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Aishat beim Ministerpräsidenten: Nicht nur ein Fototermin

Nach einem kurzen Besuch in Meißen ist das Mädchen Aishat seit dem 9. Januar wieder in Georgien. Sie und ihre Schwester hatten zuvor von ihrer Abschiebung aus Meißen erzählt. Und nun?

Von Andre Schramm
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Ministerpräsident Michael Kretschmer (li.) zusammen mit Aishat und Frank Richter.
Ministerpräsident Michael Kretschmer (li.) zusammen mit Aishat und Frank Richter. © privat

Meißen. Das neue Jahr begann in Meißen mit schwerer Kost. Gleich am zweiten Tag berichteten Aishat (16) und ihre Schwester Maka (14) im Haus für Viele(s) über ihre Abschiebung. Die beiden Georgierinnen waren 2021 von Polizeikräften aus dem Bett ihrer Meißner Wohnung geholt und nach Georgien abgeschoben worden, ihre Geschwister und die Mutter ebenso. Die SZ hatte über den Abend berichtet. Auch ihre Mutter war anwesend.

Am 9. Januar trat das Trio wieder die Heimreise an. In ihren Koffern, so war zu hören, fanden sich viele Geschenke von Unterstützern aus Meißen. "Dieses Mal konnten wir uns verabschieden", sagte Serpina Bitter vom Haus für Viele(s) e.V. Es sei ein sehr emotionaler Abschied gewesen, fügt sie noch hinzu. Die Meißnerin hatte Schlafplätze für die Georgierinnen zur Verfügung gestellt, und sich um sie gekümmert. Vor ihrer Abreise besuchten die Gäste noch ihre ehemaligen Mitschüler(innen) in der Pestalozzischule.

Aishat bekam auch bei Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer eine Audienz. Das Gespräch dauerte etwa eine Stunde. "Es handelte sich um ein internes Gespräch", sagte Regierungssprecher Ralph Schreiber auf SZ-Nachfrage. Wie er erklärte, habe sich der Ministerpräsident die Schilderungen von Aishat angehört und sei sichtlich bewegt gewesen. "Es ging dabei auch um die Perspektive für die jungen Frauen, eventuell nach ihrer Schulausbildung in Georgien zum Studieren nach Deutschland zu kommen", so Schreiber weiter. Der SPD-Landtagsabgeordnete Frank Richter sagte, dass er das Gespräch als sehr positiv empfand.

Eine Stunde bei Kretschmer

Für ihn ist der Fall aber noch nicht erledigt, und ein Negativ-Beispiel für die sächsische Abschiebepraxis. "Es trifft immer wieder die Falschen", sagte er gegenüber der SZ. Aishat und ihre Schwester seien gut integriert gewesen, hätten gute Leistungen in der Schule abgeliefert. Das habe man nicht berücksichtigt, so Richter weiter. Er ärgert sich immer noch darüber, dass man es nicht geschafft habe, die Familie zeitnah zurückzuholen. Kurz danach kam es in Pirna zu einem ähnlich gearteten Fall. Das Oberverwaltungsgericht Bautzen kam zu dem Schluss, dass diese Abschiebung rechtswidrig war. Die georgische Familie durfte zurück.

"Diese Abschiebepraxis schadet Menschen und bringt Polizisten in schwierige Situationen", erklärte der SPD-Mann. Im gleichen Atemzug forderte er einen Mentalitätswandel in Amtsstuben und bei Vollzugsbehörden. "Warum sind dort keine Menschen mit Migrationshintergrund angestellt?", fragte er. "Sie sprechen die gleiche Sprache, haben denselben kulturellen Background, und damit einen viel besseren Zugang zu ihren Landsleuten", so Richter.

Nächster Besuch schon geplant

Wie er weiter erklärte, sei der Leipziger Rechtsanwalt Ulrich Tronczik gerade dabei den Fall der Familie Gaurgashvili/Pareulidze sich näher anzuschauen. "Im Kern geht es dabei um die Legitimität der Abschiebung", so Richter. Die Familie besaß zum Zeitpunkt ihrer Abschiebung am Morgen des 26. Mai 2021 nämlich keine Pässe. Bis heute ist nicht geklärt, warum ihre Papiere fehlten. Ein weiterer Punkt sei die Perspektive der Familie, konkret der Kinder. "Denkbar wäre, dass sie ein Ausbildungsvisum in Deutschland bekommen, wenn sie die Schule abgeschlossen haben", so Richter. Den Verbleib der verschwundenen Handys und Spardosen wird man seiner Ansicht nach vermutlich nicht mehr klären können.

Für Aishat war der Besuch bei Ministerpräsident Michael Kretschmer nicht die erste Visite bei einem hochrangigen Politiker. Im Internet kursiert ein Foto, das sie zusammen mit der georgischen Präsidentin Salome Surabischwili zeigt. Es soll im Zusammenhang mit einem Ausflug der Sprachschule, die Aishat besucht, entstanden sein. Sie lernt in Georgien mehrmals die Woche Englisch. Unterdessen ist die Einladung für den Folgebesuch schon raus. Geplant ist er für kommenden August.