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Geschäftseröffnung in Meißen: Die Sprache des Brotes

Chris Jentzsch ist einer der ersten zertifizierten Brot-Sommeliers Deutschlands. In Meißen eröffnete am Donnerstag seine neue Schaubäckerei.

Von Jakob Hammerschmidt
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Brot-Sommelier Chris Jentzsch untersucht den Duft einer Brotkrume. Der 52-Jährige spricht die Sprache des Brotes fließend.
Brot-Sommelier Chris Jentzsch untersucht den Duft einer Brotkrume. Der 52-Jährige spricht die Sprache des Brotes fließend. © Claudia Hübschmann

Meißen. Blumen und Pralinen türmen sich in einer der wenigen Ecken der Schaubäckerei Brot und Ähre, die nicht voller Backwaren steht. Das Geschäft feierte am Donnerstag seine Eröffnung, und Freunde und Verwandte kommen, um zu gratulieren. Einer karrt einen Mehlsack herein, umwickelt mit Geschenkband. Ein Brotkorb mit Probierportionen steht bereit, daneben eine farbenfrohe Palette an Aufstrichen, Olivenöl, und Salz. Dazu gereicht werden Kaffee, Wasser und Sekt, extra trocken.

Inhaber Chris Jentzsch ist Bäckermeister seit den 90er Jahren. 2003 stieg er beim Großhändler BÄKO ein, als Fachberater. Dort beriet er andere Bäckermeister zu Rohstoffen und Technologien, aber auch zu Geschäftskonzepten wie dem der Schaubäckerei, die er nun selbst in Meißen mit seiner Lebensgefährtin betreibt.

Kunden können hier nicht nur Brote mit so klangvollen Namen wie "Dinkel-König" oder "Zwiebel-Heinrich" erwerben, sondern dem gebürtigen Lommatzscher auch wortwörtlich bei der Arbeit über die Schulter blicken. "Das steht natürlich in Konflikt damit, dass es fertig werden muss", sagt der 52-Jährige lachend, "aber ich unterhalte mich gerne mit Leuten über Dinge, die das Brot betreffen."

Flüssig in der Brotsprache

Doch Jentzsch ist nicht nur ein Meister seines Fachs. Seit 2015 darf er sich auch Brot-Sommelier nennen, einer der ersten in Deutschland. Im baden-württembergischen Weinheim legte er dafür eine umfassende Prüfung ab. Neben Tests zu Haptik, Geruch und Geschmack stand auch Brotgeschichte auf dem Programm. Brot ist schließlich, dem stimmt Jentzsch zu, ein typisch deutsches Kulturgut, "aus Bäckersicht sogar das typischste." Inzwischen gibt es laut einer Auskunft der Weinheimer Akademie für Deutsches Bäckerhandwerk, die das Sommelier-Seminar anbietet, über 200 solcher Spezialisten in sieben Ländern.

Ein Brot-Sommelier zu sein, setzt laut Chris Jentzsch voraus, "die Sprache des Brotes zu beherrschen." Die Weinheimer Brotsprache, um genau zu sein. Diese ist der Akademie zufolge "ein Werkzeug zur wertigen Beschreibung von Brot, vergleichbar mit Wein." Neben Form, Farbe und Duft können hiermit auch Mundgefühl, Geschmacksbild und Verwendbarkeit auf vollmundige Art in Worte gefasst werden. Riecht die Krume eher karamellig oder nach Kastanien? Ist die Konsistenz grobsplittrig oder fluffig? Dem Sommelier fehlen nie die Worte.

Natürlich weiß Jentzsch auch über Deutschland hinaus Bescheid, wenn es um Brot geht. Sein internationales Lieblingsprodukt ist jedoch nicht das französische Baguette, wie man erwarten könnte. Stattdessen hebt er Naan hervor, ein flaches Brot, das vor allem mit Indien in Verbindung gebracht wird, aber auch in anderen süd- und zentralasiatischen Ländern verbreitet ist.

"Ich will alle vom Brot begeistern."

Um sicherzustellen, dass die Krusten seiner Brote stets aromatisch und die Krumen gut gelockert sind, setzt Jentzsch auf Rohstoffe aus der Region. Mehl aus der Fichtenmühle in Klipphausen wird bei Brot und Ähre zum Backen verwendet; das zu erwähnen ist ihm wichtig.

Doch die richtigen Backmaterialien sind nur der erste Schritt. "Die meisten Fehler, denke ich, werden im Haushalt beim Kneten gemacht", meint der Bäckermeister auf die Frage, wo Hobbybäcker am häufigsten Nachholbedarf haben. Es braucht sowohl Technik als auch Geduld, um den klebrigen Weizenteig in Form zu walken. Die breiten Arme des Brot-Sommeliers zeugen von unzähligen bezwungenen Laiben.

Der Geschäftseröffnung gehen zahlreiche Tests durch hungrige Freiwillige voraus: Zwei Jahre lang buken Jentzsch und seine Partnerin am heimischen Holzbackofen "für Nachbarn, Freunde und Bekannte, die das so mitbekommen haben." Der Zuspruch ihrer Gemeinde ermutigte die beiden im vergangenen Jahr, die Eröffnung einer neuen Schaubäckerei anzugehen. Jentzsch hat dabei eine klare Mission: "Alle, die hereinkommen, vom Brot begeistern."

Seine Ansprüche, besonders an ihn selbst, sind dabei hoch. Wenn er das nicht schaffe, meint er, habe er seine Bäckermeister- und Brot-Sommelier-Lehren nicht verdient. Als ich den mehlverstaubten Bäcker am Freitag aufsuchte, bildete sich bereits eine Schlange an Gratulanten und interessierten Kunden vor der Tür seines Ladens an der Elbstraße. Die Zeichen stehen also gut, doch nur die Zeit wird zeigen, ob es ihm gelingt, seinen Kunden seine Leidenschaft für Brot zu vermitteln.

Welches Brot würde Jentzsch mit einem Meißner Riesling paaren? "Da würde ich unser Winzerbrot empfehlen", überlegt er. "Das ist ein Brot mit Walnüssen und Bergkäse." Gourmets müssen aber aufmerksam sein, denn "das gibt's nur saisonal bei uns."

Die Schaubäckerei Brot und Ähre kann in der Elbstraße 15 gefunden werden und hat von Mittwoch bis Freitag zwischen 10 und 18 Uhr und samstags von 6.30 bis 13 Uhr geöffnet.