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Verdi-"Großkampftag" in Leipzig: 1.500 Streikende fordern mehr Geld

Die Gewerkschaft Verdi hat am Freitag zu Streiks aufgerufen. Betroffen sind unter anderem Stadtverwaltung, Kitas und Sparkasse. Der Nahverkehr liegt fast vollständig lahm.

Von Ulrich Wolf & Maximilian Helm & Erik-Holm Langhof
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Rund 1.500 Beschäftigte, größtenteils aus dem Öffentlichen Dienst, haben am Freitag in Leipzig demonstriert.
Rund 1.500 Beschäftigte, größtenteils aus dem Öffentlichen Dienst, haben am Freitag in Leipzig demonstriert. © SZ/Erik-Holm Langhof

Leipzig. Der Großraum Leipzig erlebt am Freitag eine massive Störung des öffentlichen Lebens. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) hat im Zusammenhang mit Tarifverhandlungen zu ganztägigen Warnstreiks aufgerufen - dem sich nach derzeitigem Stand auch zahlreiche Menschen anschließen.

Am Streik beteiligen sich Angestellte der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB). Auf seiner Webseite warnt das Unternehmen Fahrgäste vor "erheblichen Einschränkungen" zwischen drei Uhr Freitagmorgen und fünf Uhr früh am Sonnabend. Der Bus- und Bahnverkehr in der Stadt fällt tatsächlich fast völlig aus. Regionalbusse sowie Regionalzüge und S-Bahnen sind von dem Streik jedoch nicht betroffen. Aktuelle Störungsmeldungen der LVB finden Sie hier.

Auf seiner Webseite informieren die Leipziger Verkehrsbetriebe über die bestreikten Linien.
Auf seiner Webseite informieren die Leipziger Verkehrsbetriebe über die bestreikten Linien. © LVB

Ein Sprecher der LVB sagte gegenüber Sächsische.de, dass er nicht damit rechne, dass im Laufe des Tages wieder Busse und Bahnen fahren werden. Spürbar ist in der Stadt jedoch ein erhöhtes Aufkommen an Fahrrad-, Auto- und E-Roller-Verkehr. Auch Taxifahrten haben teils zugenommen, wie ein Reporter erfahren hat.

Vom Freitagmorgen bis zum Nachmittag fand eine große Kundgebung am Wilhelm-Leuschner-Platz statt. Die Polizei spricht von 1.500 Streikenden vor Ort, die anschließend über die Straße in Richtung Neues Rathaus, Innenstadt und wieder zurück zum Kundgebungsort liefen.

Zum Abschluss sprach auch Linken-Bundesvorsitzende Janine Wissler vor den Protestlern. Sie unterstütze den Streik der Beschäftigten und fordere von der Bundesregierung sowie den öffentlichen Einrichtungen mehr Wertschätzung.

"Es kann nicht sein, dass die Beschäftigten während Corona als Helden beklatscht wurden und nun aber die Beachtung nachlässt. Warme Worte zahlen keine Rechnungen, deshalb unterstütze ich hier auch die Forderung der Kolleginnen und Kollegen nach einer ordentlichen Lohnerhöhung", so Wissler gegenüber Sächsische.de.

Auch Kitas und Horte sind vom Streik betroffen. Die Stadt Leipzig nennt 27 Kitas und 30 Horte/Betreuungsangebote die geschlossen sind. 13 Kitas und 6 Horte können nur eingeschränkt öffnen. Kurzfristige Änderungen sind jedoch noch möglich.

Viele Eltern mussten ihre Kinder am Freitag anderweitig unterbringen oder zu Hause bleiben. Eine Mutter sagt gegenüber Sächsische.de, dass es in der Kita eine sehr kurzfristige Mitteilung gab und sie dadurch keine alternative Unterbringung bei einer Tagesmutter organisieren konnte. Letztlich habe sie sich entschlossen zu Hause zu bleiben, um auf das Kind aufzupassen.

Flugausfälle und Verspätungen am Flughafen Leipzig/Halle

Am Streik beteiligen sich zum Großteil auch die Beschäftigten der Leipziger Stadtreinigung. Mülltonnen werden nicht abgeholt und sollen einfach stehen gelassen werden. Auch Wertstoffhöfe bleiben am Freitag und voraussichtlich am Samstag geschlossen. Die Stadtreinigung weist indes deutlich darauf hin, dass das Abladen von Müll vor geschlossenen Wertstoffhöfen illegal ist.

