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Montag ist in Meißen Ruhetag – aber es geht auch anders

Beim Gang durch die Innenstadt fällt auf, dass montags viele Geschäfte und Restaurants geschlossen sind. Die Gründe dafür sind so vielfältig wie Meißen selbst.

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Wer am Montag in der Meißner Innenstadt in einem Restaurant Mittagessen möchte, muss schon genau hinschauen. Montag ist ein beliebter Ruhetag.
Wer am Montag in der Meißner Innenstadt in einem Restaurant Mittagessen möchte, muss schon genau hinschauen. Montag ist ein beliebter Ruhetag. © Daniel Schäfer

Von Tomas Werner

Meißen. Margitta Jacobs, bereits Rentnerin, öffnet ihr Nähmaschinen- und Kurzwarengeschäft in der Marktgasse noch an drei Tagen in der Wochenmitte. Mehr Einnahmen gehen nicht, sie würde ohnehin von der Rente abgezogen. „Am Montag haben die Leute noch Essen vom Wochenende übrig. Freitags steht der Lebensmittel-Großeinkauf an. An den Tagen dazwischen bleibt dann mal Zeit, bei mir reinzuschauen“, sagt sie zur Begründung.

Nebenan hat auch Sonja Richter die Öffnungszeiten ihres Übergrößen-Fachgeschäftes für Damenmode verkürzt. Nach dem letzten Elbehochwasser und Corona wirkt sie desillusioniert: „Wozu noch?“ Bis heute habe sie an den finanziellen Folgen zu kauen. Zweimal jährlich kamen die neuen Kollektionen – und mussten später verschleudert werden. Die Hilfen hätten nicht gereicht, zumal es die nur für den Betrieb gab. „Leben musste man ja auch noch irgendwie.“

Das Feinkost-, Wein- und Spirituosengeschäft „Ernst Schumann“ in Markt-Nähe schließt montags neuerdings schon um 14 Uhr. Herr Schlieter macht die allgemeine Preis- und Lohnentwicklung dafür verantwortlich – es kämen einfach weniger Kunden. In der warmen Jahreszeit könnte das wieder besser werden.

Sehr unterschiedliche Erfahrungen

„Wir profitieren davon, dass andere montags schließen“, sagt Annette Zeika im „Weltladen“ am Markt. Peter Schaefer von der neu eröffneten „Modemanufaktur C + P“ in der Burgstraße empfängt seine Kunden von Montag bis Sonnabend – und merkt bisher keine Unterschiede im Aufkommen. „Von meinen Nachbarn habe ich zwar gehört, dass montags wenig los sei, doch bestätigen kann ich das bisher nicht.“ Der Obst- und Gemüseladen von Frau Nguyen in der Marktgasse ist auch am Montag schon frühmorgens geöffnet, weil dann frische Ware eintrifft. Leider kämen in den ersten Stunden nur wenige Leute, bedauert ihre Mitarbeiterin, und wenn, dann erstmal nur zum Schauen.

Auch hier in der Görnischen Gasse ist zu.
Auch hier in der Görnischen Gasse ist zu. © Daniel Schäfer

Lidiya Ulbrich-Wagner, Chefin von „Equivalenza Duftwelten“, hat auch deshalb am ersten Tag der Woche geschlossen, weil es so schwierig sei, wirklich gut ausgebildetes Personal zu finden. Ähnlich geht es Danny Martin mit seinem Käse-Fachgeschäft in der Fleischergasse. Für ein so spezielles Sortiment und die äußerst „filigranen Kundenwünsche“ brauche es Mitarbeiter mit ganz besonderer Eignung. Solche würden aber größere Arbeitgeber bevorzugen. Deshalb haben die Martins den Montag aufgegeben – dafür aber die täglichen Öffnungszeiten von 18 auf 19 Uhr verlängert. „Das freut vor allem die anderen Ladenbesitzer, die nach Feierabend bei uns noch einkaufen können“, ergänzt Frau Martin.

Silke Engelhorn hat ihren Geschenkeladen „Glücksfall“ in der Burgstraße offiziell dienstags geschlossen. Dann habe sie privat manchmal etwas zu erledigen. Wenn sie aber dennoch im Geschäft sei, könnten Kunden gern hereinkommen. So hält es auch Glasgraveurmeisterin Sibylle Kotte mit ihren Kernöffnungszeiten von Dienstag bis Freitag. Oft hängt sie montags ein Schildchen „geöffnet“ an die Tür. „Das bin ich den Touristen schuldig.“

Die meisten Reisenden würden von Mittwoch bis Sonnabend durch die Gassen flanieren, findet Filzerin Bettina Schieser vom „einzigartig“. Das sei natürlich auch wetterabhängig. Silke Engelhorn und Sibylle Kotte haben hingegen beobachtet, dass viele Wochenend-Besucher am Freitag an- und erst am Montag abreisten. „Am Sonntag entdecken sie etwas im Schaufenster, das sie unbedingt haben wollen, und dann kommen sie am Montag schnell noch mal vorbei.“

Restaurants widerstehen Personalmangel

Dass die Gastronomie seit der Pandemie unter Personalmangel leidet, ist kein Geheimnis. Dennoch gelingt es vielen Restaurants, ihre Öffnungszeiten stabil zu halten. „Dienstag war bei uns schon immer Ruhetag“, sagt Geschäftsführer Huth vom „St. Benno Restaurant“ am Markt. „Irgendwann muss ich auch als Chef mal einen Tag freihaben.“ Bei „Vincenz Richter“ sei der Montag auch vor Corona arbeitsfrei für die Belegschaft gewesen. Im „4 JahresZeiten“ habe man den Montag vor mindestens fünf Jahren zum Ruhetag bestimmt, im „Gasthaus Zur Altstadt“ vor etwa zwei Jahren.

Italiener hätten sich in Deutschland den Ruhetag angewöhnt, den man in der alten Heimat nicht kannte, erzählt Antonio Galli. Seine kleine Pizzeria in der Fleischergasse bleibt montags geschlossen: „Der Sonntag gehört meiner Familie, den Montag brauche ich für mich selbst. Zum Einkaufen, für Behördengänge, Steuerkram.“

Nicht alle, die montags schließen, haben dann frei. Im christlichen Begegnungscafé am Markt wird dann der Kuchen für die erste Wochenhälfte gebacken. „Perlenfischerin“ Heike Leupold gibt Workshops in Schulen, Seniorenresidenzen und Behinderteneinrichtungen. Und die drei Kunsthandwerkerinnen, die sich inmitten der Corona-Zeit zusammengeschlossen haben, stellen montags und dienstags in der Werkstatt all die schönen Dinge selbst her, die sie dann in ihrem Laden „einzigartig“ anbieten. Die Einkaufslage ist so bunt wie Meißen selbst.