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Meißen: Die Zeit ist die beste Verbündete in Sachsens einziger Sektkellerei

Eigentlich könne man aus allen Trauben Sekte machen. Winzer Henrik Weber hat sich dennoch für ganz besondere Reben entschieden.

Von Ines Mallek-Klein
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Winzer Hendrik Weber zeigt am Rüttelbrett, wie die Hefe mit Mitteln der Schwerkraft und mit viel Zeit extrahiert wird. Filter sind bei ihm tabu.
Winzer Hendrik Weber zeigt am Rüttelbrett, wie die Hefe mit Mitteln der Schwerkraft und mit viel Zeit extrahiert wird. Filter sind bei ihm tabu. © Claudia Hübschmann

Meißen. Der Hof liegt direkt am Hang. Hinter dem ehemaligen Schweinestall geht es steil in den Berg. Dort wächst auf den Granithügeln mit wenig Erde Spätburgunder, Chardonnay und Riesling. Es sind die Trauben, die sich auch in der Champagne bei der Herstellung der prickelnden Getränke bewährt haben. Hendrik Weber hat seine Sektmanufaktur Perlgut - es ist übrigens die einzige in ganz Sachsen - 2013 gegründet. Da war er 25. Den bevorstehenden Tag des Sektes am 13. Mai möchte er nutzen, um nicht nur den zehnten Geburtstag seiner Manufaktur zu feiern, sondern auch, um seinen Hof am Kapitelholzsteig 2 in Meißen seinen Gästen zu zeigen und erstmals auch die neue Vinothek zu öffnen.

Er hat den Hof schon während des Studiums gekauft und in den vergangenen Jahrzehnten schrittweise mit der Unterstützung von Freunden und der Familie saniert. "Jetzt sind wir endlich so weit, um uns zu präsentieren", so Hendrik Weber, der zunächst auf dem Meissner Weingut Proschwitz gelernt hat. Später studierte er an der Hochschule Geisenheim Weinbau und Önologie. Heute arbeitet er beim Weingut Matyas im benachbarten Coswig. Die Sektkellerei Perlgut ist ein Nebenerwerb und so soll es in den kommenden Jahren auch bleiben.

Was Sekt mit dem Vertrauen in die Zukunft zu tun hat

Hendrik Weber arbeitet größtenteils mit den Trauben von seinen eigenen Weinbergen, die 1,3 Hektar umfassen. Nur etwa zehn Prozent der Trauben stammen aus Coswig. Im Ergebnis füllt er 5.000 bis 7.000 Flaschen pro Jahr ab, die dann in der zweiten Gärung deutlich länger als die vom Gesetzgeber vorgeschriebenen neun Monate auf der Hefe liegen. "Die Hefe wird so richtig ausgelaugt und verleiht den Sekten eine ganz besondere Geschmeidigkeit", so Weber. Er ist anders als viele andere Winzer nicht am oder mit dem Weinberg aufgewachsen, musste das Handwerk also von der Pike auf neu erlernen. Und dabei war es ein Projekt rund um den Sekt, das sein Interesse auf den veredelten Wein weckte.

Was man als Sektkellermeister braucht: Vor allem Geduld und Vertrauen in die Zukunft. Denn von der Ernte der Traube bis zum Verkauf vergehen schon einmal fünf Jahre und mehr. Zum Beweis macht Hendrik Weber die Tür zu seinem Sektlager auf. Es ist ein ehemaliger Schweinestall, in Teilen in den Berg gebaut. Das sorgt dafür, dass die Temperaturen relativ konstant bleiben. Und das braucht der Wein, der in seiner zweiten Gärung zum Sekt wird. Die Flaschen liegen, Heringen gleich, in großen Transportboxen waagerecht nebeneinander. Sie sind allesamt mit einem glänzenden Kronkorken verschlossen.

Nähert sich die Reifezeit dem Ende, stellt Hendrik Weber die Flaschen auf sogenannte Rüttelbretter. Kopfüber kommen sie in die hölzernen Gestelle und werden einmal am Tag gerüttelt, also im Uhrzeigersinn quasi um eine Vierteldrehung verrückt, dabei erhöht sich auch sukzessive der Einstellwinkel, bis die Flaschen quasi kopfüber im Brett stehen. Das Ganze dient dazu, die Hefereste aus dem Sekt zu bekommen. Sie wandern in Richtung des Kronkorken und lagern sich dort ab. Am Ende des Rüttelns taucht Henrik Weber die Flaschen ins Eisbad und degorgiert die Hefe. Er entfernt den Kronkorken und das gefrorene Hefedepot schießt heraus. "Man darf nicht unterschätzen, in den Flaschen herrscht ein Druck von bis zu sechs bar", so der Winzer.

Weit mehr als ein Aperitif zum Anstoßen

Er setzt auf Handarbeit und auf die Zeit. Sie sei der beste Verbündete bei der Sektherstellung, sagt der heute 35-Jährige und steckt die Flasche zurück in das Rüttelbrett. Er setzt auf nachhaltige und umweltschonende Verarbeitung seiner Trauben. "Ich verzichte komplett auf Filtration und größtenteils auf die Schwefelung", so Weber. Am Ende überzeugten die Sekte mit einem deutlich komplexeren Aroma und einer geschmeidigeren Perlung, die der Sektexperte "Mousseux" nennt.

Das wissen auch einige Vertreter der Edelgastronomie zu schätzen, die in der Sektmanufaktur Perlgut ordern, genauso wie Fachhändler aus der Region. Und Hendrik Weber ist überzeugt, der Sekt wird vielfach unterschätzt. "Er ist weit mehr als ein Aperitif zum Anstoßen, er eignet sich auch hervorragend als Essensbegleiter", sagt der Winzer. Und das möchte er seinen Gästen an diesem Wochenende zeigen. Dafür ist er extra in seine Schatzkammer gestiegen, hat fast zehn Jahre alte Magnumflaschen herausgeholt. Sie stammen aus seinen Anfangsjahren und können ebenfalls verkostet werden. Solange der Sekt übrigens auf der Hefe liegt, sei er nahezu unbegrenzt haltbar.

Besucher sind am 13. und 14. Mai jeweils von 11 bis 18 Uhr am Kapitelholzsteig 2 in der Sektmanufaktur Perlgut in Meißen herzlich willkommen. Geplant sind Verkostungen und Führungen.