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Landwirt: „In der Kornkammer Sachsens wird Futter produziert“

Mahnfeuer an der A4: Die Bauernproteste gehen weiter – wenn auch nicht so auffällig wie zuletzt. Ziel ist es weiterhin, Bürger und Politiker zu einem Umdenken zu bewegen.

Von Uta Büttner
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Mit einem Mahnfeuer an der A4 in Deutschenbora bei Nossen wollten Bauern erneut auf sich aufmerksam machen.
Mit einem Mahnfeuer an der A4 in Deutschenbora bei Nossen wollten Bauern erneut auf sich aufmerksam machen. © Uta Büttner

Landkreis Meißen. Zuletzt ist es wieder ziemlich ruhig um die Bauernproteste geworden, auch im Landkreis Meißen. Zumindest in der Öffentlichkeit werden sie aktuell eher nicht wahrgenommen. Doch die Landwirte kämpfen weiter – wenn derzeit auch etwas leiser als Anfang dieses Jahres. So organisierte der Verein Land schafft Verbindung Sachsen (LSV) am vergangenen Freitag ein Mahnfeuer im Nossener Ortsteil Deutschenbora, direkt an der A4. Was sich die Landwirte davon versprechen, erklärt Marcel Buschmann aus dem Käbschütztaler Ortsteil Pauschütz, der eine Schäferei hat: „Die Bürger auf der Autobahn sehen die Maschinen und das Feuer. Wir hoffen, dass bei den Leuten eine Art Umdenken stattfindet. Es reicht nicht, nur von Regionalität zu reden. Ich sage immer: Am Regal endet die Moral.“

Dabei kosten die Produkte bei Weitem nicht so viel, wie die Land- und Tierwirte eigentlich verlangen müssten, um wirtschaftlich arbeiten zu können. „Dann würde ein Brot rund zehn Euro kosten.“ Damit die Leute dennoch ein hochwertiges, aber bezahlbares Produkt kaufen können, „bekommen wir Ausgleichszahlungen“, betont Buschmann und ergänzt, den Begriff Subventionen lehne er in diesem Zusammenhang ab. „Wir stehen hier, um die Bürger in Deutschland weiterhin mit hochwertigen Produkten versorgen zu können.“

Damit die Konsumenten im Laden aber auch wissen, woher die Produkte kommen, „fordern wir eine Herkunftskennzeichnung“, sagt er und ergänzt: „doch das lehnt die Regierung bisher ab.“ Seine Hoffnung, dass durch die Aktionen einige mehr vielleicht anfangen, darüber nachzudenken. Denn in anderen Ländern sei noch viel mehr Spritzen erlaubt, wie zum Beispiel in China. „Die sogenannte Globalisierung fällt uns auf die Füße.“ Das habe aber auch schon die vorhergehende Regierung mit CDU/CSU verzapft."

Landwirt Marcel Buschmann ist Organisator der Bauernproteste im Landkreis Meißen.
Landwirt Marcel Buschmann ist Organisator der Bauernproteste im Landkreis Meißen. © Claudia Hübschmann

Landwirt: „Wir stehen unter Generalverdacht“

Zudem mache der regelrechte Kontrollwahn der Branche zu schaffen. Besonders erschwerend: Es kämen meist Kontrolleure, die reine Sachbearbeiter seien und keine Ahnung von Landwirtschaft hätten, kritisiert er. „Man soll uns in der Landwirtschaft wieder machen lassen. Wir haben eine hochwertige Ausbildung. Wir wissen, was die Pflanzen brauchen. Stattdessen stellt man uns unter Generalverdacht, dass wir zum Beispiel sonst was spritzen würden.“ Dabei, so betont er, „essen wir die Produkte selbst. Wir vergiften uns und auch die Umwelt doch nicht selbst.“

Ebenso machen die Verordnungen bezüglich des Düngens zu schaffen. So würden sogenannte rote Gebiete – Flächen mit zu hoher Nitratbelastung im Grundwasser – seitens der Behörden ausgewiesen werden, was teils nicht nachvollziehbar sei. Ebenfalls nicht nachvollziehbar sei, dass Deutschland immer die höchsten und damit die schlechtesten Messwerte nach Brüssel melde. „Jedes andere EU-Land nimmt den Durchschnittswert der Messwerte“, sagt Buschmann. Zudem gebe es in den anderen Ländern auch ein besseres Messstellennetz.

Nicht zu verstehen sei auch, warum man in Deutschland nicht die Messwerte aus der sehr guten Trinkwasserüberwachung nehme. „Das hat man bisher abgelehnt.“ So komme es vor, dass Trinkwasserwerte in Ordnung seien, obwohl es sich um ein rotes Gebiet handele. Das widerspreche sich. Doch als Folge einer solchen Ausweisung müssen die Landwirte 20 Prozent unter dem nötigen Düngebedarf der Pflanzen bleiben. „Das bedeutet, wir können an diesen Stellen nur noch Futter produzieren“, sagt Buschmann verständnislos und ergänzt, „und das mitten in der Lommatzscher Pflege, der Kornkammer Sachsens. Das ist eine Katastrophe.“ Hinzu komme, wenn nur Futter produziert werde, könne kein Geld generiert und somit auch nicht investiert werden.

Bauern fordern Politik zum Handeln auf

Viele Punkte sind in den vergangenen Jahrzehnten zusammengekommen, die das Arbeiten der Land- und Tierwirte immer schwieriger machen. Immer mehr Auflagen, immer mehr Bürokratie. „Wir haben immer alles brav mitgemacht“, sagt Buschmann. Seit etwa zwölf Jahren wurde den Landwirten versprochen, Bürokratie abzubauen, „doch das Gegenteil ist der Fall. Es wurde bisher immer schlimmer.“

Nun steht vielen das Wasser bis zum Hals. Immer wieder müssen Landwirte aufgeben. Nachfolger gibt es eher nicht, weil die junge Generation zurecht keine Zukunft in dieser Branche sehe. Diese Betriebe fehlen dann in der Versorgung der Bevölkerung. Doch nicht nur das. Es geht damit auch jede Menge an Wissen verloren, das neben der Ausbildung über Generationen hinweg weitergegeben wurde. Und nicht zu vergessen, so erläutert Buschmann, sei mit dem Wegfall landwirtschaftlicher Betriebe auch der vor- und nachgelagerte Wirtschaftszweig betroffen.

Marcel Buschmann betont, „Landwirte denken in Generationen, von Ernte zu Ernte und Politiker nur in Legislaturperioden“. Das Fass sei jetzt zum Überlaufen gekommen, die Politik müsse endlich reagieren. Dabei verweist er auch auf die in Sachsen in diesem Jahr anstehenden Wahlen.