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Falsche Bauherrin fürs Schloss Reinsberg: Landrat will das Objekt nicht haben

Der Bauantrag fürs Reinsberger Schloss ist gestellt. Der Bürgermeister sieht das Projekt auf gutem Weg, doch im Landratsamt sorgt man sich über die künftige Nutzung.

Von Ines Mallek-Klein
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Die über 800 Jahre alte Schlossanlage wurde zuletzt als Hotel genutzt. An diese Tradition will die neue Eigentümerin auch wieder anknüpfen.
Die über 800 Jahre alte Schlossanlage wurde zuletzt als Hotel genutzt. An diese Tradition will die neue Eigentümerin auch wieder anknüpfen. © Claudia Hübschmann

Wenn der Reinsberger Bürgermeister Markus Buschkühl in sein Büro geht, kommt er unweigerlich am Schloss vorbei. Das Gemäuer ist über 800 Jahre alt, entsprechend sanierungswürdig und steht, wie nicht anders zu erwarten, unter Denkmalschutz. Doch das alles beschäftigt den Gemeindechef nicht. Kopfschmerzen bereitet ihm eher die Zukunft des Hauses. Das hat seit Sommer 2022 mit Martina Huss eine neue Eigentümerin. Ein Glücksfall für die weniger als 3.000 Einwohner zählende Gemeinde. Die hatte das Schloss erst 2019 vor der identitären Bewegung gerettet, die im Mittelsächsischen ein Tagungs- und Schulungszentrum errichten wollte. Doch ein Objekt dieser Größenordnung überfordert den Ort - vor allem finanziell.

Man suchte wieder nach Investoren. Wie genau, kann der heutige Bürgermeister Markus Buschkühl (parteilos) nicht sagen. Die Bemühungen zum Weiterverkauf lagen vor seiner 2022 begonnenen Amtszeit. Bernd Hubricht, der die Geschicke der Gemeinde über drei Jahrzehnte lenkte, könnte Auskunft geben. Tut er aber nicht. Der ehemalige CDU-Bürgermeister beruft sich auf seinen aktuellen Status als Privatmann.

Fernseherprobte Besitzerin

Erzählungen nach habe man Kaufinteressentin Huss überprüft. Nach den Erfahrungen mit den Identitären wollte man sicher gehen, dass der Schlüssel zum Schloss nicht bei den Falschen landet. Wie die Überprüfung erfolgte, ob der Verfassungsschutz involviert war oder ob es bei einer simplen Anfrage in der Google-Suchmaschine blieb? Eine bislang unbeantwortete Frage. Letzteres dürfte kaum Suchergebnisse erbracht haben. Allenfalls den Hinweis, dass Geschäftsfrau Huss mit ihrem damaligen Lebenspartner Wilhelm Wilderink das Landhaus Adlon bei Potsdam saniert und wiederbelebt hat. Der Rbb filmte die Sanierung 2014 in seiner Sendereihe "Mein Traumhaus mit Geschichte". Das Duo Wilderink und Huss ließ sich dabei bereitwillig über die Schulter schauen.

Übrigens nicht das einzige Mal, dass Kameras auf dem Anwesen am Lehnitzsee liefen. Ausschnitte der ARD-Serie "Babylon Berlin" sind hier entstanden. Für das größte Aufsehen haben aber Aufnahmen eines Correctiv-Reporters gesorgt, der Ende November 2023 ein Treffen von vermögenden Unternehmern, bekannten Neonazis, AfD-Funktionären und Mitgliedern der Werteunion auf dem Gelände gefilmt hat.

