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Krankmachender Lärm: Auf welchen Dresdner Straßen es am lautesten ist

Der neue Lärmatlas für Dresden ist da. Er zeigt, wie laut es auf und an den Hauptstraßen ist und wie viele Menschen gesundheitliche Folgen davontragen könnten. Das sind die Ergebnisse.

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Die Königsbrücker Straße gehört zu den lautesten Straßen Dresdens. Besonders stark ist der Krach an der Kreuzung Bischofsweg.
Die Königsbrücker Straße gehört zu den lautesten Straßen Dresdens. Besonders stark ist der Krach an der Kreuzung Bischofsweg. © Marion Doering

Dresden. Ein dröhnender Rasenmäher, lautes Geschnatter in der Kantine, eine wilde Schießerei im Fernsehen - im Alltag sind wir oft einem Schallpegel von 65 Dezibel und mehr ausgesetzt, oft aber nur für einige Minuten. Tausende Dresdner müssen dagegen tags wie nachts mit derartigem Lärm leben. Das geht aus den Ergebnissen der neuen Lärmkartierung hervor.

An welchen Straßen es besonders laut ist, wie viele Dresdner dadurch ein erhöhtes Herzinfarktrisiko haben und was gegen den krankmachenden Krach getan werden soll - das sind wichtigsten Fragen und Antworten zum neuen Lärmatlas.

Wie viele Dresdner sind dauerhaft von Lärm betroffen?

Lärmquelle Nummer eins ist der Straßenverkehr. Daher hat das sächsische Landesumweltamt im vergangenen Jahr die Belastung an stark befahrenen Hauptverkehrsstraßen neu untersuchen lassen. Außerdem ist die Zahl der Betroffenen errechnet worden, die Lärm ausgesetzt sind, der als krankmachend gilt.

Das Ergebnis: Von einem mittleren, ganztägigen Schallpegel von 65 Dezibel und mehr sind im untersuchten Gebiet knapp 42.000 Menschen betroffen - also rund sieben Prozent aller Einwohner. Schränkt man die Untersuchung nur auf die Schlafenszeit zwischen 22 und 6 Uhr ein, so sind sogar fast 52.000 Dresdner krankmachendem Lärm ausgesetzt - annähernd zehn Prozent der Einwohner. In dieser Zeit, in der der Körper zur Ruhe kommen sollte, gilt bereits ein Wert von 55 Dezibel als gesundheitlich bedenklich.

Untersucht wurden die Hauptverkehrsstraßen im Ballungsraum, auf denen im Jahr mehr als eine Million Fahrzeuge unterwegs sind. Zum Ballungsraum gehören die dicht besiedelten Stadtteile Dresdens, die Stadtteile in der Umgebung des Flughafens sowie Lockwitz. Darüber hinaus sind außerhalb dieses Gebiets alle Straßen in die Untersuchung eingeflossen, über die jährlich über drei Millionen Kfz fahren. Das sind unter anderem die Autobahnen, die B6 in Cossebaude und Weißig, die B173 in Altfranken und Gompitz sowie mehrere Staatsstraßen.

Welche Dresdner Straßen sind besonders laut?

Am flächigsten geht Lärm von der A4 aus. Betroffen sind allerdings vor allem unbesiedelte Areale, Gewerbegebiete und Kleingartenanlagen. Einiges an Krach schlucken die errichteten Schallschutzwände.

Größer ist die Betroffenheit in den innerstädtischen Gebieten links und rechts der Elbe. So werden beispielsweise an der Königsbrücker Straße im ganztägigen Mittel 75 Dezibel und mehr erreicht - nicht nur mitten auf der Straße, sondern in vier Metern Höhe an den Wohnhausfassaden. Auch auf der Hansastraße zwischen dem Neustädter Bahnhof und der Conradstraße lebt es sich alles andere als ruhig, vor allem im Sommer, wenn die Fenster geöffnet werden müssen, um die Wohnung durchzulüften.

