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Reich-Mühle verfällt weiter

Nach den Verwerfungen mit der Stadt Meißen möchte der Investor die Mühle am Steinberg-Palais nicht mehr sanieren. Das ist nicht der einzige Grund gewesen.

Von Marvin Graewert
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Die Instandsetzungspläne gehen trotzdem weiter: Das verfallene Mansardenhaus an der Talstraße 89 soll als Nächstes saniert werden.
Die Instandsetzungspläne gehen trotzdem weiter: Das verfallene Mansardenhaus an der Talstraße 89 soll als Nächstes saniert werden. © Claudia Hübschmann

Meißen. Sechs Monate hat es gedauert, bis Investor Corte Harmjanz wieder den Mut und die Kraft fand, weitere Objekte in Meißen vor dem Verfall zu retten: Ursprünglich hatte der 67-Jährige den Plan gefasst, den gesamten Straßenzug, angefangen mit den Häusern gegenüber der Porzellan Manufaktur bis in die Innenstadt zu sanieren. Aus der ehemaligen Getreidemühle sollte die Kunst-Mühle werden. Doch daraus wird nichts mehr, obwohl sein Beschlussvorschlag unter den Stadträten mehrheitlich auf Unterstützung stieß.

Am Ende scheiterte es an einer Formulierung, die es nicht in die Beschlussvorlage des Stadtrats schaffte: Harmjanz hatte auf ein Bekenntnis zum öffentlichen Interesse gepocht. Eine rechtliche Formulierung, die im Zweifel über dem Individualrecht gestanden wäre und dem Investor die Bauarbeiten erleichtert hätte. Harmjanz hatte in der Formulierung viel mehr die symbolische Unterstützung für sein Projekt gesehen: "Es hätte die Stadt nichts gekostet. Mich hätte es aber motiviert", sagt Harmjanz rückblickend, der immerhin einen zweistelligen Millionenkredit aufnehmen musste. Letztlich wird das Objekt sogar noch mal eine halbe Million Euro teurer als angedacht.

Corona und Ukraine lassen Baukosten explodieren

Erst seien coronabedingt Bauarbeiter krank geworden, die Arbeiten verzögerten sich, dann rissen Lieferketten und jetzt kommt noch die Ukraine-Krise mit gestiegenen Mineralölkosten und Transport dazu. Die Kostensteigerungen machen sich bis zu den Türen bemerkbar gemacht: Die morschen Türen, die sowieso schon sehr teuer gewesen seien, weil sie von einem Pirnaer Unternehmen historisch exakt nachgebaut wurden, hätten sich aufgrund der gestiegenen Glas- und Holzpreise um 100.000 Euro verteuert.

Andere hätten aufgrund der Rückschläge ihre ehrgeizigen Ziele heruntergeschraubt. Harmjanz habe sich anders entschieden und stattdessen mehrere Einheiten in seiner Magdeburger Heimat verkauft, um weiterhin handlungsfähig zu bleiben und das Weinbergviertel nach seinen Vorstellungen umzusetzen. Nach allen Verwerfungen mit der Stadtverwaltung, ein klares Bekenntnis zu seinem Herzensprojekt in Meißen: "Nach diesem halben Jahr, was mich geschüttelt und gelähmt hat, habe ich inzwischen wieder den Mut und die Lust gefunden, die Umgebung weiter zu sanieren, weil es so nicht bleiben kann."

Neben den Verwerfungen mit der Stadt habe es allerdings noch einen weiteren Punkt gegeben, warum Hamjanz' Kunstmühlen-Vision platzte. Er konnte das angrenzende Grundstück zur Reich-Mühle nicht kaufen. Die Lücke zwischen den Gebäuden wäre zu eng geworden. "Ich habe mich entschieden die Kunst-Mühle auf absehbare Zeiten nicht anzupacken."

Sanierung der Talstraße 89

Die ursprünglichen Ziele sollen beibehalten werden – jedoch auf einem etwas niedrigeren Niveau realisiert werden. Die Instandsetzungspläne gehen weiter: Das verfallene Mansardenhaus an der Talstraße 89, nach der Einfahrt in den Innenhof des Weinbergviertels soll als Nächstes saniert werden.

Schließlich braucht Harmjanz auch die nächste Herausforderung, denn bereits in einem Monat soll das Seitenhaus am Steinberg 1 fertig werden. Im Innenhof entstehen gerade 23 bis 25 Parkplätze. Die Rauhentalstraße 2, 4, 6 und 8 sind bereits fertig. Abgesehen von Ladenflächen, die Harmjanz gemeinsam mit den Gewerbetreibenden entwickeln wollte – doch diese Mieter lassen immer noch auf sich warten.

9,50 Euro Kaltmiete

Die Wohnungen darüber sind alle bezugsfertig: Harmjanz' Konzept, jede Wohnung anders zu gestalten und anfangs auch Wünsche zukünftiger Mieter mit einzubeziehen, hat jedoch seinen Preis. In einer besonders noblen Dachgeschosswohnung mit herausstehenden Dachbalken kostet die Kaltmiete 9,50 Euro pro Quadratmeter. Wer weniger als 7,20 Euro pro Quadratmeter zahlen möchte, findet im neuen Weinbergviertel gar keine Wohnung. "Dafür wartet auf jeden Mieter eine besondere und einzigartige Wohnung." Sein Konzept scheint aufzugehen: In der Rauhentalstraße 6 und 8, wo die Sanierungsarbeiten begannen, ist bis auf zwei Wohnungen alles vermietet.

Wer einen Blick in die noch nicht vermieteten Wohnungen werfen möchte, hat am Sonnabend und Sonntag zwischen 10 und 16 Uhr die Möglichkeit dazu.