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Kreis Meißen: Bürokratie bremst die Wirtschaft

Thema des 11. Wirtschaftstages des Landkreises Meißen in Weinböhla war die Innovation. Und die ist aktuell wichtiger denn je.

Von Ulf Mallek
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Blick in den Zentralgasthof Weinböhla am Mittwochnachmittag zum 11. Wirtschaftstag des Landkreises Meißen. Moderatorin Wiebke Binder führt durch die Veranstaltung,
Blick in den Zentralgasthof Weinböhla am Mittwochnachmittag zum 11. Wirtschaftstag des Landkreises Meißen. Moderatorin Wiebke Binder führt durch die Veranstaltung, © Norbert Millauer

Weinböhla/Meißen. Das Display ist riesig. 86 Zoll groß und eigentlich ein richtiger Computer. Man kann es in Schulen anstelle des Whiteboards einsetzen, aber auch in Firmen. Auf Knopfdruck lässt sich eine Pdf-Datei darstellen. Sie kann dann bearbeitet und sofort auf die Tabletcomputer der Schüler geschickt werden. Im Sportunterricht zaubert der Sportlehrer ein Basketballfeld herbei und verteilt die Mannschaft bildlich. Die Radebeuler Bürofirma Kriesten bietet dieses neue, innovative, interaktive Board an.

Innovation war das Thema des 11. Wirtschaftstages des Landkreises Meißen am Mittwochnachmittag im Zentralgasthof Weinböhla. Neben Kriesten präsentierten auch verschiedene andere Firmen aus dem Landkreis Meißen ihre innovativen Produkte. Freyler Riesa zum Beispiel (Industriebau), die Nikro Group (Oberflächenbeschichtung) oder die Volksbank Raiffeisenbank Meißen Großenhain.

Die innovative Idee für den jährlichen Wirtschaftstag kam der IHK beim Zusammenschluss der beiden Landkreise Meißen und Riesa, so die Kreis-Chefin der IHK Heike Hofmann. "Wir wollten unseren Beitrag leisten, damit die beiden damaligen Landkreise Meißen und Riesa zusammenwachsen. Verknüpfe Dich – das wurde dann auch unser Slogan", sagte Heike Hofmann, die Riesaer IHK-Chefin. Sascha Dienel, Chef der Meißner Wirtschaftsförderung ergänzt: "Wir hatten drei schwierige Jahre hinter uns. Die Corona-Zeit, die Krise der Supply Chains, die Inflation und die Energiekrise belasteten uns. Daher ist Innovation heute so dringend nötig."

Zum 11. Wirtschaftstag des Landkreises Meißen im Zentralgasthof Weinböhla: Stand der Firma Kriesten Objekt Design GmbH aus Radebeul, Prokuristin und Teamleiterin Susann Kriesten schreibt Stichpunkte und Themen des Wirtschaftstages auf das interaktive Boar
Zum 11. Wirtschaftstag des Landkreises Meißen im Zentralgasthof Weinböhla: Stand der Firma Kriesten Objekt Design GmbH aus Radebeul, Prokuristin und Teamleiterin Susann Kriesten schreibt Stichpunkte und Themen des Wirtschaftstages auf das interaktive Boar © Norbert Millauer

Der Meißner Landrat Ralf Hänsel (CDU) weist auf verschiedene Innovationen im Landkreis Meißen hin. "Das Stahlwerk in Gröditz will in drei Jahren grünen Stahl produzieren", sagt Hänsel. Das sei eine große Innovation beim Energiesparen. Die Stema aus Großenhain ist Weltmarktführer im Anhängerbau. Die Landkreisverwaltung selbst bemühe sich, innovativer zu werden. Ein Weg sei die Digitalisierung. Leider gehe es mit dem Abbau von Bürokratie nicht voran. "Im Gegenteil, wir bauen neue Bürokratie auf", so Hänsel.

Andreas Sperl, Präsident HK Dresden, bestätigt das: "Wir haben überschäumenden Bürokratismus, das bremst die Wirtschaft aus. Es gibt zu viel Formulare." Ihm sei es nicht bange um kluge Köpfe, sondern um die Rahmenbedingungen. Die IHK versuche ihre 92.000 Mitgliedsunternehmen gut zu verknüpfen. Wissenstransfer sei wichtig. Die IHK möchte auch beratend tätig sein, den Unternehmen bei Patenten und Förderanträgen helfen. Auch bei der Finanzierung und bei Marktzugängen. Ohne Innovation gäbe es keine internationale Wettbewerbsfähigkeit. "Wir sind ein Hochlohnland, wir sind kostenmäßig nicht wettbewerbsfähig. Schneller und besser als andere sind wir auch nicht mehr. Gute Qualität liefern auch andere." Da bleibt nur die Innovation.

Oliver Hanns von FutureSax, der Innovationsplattform des Freistaates, stellt eine Frage an die anwesenden Unternehmer. Wer beschäftigt Innovationspersonal? Nur etwa 10 Prozent der Anwesenden heben die Hand. Das große Thema sei das Mindset: Wollen wir so weiter arbeiten oder in ein paar Jahren Spitze sein? Letzteres benötige Innovation, um ein neues Produkt, ein neues Geschäftsmodell oder einen Service zu entwickeln, den es heute noch gar nicht gibt. Dazu sind aber auch Kapitalgeber und Fachkräfte nötig. Die sind auch knapp. Was heißt Innovation eigentlich? Eine klare Definition gebe es nicht. Im Grunde wird etwas Bestehendes verbessert. Das sei eine Triebkraft für wirtschaftliches Wachstum, eine Veränderung, die mit Kreativität aber auch Risiko verbunden ist. Langfristig sei das aber erfolgreicher.

Oliver Hanns verwies auf eine neue Studie. Wissen wir, was der Kunde will? Laut der Umfrage wissen 75 Prozent der Unternehmen nicht, was ihre Kunden wollen. Warum nicht? Sie trauen sich nicht zu fragen wegen eines möglichen Gesichtsverlustes. 90 Prozent der Mitarbeiter fühlen sich bei Innovation nicht von ihrer Geschäftsführung unterstützt.

Offensichtlich ist das in der Freiberger Firma ACTech nicht so, wie Marc Schulze-Drechsel berichtet. Sie produziert Gussteilprototypen, in einer Serie von etwa 1 bis 20 Stück. Die Firma wurde 1995 mit drei Mitarbeitern gegründet. Aktuell sind es 380. Die Firma hat 1.300 Kunden in 37 Ländern. Und was ist die Innovation? Der 3D-Druck. Er beschleunigt die Produktion enorm. Vier Drucker reichen für die 15-20.000 produzierten Prototypen jährlich. Und: in der Firma duzt man sich.

Weitere Firmen zeigen den Unternehmern praktische innovative Beispiele. Der Wissenschaftler und Zukunftsforscher Kai Gondlach erläutert, wie neue Arbeit eine Voraussetzung für Innovation ist. Fazit: Das Innovationsklima muss gestärkt werden.