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Gemeinde Moritzburg will gegen Straßenlärm vorgehen

Mehr als 200 Menschen sind rund um Moritzburg von krankmachendem Verkehrslärm betroffen. Was die Gemeinde dagegen tun will.

Von Lucy Krille
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In der Gemeinde Moritzburg ist es zu laut. Lärm-Schwerpunkt ist unter anderem die stark befahrene Staatsstraße zwischen Auer und Friedewald.
In der Gemeinde Moritzburg ist es zu laut. Lärm-Schwerpunkt ist unter anderem die stark befahrene Staatsstraße zwischen Auer und Friedewald. © Arvid Müller

Moritzburg. In der Gemeinde Moritzburg sind mehr als 200 Menschen von Straßenlärm betroffen. Das zeigt die Lärmkartierung aus dem Jahr 2022, die das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG)nach einer Richtlinie der EU erstellt hat. Schwerpunkte sind die Staatsstraßen zwischen Auer, Friedewald, Reichenberg und Boxdorf.

Wie laut ist es in der Gemeinde Moritzburg?

Lärmquelle Nummer eins ist der Straßenverkehr. Daher hat das sächsische Landesumweltamt im vergangenen Jahr die Belastung an stark befahrenen Hauptverkehrsstraßen neu untersuchen lassen. Neben Ballungsgebieten, Schienen und Flugplätzen schaute es sich alle Straßen an, über die jährlich mehr als drei Millionen Fahrzeuge fahren - so auch die S80, S81 und S179.

Außerdem ist die Zahl der Betroffenen errechnet worden, die in den untersuchten Gebieten Lärm ausgesetzt sind, der als krankmachend gilt. Dabei kam heraus, dass im Gemeindegebiet 205 Personen von einem mittleren, ganztägigen Schallpegel von 65 Dezibel (dB(A)) und mehr betroffen sind. Schränkt man die Untersuchung nur auf die Schlafenszeit zwischen 22 und 6 Uhr ein, so sind 211 Menschen beeinträchtigt. In dieser Zeit, in der der Körper zur Ruhe kommen sollte, gilt bereits ein Wert von 55 Dezibel als gesundheitlich bedenklich.

Die Lärmkartierung des Landesumweltamtes zeigt, wie sich der Lärm der Straßen im Tagesmittel auf die Umgebung auswirkt. Rote Gebiete sind Lautstärken über dem Schwellenwert von 65 Dezibel ausgesetzt. Hier ein Beispiel aus Reichenberg.
Die Lärmkartierung des Landesumweltamtes zeigt, wie sich der Lärm der Straßen im Tagesmittel auf die Umgebung auswirkt. Rote Gebiete sind Lautstärken über dem Schwellenwert von 65 Dezibel ausgesetzt. Hier ein Beispiel aus Reichenberg. © Gemeinde Moritzburg
Am Auer zeigt sich ein ähnliches Bild. Die Lärmbelastung der Staatsstraße reicht bis in den Ort hinein.
Am Auer zeigt sich ein ähnliches Bild. Die Lärmbelastung der Staatsstraße reicht bis in den Ort hinein. © Gemeinde Moritzburg

Welche Folgen hat der Lärm?

"Es ist medizinisch belegt, dass dauerhafte Geräuschbelastungen über 65 dB(A) am Tag bzw. von mehr als 55 dB(A) in der Nacht das Risiko gesundheitlicher Beeinträchtigung signifikant erhöhen", heißt es vom Landesumweltamt. Die Weltgesundheitsorganisation WHO sieht in ihren Leitlinien für Umgebungslärm aus dem Jahr 2018 sogar schon Handlungsbedarf, wenn die Werte bei über 53 Dezibel am Tag und über 45 Dezibel in der Nacht liegen. Chronischer Lärm ist ein Stressfaktor, der das Herz-Kreislauf-System negativ beeinflusst, so das Landesumweltamt. Damit steigt das Risiko für Bluthochdruck und einen Herzinfarkt. Nächtlicher Lärm kann zudem die Psyche beeinträchtigen.

Im Rahmen der Lärmkartierung haben die Experten versucht, die Zahl der Menschen zu bestimmen, die durch Lärm zu Hause oder am Arbeitsplatz ein erhöhtes Risiko für Folgeerkrankungen haben. In Moritzburg und seinen Ortsteilen sehen sie 105 Menschen dauerhaft belästigt. 36 haben Schlafstörungen oder könnten eine entwickeln. Grundlage für die Risikoabschätzung sind WHO-Studien.

Wie sind die Reaktionen in der Gemeinde Moritzburg?

Moritzburg ist nun verpflichtet, sich Gedanken über einen Lärmaktionsplan machen. Die Lärmkartierung dient als Grundlage für mögliche Maßnahmen, außerdem wurde die Öffentlichkeit befragt. In der Gemeinde gingen daraufhin zwölf Stellungnahmen ein. Der überwiegende Teil der Stellungnahmen kommt aus dem Ortsteil Auer, wo Geschwindigkeitsbegrenzungen auf S80 und S81 gefordert werden. Weitere Stellungnahmen kamen aus Moritzburg und Friedewald und betreffen ebenfalls Staatsstraßen.

Der Gemeinderat beschloss bei seiner letzten Sitzung, in welcher Form der Lärmaktionsplan aufgestellt werden soll. Zur Debatte stand entweder, ein externes Planungsbüro zu beauftragen oder die Maßnahmen innerhalb der Verwaltung selbst zu erarbeiten. Die Wahl fiel auf letztere Variante. So bleibt zwar andere Arbeit liegen, die Gemeinde spart sich aber Kosten von etwa 8.000 Euro für ein Planungsbüro - Geld, das gar nicht im Haushalt eingeplant ist. Auch ein Aktionsplan ohne Maßnahmen wäre theoretisch möglich gewesen. Die Räte waren sich aber weitgehend einig, dass etwas gegen den Lärm versucht werden muss.

Welche Maßnahmen sind realistisch?

Einige sehen die Großinvestitionen am Stadtrand von Dresden nicht nur positiv. Was den Verkehr angeht, sei man nun die leidtragende Gemeinde. Zudem würden rasende Motorräder den Einwohnern und Einwohnerinnen das Leben schwer machen. In manchen Punkten ist die Gemeinde machtlos. So habe man schon tausendmal gefordert, Tempo 30 am Auer durchzusetzen. "Doch der Landrat hat abgesagt", sagt Lehmann.

Die Verwaltung verspricht, weiter dranzubleiben, setzt aber auch auf andere Maßnahmen. Die Gemeinde will ihre Ideen noch in diesem Jahr in einem Plan zusammenfassen. Wenn dieser vom Gemeinderat gebilligt wurde, soll die Öffentlichkeit erneut befragt werden. "Gar nichts machen, ist auch nicht gut", sagt Lehmann.

So könne man versuchen, bei der Autobahn GmbH durchzusetzen, dass der Verkehr über Klotzsche statt Wilder Mann geleitet wird. Displays mit Geschwindigkeitsanzeigen sollen außerdem helfen. Und bei kommunalen Straßen könnte man verstärkt auf Asphalt statt Kopfsteinpflaster setzen. Sie stehen zwar nicht in der Kartierung, verursachen aber auch Lärm.