Nach Informationen von Sächsische.de soll ein Großteil der Beschäftigten in der Stadtverwaltung weiterarbeiten - auch das Ordnungsamt ist unterwegs. Gleiches gilt für die Landratsämter in Nordsachsen und dem Kreis Leipzig.

Aus den Betriebshöfen der Leipziger Verkehrsbetriebe ist heute noch kein Fahrzeug herausgefahren.
Aus den Betriebshöfen der Leipziger Verkehrsbetriebe ist heute noch kein Fahrzeug herausgefahren. © SZ/Erik-Holm Langhof

Die Belegschaft des Flughafens Leipzig-Halle legte bereits am Donnerstag um 15 Uhr die Arbeit nieder, der Streik war jedoch bereits am Freitagmorgen um sechs Uhr beendet. Bis Samstagmorgen beteiligen sich allerdings auch Beschäftigte der Deutschen Luftsicherung am Streik, wodurch im Leipziger Flughafen-Tower die Arbeit nur eingeschränkt läuft. Zu Verspätungen und Ausfällen kommt es aber hauptsächlich wegen des ganztägigen Warnstreiks an anderen deutschen Flughäfen.

Verdi zufolge fordern die Beschäftigten der Luftsicherheit höhere Zuschläge für Nacht-, Feiertags- und Wochenendarbeit sowie bessere Regeln bei Überstunden. Verdi betonte, Flüge mit Hilfslieferungen, etwa in die Türkei oder nach Syrien, seien von dem Streik nicht betroffen. Nach Angaben der Gewerkschaft vom Freitag haben sich 70 Beschäftigte am Streik in Leipzig/Halle beteiligt.

Hintergrund: Großkampftag in Leipzig

Den ganzen Freitag über hat die Gewerkschaft zu einem Großkampftag in Leipzig ausgerufen. Den ganzen Tag über sollen Tarifbeschäftigte, Azubis und Praktikanten unter anderem an folgenden Einrichtungen die Arbeit niederlegen:

  • Stadtverwaltung
  • Kindertagesstätten und Horte
  • Verkehrsbetriebe
  • Eigenbetrieb Behindertenhilfe
  • Sparkasse
  • Agentur für Arbeit
  • Stadtreinigung
  • Stasi-Unterlagen-Archiv
  • Amazon

Erstmals dabei sei auch das Personal aus dem Leipziger Umweltforschungszentrum, hieß es. Ebenso die Stasiunterlagenbehörde und die Rentenversicherung Mitteldeutschland. Die Ausweitung der Warnstreiks auf Bereiche, die sich in der Vergangenheit nicht so aktiv beteiligt hätten, zeige "die Brisanz dieser Tarifrunde", sagte der zuständige Gewerkschaftssekretär Olaf Broszeit.

Streiks betreffen auch Verwaltungen in Leipzig, Brandis, Schkeuditz und Mockrehna

Arbeitsniederlegungen kündigte Verdi zudem an für die Verwaltungen des Landkreises Leipzig, der Städte Brandis und Schkeuditz sowie der Gemeinde Mockrehna. Der für Leipzig und Nordsachsen zuständige Verdi-Bezirksgeschäftsführer Sebastian Viecenz will am Freitagvormittag mit einer Kundgebung am Wilhelm-Leuschner-Platz in der Leipziger Stadtmitte den Streiktag einläuten. Anschließend soll eine Demonstration durchs Zentrum ziehen. Angekündigt haben sich auch die Linken-Parteivorsitzende Janine Wisser sowie Linken-Landeschef Stefan Hartmann.

Für die Gewerkschaft sind die Aktionen in Leipzig der Auftakt für die Verhandlungen mit Bund und Kommunen. Die Arbeitgeber hätten für die gut 2,5 Millionen Beschäftigten bislang keine Farbe bekannt, hieß es. Den geforderten Mindestbetrag von 500 Euro mehr pro Monat lehnten die Arbeitgeber vehement ab. Dabei habe es 2022 sogar ein Plus von 7,5 Milliarden Euro in den kommunalen Kassen gegeben.