Auf den ersten Blick wird deutlich, dass der großflächigste Lärm von der A4 ausgeht. (Tag-Abend-Nacht-Lärmindex durch Straßenverkehr)
Auf den ersten Blick wird deutlich, dass der großflächigste Lärm von der A4 ausgeht. (Tag-Abend-Nacht-Lärmindex durch Straßenverkehr) © Lärmkartierung 2022, Landeshauptstadt Dresden, stadtplan.dresden.de
Johannstadt: Gerokstraße und Blasewitzer Straße sind besonders laut.  (Tag-Abend-Nacht-Lärmindex durch Straßenverkehr)
Johannstadt: Gerokstraße und Blasewitzer Straße sind besonders laut. (Tag-Abend-Nacht-Lärmindex durch Straßenverkehr) © Lärmkartierung 2022, Landeshauptstadt Dresden, stadtplan.dresden.de
Äußere Neustadt und Leipziger Vorstadt: Viel Lila zeigen die Königsbrücker Straße und Hansastraße.  (Tag-Abend-Nacht-Lärmindex durch Straßenverkehr)
Äußere Neustadt und Leipziger Vorstadt: Viel Lila zeigen die Königsbrücker Straße und Hansastraße. (Tag-Abend-Nacht-Lärmindex durch Straßenverkehr) © Lärmkartierung 2022, Landeshauptstadt Dresden, stadtplan.dresden.de
Bühlau: Konstant laut ist es vor allem auf der Bautzner Landstraße und auf der Grundstraße.  (Tag-Abend-Nacht-Lärmindex durch Straßenverkehr)
Bühlau: Konstant laut ist es vor allem auf der Bautzner Landstraße und auf der Grundstraße. (Tag-Abend-Nacht-Lärmindex durch Straßenverkehr) © Lärmkartierung 2022, Landeshauptstadt Dresden, stadtplan.dresden.de
Südvorstadt: Die vierspurige Bergstraße produziert mit den meisten Lärm in Dresden.  (Tag-Abend-Nacht-Lärmindex durch Straßenverkehr)
Südvorstadt: Die vierspurige Bergstraße produziert mit den meisten Lärm in Dresden. (Tag-Abend-Nacht-Lärmindex durch Straßenverkehr) © Lärmkartierung 2022, Landeshauptstadt Dresden, stadtplan.dresden.de
Altstadt und Wilsdruffer Vorstadt: Pirnaischer Platz und Georgplatz sind keine Orte für einen ruhigen Spaziergang.
Altstadt und Wilsdruffer Vorstadt: Pirnaischer Platz und Georgplatz sind keine Orte für einen ruhigen Spaziergang. © Lärmkartierung 2022, Landeshauptstadt Dresden, stadtplan.dresden.de
Tolkewitz: Auch im ruhigeren Südosten Dresdens ist es laut, zum Beispiel am Altenberger Platz sowie auf Wehlener und Österreicher Straße.
Tolkewitz: Auch im ruhigeren Südosten Dresdens ist es laut, zum Beispiel am Altenberger Platz sowie auf Wehlener und Österreicher Straße. © Lärmkartierung 2022, Landeshauptstadt Dresden, stadtplan.dresden.de
Blaswitz und Loschwitz: Die beiden gegenüberliegenden Plätze Schillerplatz und Körnerplatz nehmen sich in Sachen Lärm nichts.
Blaswitz und Loschwitz: Die beiden gegenüberliegenden Plätze Schillerplatz und Körnerplatz nehmen sich in Sachen Lärm nichts. © Lärmkartierung 2022, Landeshauptstadt Dresden, stadtplan.dresden.de

Der Straßenzug Gerokstraße-Blasewitzer Straße-Loschwitzer Straße schafft es ebenfalls auf die Liste der lautesten Straßen Dresdens. Zu finden sind dort unter anderem auch die Bautzner Landstraße, die Bergstraße südlich des Fritz-Förster-Platzes bis zum Stadtende, der Pirnaische Platz, der Georgplatz und die St. Petersburger Straße, die Ammonstraße, der Altenberger Platz, aber auch die Wehlener Straße, der Schillerplatz und der Körnerplatz.

An wie vielen Schulen und Pflegeheimen ist es zu laut?

Ziel der Untersuchung war es auch herauszufinden, wie viele Schulen, Hochschulen und Universitäten sowie Krankenhäuser und Pflegeheime von dauerhaftem Lärm betroffen sind. Demnach sind 90 Schulen und 29 Gesundheitseinrichtungen einem ganztägigen, mittleren Schallpegel von mindestens 55 Dezibel ausgesetzt.