Warten auf die Baugenehmigung

Das Anwesen bei Potsdam gehört Jurist und Geschäftsmann Wilderink. Geschäftsführerin des Tagungs- und Hotelbetriebs, über den auch Familienfeiern und Hochzeiten gebucht werden können, ist Mathilda Martina Huss. Der Reinsberger Bürgermeister hat sie als Person kennengelernt, die offen agiert, nachfragt und ihre Absichten klar kommuniziert. In einer Bürgerversammlung hat sie sich im vorigen Jahr zu dem Schloss erklärt. Es soll ein Hotel mit 60 Betten entstehen, eine Tagungsstätte beherbergen und ein Café für Wanderer und Besucher. Das Objekt zu sanieren, ist eine Mammutaufgabe. Es werde deshalb auch nur abschnittsweise gehen, so die Investorin.

Sie wartet nun auf ihre Baugenehmigung, die die Untere Baubehörde des Landratsamtes Mittelsachsen erteilen muss. "Aus meiner Sicht steht der Erteilung nichts im Wege", sagt Bürgermeister Buschkühl. Huss habe das Objekt rechtmäßig erworben. Für sie gelten, unabhängig möglicher politischer Einstellungen, die gleichen Rechte wie für alle anderen Bauherren.

Einzig Verstöße gegen Denkmalauflagen wären ein Grund, die Genehmigung zu verweigern. Aber die seien unwahrscheinlich und könnten zudem geheilt werden. Es gäbe darüber hinaus auch keinerlei Rechtsmittel, ihr das Gebäude wieder wegzunehmen, wenngleich sich Bürgermeister Buschkühl von den kolportierten Inhalten des Geheimtreffens im Adlon deutlich distanziert.

Der Landrat hat Zweifel

Das tut offenbar auch Mathilda Martina Huss, die jüngst in einem Gespräch mit dem Gemeindechef bestreitet, der rechten Szene anzugehören, deren Ideen zu unterstützen oder Kontakte in diese zu unterhalten. Sie bleibt bei ihrer Botschaft: Auf dem Schloss Reinsberg entsteht eine Begegnungsstätte der Wissenschaft.

Nun ist Wissenschaft ein weit gefasster Begriff und "nicht jede Wissenschaft mag uns gefallen", so Buschkühl. Die Sorge, dass das Schloss Reinsberg zu einem Rechtentreff wird, ist dennoch da. Bürgermeister Buschkühl vertraut aber auf seine Bürger und eine gesunde Zivilgesellschaft. "Wir sind eine bunte, sehr aktive Gemeinde. Die Bürger passen schon genau auf, was hier passiert", so der Gemeindechef.

Dirk Neubauer, ehemaliger Bürgermeister von Augustusburg und jetziger Landrat des Landkreises Mittelsachsen, hat Zweifel an der Eigentümerin.
Dirk Neubauer, ehemaliger Bürgermeister von Augustusburg und jetziger Landrat des Landkreises Mittelsachsen, hat Zweifel an der Eigentümerin. © www.loesel-photographie.de

Im Landratsamt ist man nicht so entspannt. Ganz anders noch als im September 2023. Da eröffnete Landrat Dirk Neubauer den Tag des offenen Denkmals Mittelsachsen auf dem Schloss und verlieh dort auch gleich den Denkmalspreis an Claus Vogt, einen profunden Kenner des Reinsberger Anwesens.

Doch nun gibt es Zweifel, ob die Bauherrin die richtige ist. „Wenn es so ist, worauf die Recherchen in Verbindung mit der Eigentümerin hindeuten, dann wollen wir ein derartig genutztes Objekt hier nicht haben“, lässt sich Landrat Dirk Dirk.Neubauer, der lange Jahre SPD-Mitglied war und sich als Augustusburger Bürgermeister einen Namen machte, zitieren. Der Bauantrag behandelt die Schlosssanierung. Offiziell kann der Landrat die Genehmigung aus politischen Gründen wohl nicht verwehren. Nach Informationen von Sächsische.de liegen alle Unterlagen der Behörde jetzt vor. Die Behörde kann aber immer weitere Nachforderungen von Unterlagen und Gutachten stellen, was teuer ist und den Baubeginn verzögert.