Feuilleton
Merken

Sag mir, wo die Blumen sind

Können Politiker, die gegen Putins Krieg in der Ukraine singen, jetzt helfen? Nachdenkliches zum Wochenende aus dem Feuilleton.

Von Marcus Thielking
 2 Min.
Teilen
Folgen
Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) sang bei einer Friedens-Demo auf dem Augustusplatz.
Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) sang bei einer Friedens-Demo auf dem Augustusplatz. © dpa

Manchmal – aber wirklich nicht sehr oft – sind wir Dresdner ein bisschen neidisch auf Leipzig. Am vorigen Sonntag war wieder so ein Moment: Da trat Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung vor Tausenden Teilnehmern einer Friedensdemo auf die Bühne, spielte ganz allein auf der Gitarre und sang dazu das Lied: „Sag mir, wo die Blumen sind.“

So was kann ja ganz schnell peinlich und zum Fremdschämen werden. Aber Jung traf jeden Ton und blieb im Takt, er hat sogar eine ganz gute Stimme. Man sah und hörte: Der Mann hat mit seiner Gitarre schon so manchen Abend am Lagerfeuer bestritten. Alter Sozialdemokrat eben.

Helmut Schmidt spielt Klavier

Vom Kanzler Willy Brandt gibt es dieses berühmte Plakatmotiv aus den Siebzigern, wo er auf einer Mandoline spielt, lässig eine Zigarette im Mundwinkel. Bei einer Wanderung durch Ostwestfalen unter dem Motto „Mit Willy Brandt durchs Land“ spielte er darauf sozialdemokratisches Liedgut, wie es in einem Erklärtext der SPD zu diesem Bild heißt.

Sein Parteifreund und Kanzler-Nachfolger Helmut Schmidt hat in den Achtzigern sogar ganze Klavierkonzerte von Bach und Mozart auf Schallplatten eingespielt, wobei ich namentlich das Konzert für drei Klaviere und Orchester F-Dur KV 242 sowie das Konzert für vier Klaviere und Streicher a-moll BWV 1065 empfehlen will.

Ob auch Bundeskanzler Olaf Scholz ein Musikinstrument spielt, weiß ich nicht. Aber vielleicht ist es sowieso besser, wenn er sich zurzeit voll und ganz auf seine Dienstpflichten konzentriert.

Singen für den Frieden hat natürlich noch nie dazu geführt, dass Kriegstreiber wie Putin sich plötzlich bekehren lassen und ihre Panzer zurückrufen. Aber es hilft trotzdem, macht den Menschen Mut und tröstet über manche schrecklichen Bilder hinweg. Also, wenn Sie am Wochenende Zeit und Lust haben, machen Sie oder hören Sie ein bisschen Musik! Das ist niemals sinnlos, auch nicht im Krieg.

Dieser Text ist ein Auszug aus unserem Feuilleton-Newsletter „SZ Foyer – Kultur und Debatte in Sachsen“, mit den besten Texten der Woche und Veranstaltungstipps aus der Redaktion. Hier kostenlos abonnieren!