An Straßen mit 65 Dezibel und mehr liegen vier Schulen und zwei Gesundheitseinrichtungen. Immerhin werde an keiner sensiblen Einrichtung die Grenze von 75 Dezibel überschritten. Das städtische Umweltamt betont, dass es sich dabei um eine Schätzung handelt.

Welche gesundheitlichen Folgen werden befürchtet?

Schlafstörungen, Konzentrationsschwäche, Herzinfarkt: Die möglichen Folgen von Lärm sind dem Umweltamt zufolge vielfältig. Im Rahmen der Lärmkartierung haben die Experten versucht, die Zahl der Menschen zu bestimmen, die ein erhöhtes Risiko für Folgeerkrankungen haben - allein durch ihren lauten Wohnort oder Arbeitsplatz. Dabei kamen sie zu dem Schluss, dass rund 28.600 Dresdner einer dauerhaften Belästigung ausgesetzt sind, etwa 9.600 laufen Gefahr, eine Schlafstörung zu entwickeln oder schlafen bereits schlecht, und 58 Anwohner könnten Herzkrankheiten bekommen. Grundlage für die Risikoabschätzung sind WHO-Studien.

Hat die Stadt vor, etwas gegen den Lärm zu unternehmen?

Ja, teilt das Umweltamt mit. Noch in diesem Jahr soll der Masterplan Lärmminderung aktualisiert werden, er ist inzwischen mehr als fünf Jahre alt. Der Plan bildet die Grundlage für die Bemühungen der Stadt, die Lärmbelastung zu reduzieren und beinhaltet unter anderem Straßensanierungen, den Aufbau von Schallschutzwänden und Tempo-30-Abschnitte. Speziell für die Innere und Äußere Neustadt sind eigenständige Lärmaktionspläne in Kraft getreten.

Ruhiger dürfte es schon demnächst entlang der Blasewitzer und der Loschwitzer Straße werden. Seit Mai läuft die einjährige Sanierung zwischen Fetscherstraße und Berggartenstraße auf rund 1,7 Kilometern.

Auf der maroden Blasewitzer und Loschwitzer Straße hat inzwischen die Sanierung begonnen. Sie dauert voraussichtlich bis zum Frühjahr 2024.
Auf der maroden Blasewitzer und Loschwitzer Straße hat inzwischen die Sanierung begonnen. Sie dauert voraussichtlich bis zum Frühjahr 2024. © René Meinig

Etwas Geduld ist auf der Königsbrücker Straße gefragt. Die Sanierung zwischen Albertplatz und Stauffenbergallee wird frühestens 2025 beginnen. Die Stauffenbergallee selbst - zwischen Königsbrücker Straße und Hammweg mit Kopfsteinpflaster bestückt - wird schon vorher eine Asphaltdecke erhalten. Eine Zwischenlösung, denn die Fahrbahn soll nach der Sanierung der Königsbrücker ebenfalls umfassend erneuert werden.

Im Rahmen von Verkehrsversuchen sind darüber hinaus neue Tempo-30-Abschnitte geplant, etwa am Terrassenufer.

Aktuell ruft das städtische Umweltamt zur Teilnahme an einer Online-Umfrage auf, in der um die persönliche Lärmsituation im Wohnumfeld geht. Teilnehmen können alle Dresdner bis zum 4. Juli. "Die Ergebnisse helfen uns, die Planung zur Lärmminderung für Dresden voranzutreiben und schlussendlich mit zielgenauen Maßnahmen für eine höhere Lebensqualität der Menschen zu sorgen", sagt Amtsleiter Wolfgang Socher.

Wie ist die Lärmbelastung ermittelt worden?

Die Lautstärke des Verkehrs ist rechnerisch ermittelt worden. Ausgangsdaten waren die stündliche Verkehrsmenge für Pkw und Lieferwagen, mittelschwere und schwere Lkw und Busse sowie Motorräder; die zulässige Höchstgeschwindigkeit für die jeweiligen Fahrzeugklassen; die Art der Straßenoberfläche; die Steigung bzw. das Gefälle der Straße sowie der Einfluss von Ampeln und Kreisverkehren.