten Tag in der sogenannten Verwendungszeit. Diese soll Studierenden Erfahrungen und Kenntnisse im Bereich der alltäglichen Polizeiarbeit vermitteln.

Der 33-jährige Polizeikommissar wurde während eines Einsatzes auf der Rückbank des Landrovers hin und her geschaukelt. Er hatte Schwierigkeiten, sich auf seinem Sitzplatz zu halten und musste sich mit seinen Händen links und rechts abstützen. Gemeinsam mit zwei weiteren Kollegen verfolgte er einen Fahrer auf einem Simson-Moped durch die Altstadt von Meißen. Die Verfolgungsjagd begann nach einer Ampel auf dem Neumarkt und endet nun vor Gericht.

Die dreiköpfige Polizeistreife befand sich auf dem Rückweg zum Polizeirevier Meißen, als sie auf dem Neumarkt auf einen auffälligen Simson-Fahrer aufmerksam wurde. Der Fahrer drehte sich mehrmals zu den Beamten um, woraufhin diese beschlossen, eine allgemeine Verkehrskontrolle durchzuführen. Der Streifenwagen schaltete das Polizeischild auf dem Dach ein: "Stopp! Polizei!" Der Mopedfahrer muss dies gesehen haben, denn er knickte sein Nummernschild um und raste plötzlich mit vermutlich 60 Kilometern pro Stunde nach der Ampel auf der Poststraße in die Martinstraße, ohne zu blinken.

Nach dem Fummelplatz verlor sich die Spur

Nun musste der Beamte am Steuer Gas geben. Er schaltete Martinshorn und Blaulicht ein und beschleunigte auf bis zu 80 Kilometer pro Stunde, wie die Aussagen der drei Polizisten vor Gericht nahelegen. Der Motor des Mopeds heulte immer wieder laut auf, sodass die Polizisten ihn trotz des Martinshorns hören konnten. Für einen der drei Polizisten, der früher selbst mit einer Simson gefahren ist, war klar, dass das Moped auf Hochtouren lief.

Der Mopedfahrer fuhr wild durch die Straßen: Ohne zu blinken, bog er links in die Gerbergasse ab und dann gleich in die Fleischergasse. Bei jeder Kurve verlor der 23-Jährige beinahe die Kontrolle. Er musste seine Beine ausstrecken, um nicht vom Moped zu fallen, und raste trotz Verkehrsberuhigungsvorschriften und Einbahnstraßenregelungen durch die Gassen bis zum Fummelplatz. Er fuhr in die Leinewebergasse ein und konnte die Polizisten abschütteln, die bis dahin in "angemessenem Abstand" den Meißner verfolgten. Wer sich vor Ort auskennt, weiß, wie eng die Straße dort ist.

Trotzdem gelang es den Polizisten, den Verdächtigen zu schnappen. Denn was der Mopedfahrer zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, war, dass sie sich das Versicherungszeichen vor der Verfolgung notiert hatten. So konnten sie ihn in unmittelbarer Nähe zum Sichtkontaktverlust an seiner Wohnung aufspüren. Der junge Mann war überrascht, dass die Beamten so hartnäckig waren. Könnte das darauf hindeuten, dass es nicht seine erste Verfolgungsjagd mit der Polizei gewesen war? Jedenfalls führte er die Polizisten zum Moped, das laut Zeugenaussagen noch warm war.

Motiv der Tat völlig unbekannt

Aufgrund der Täterbeschreibung und des aufgefundenen Fahrzeugs gab es zu viele Übereinstimmungen, um den Meißner auszuschließen. Dennoch legte er gegen einen Strafbefehl Einspruch ein. Während der Verhandlung äußerte er sich fast nicht und ließ seine Anwältin für sich sprechen. Diese versuchte, den Anklagepunkt "Verbotenes Kraftfahrzeugrennen" anzufechten. Ohne Erfolg. Der Tatbestand bezieht sich nicht nur auf Rennen an sich, sondern auch auf Personen, die mit höchstmöglicher Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fahren.

Die Richterin gibt der Verteidigerin einen Einblick in ihre Entscheidung: Sie sieht den Tatvorwurf als bestätigt an und hält sogar den Entzug der Fahrerlaubnis für angemessen, nachdem sie alle Zeugen gehört habe. Im Strafbefehl steht lediglich ein Fahrverbot von sechs Monaten und eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 30 Euro. Der Angeklagte würde sich wohl verschlechtern, da er vermutlich mehr als 900 Euro netto verdient, was die Grundlage für die aktuelle Strafe ist. Mit Zustimmung der Staatsanwältin zieht der Mann daher seinen Einspruch zurück. Nur eine Sache bleibt offen: die Frage nach dem Warum.