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Weine aus dem Elbland mit großen Wasservorräten und neuen Etiketten

Rauchgase der Waldbrände im vorigen Sommer konnten den 2022er-Weinen aus dem Elbland nichts anhaben. Dafür stehen die Winzer vor anderen Problemen.

Von Ines Mallek-Klein
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Das vergleichsweise nasse und kalte Frühjahr ließ die Reben recht spät austreiben. Das war ein Glücksfall, denn so konnten ihnen die Frostnächte nicht wirklich schaden.
Das vergleichsweise nasse und kalte Frühjahr ließ die Reben recht spät austreiben. Das war ein Glücksfall, denn so konnten ihnen die Frostnächte nicht wirklich schaden. © Claudia Hübschmann

Neujustierung zur Messezeit

Meißen/Coswig. Der blaue Himmel und der Sonnenschein passen zur Stimmung. Wenn Felix Hößelbarth an das Weinjahr 2023 denkt, ist er voller Zuversicht. Die letzten Monate seit November 2022 haben geholfen, dass Wasserdefizit der Vorjahre auszugleichen. Selbst im Unterboden sammeln sich wieder Reserven an. Das verheißt Gutes, für die kommende Ernte, zumal auch die Fruchtansätze vielversprechend seien, wie der Vorsitzende des Weinbauverbandes Sachsen erklärt. Und die kalten Nächte? Die kamen gerade noch rechtzeitig und haben auch nicht in allen Lagen zu Minusgraden geführt. "Wir sind, so scheint es, mit einem blauen Auge davongekommen", so Felix Hößelbarth.

Das Grün an den Hängen der Weinberge mit Blick auf die Meißner Burg zeigt sich bislang nur sehr zart. Das schützte in den letzten eisigen Nächten vor Frostschäden.
Das Grün an den Hängen der Weinberge mit Blick auf die Meißner Burg zeigt sich bislang nur sehr zart. Das schützte in den letzten eisigen Nächten vor Frostschäden. © Claudia Hübschmann

Er wird am Freitag in der Börse Coswig die diesjährige Jungweinprobe eröffnen. Aus dem sächsischen Weinanbaugebiet haben 15 Weingüter ihr Kommen zugesagt. Mehr als doppelt so viele Winzer gibt es. Es sei eine Herausforderung, sie zu einer Teilnahme an der Jungweinprobe zu motivieren, so Felix Hößelbarth. Die Branchenmesse, in der Winzer auf Gastronomen und Wiederverkäufer treffen, und die gemeinsam mit Weinbauern aus dem Anbaugebiet Saale-Unstrut veranstaltet wird, gibt es seit den 1990-er Jahren. "Wir müssen uns immer wieder neu justieren", so der Weinbauchef.

Eine wichtige Neuerung ist, dass man nicht allein die durchnummerierten Weine präsentiert und die Tester sich in Selbstbedienungsmanier die Gläser füllen. Vielmehr seien die Güter mit eigenen Ständen präsent. Dort finden die Besucher der Jungweinprobe auch immer einen Ansprechpartner vom Weingut - im Idealfall ist das der Kellermeister. Und auch für die kleinen Güter hat man eine Lösung gefunden. Für sie gibt es einen Gemeinschaftsstand, den die amtierenden Weinhoheiten im Wechsel betreuen.

Keine unerwünschten Raucharomen

Doch, was hat er nun zu bieten, der 2022-er Jahrgang. Die beste Nachricht vorweg, die tagelangen Waldbrände in der Gohrischheide und der Sächsischen Schweiz, die die Region in die Zange genommen hatten, haben offenbar keine Auswirkung auf die geschmackliche Gesamtnote. Glück im Unglück, die Feuer wüteten vor allem im Juli, also weit vor der Ernte. "Ja, es gab Tage, da hat man die Feuer aus dem Elbsandsteingebirge auch in Radebeul gerochen", so der Verbandschef. Aber das war weit vor der Ernte und hatte damit keinen Einfluss.

Andere Weinregionen in Südeuropa, im Bordeaux, in Südamerika oder der Westküste der USA hatten da offenbar weniger Glück. Ihnen bescherten die großflächigen Waldbrände die sogenannten Aschenbecherweine. Verantwortlich für den unerwünschten Rauchgeschmack sind Phenole, die in die Traube eindringen und dort mit dem Fruchtzucker eine Verbindung eingehen. In der geernteten Traube sind sie geschmacksneutral. Im späteren Gärprozess spalten die Hefen aber die Zuckerverbindungen wieder auf, die Phenole werden freigesetzt und machen den Wein ungenießbar.

Wein ist nach einer Untersuchung der Technischen Universität München deutlich stärker als andere Obstsorten von den Phenoleinlagerungen betroffen, was an Glukosestrukturen liegt, die sowohl in den Trauben als auch in den Blättern nachgewiesen werden konnten. Um das künftig zu verhindern, wird in den USA oder Australien gerade an gentechnisch veränderten Weinreben geforscht, die weniger zu Phenoleinlagerungen neigen.

Blitzernte in vier Wochen

Immerhin, der 2022-er Jahrgang war kein einfacher. Von Januar bis August war es viel zu trocken. Dann kam - ausgerechnet in der Erntezeit, der Regen. Statt acht Wochen blieben oft nur vier, um die Trauben vom Berg zu holen. Einigen Lagen ist die Feuchtigkeit gut bekommen. Dort, wo die Beeren noch recht klein waren, sogen sie sich in der Reifephase mit Feuchtigkeit voll. Das macht die 2022-er Weine zu einem besonders fruchtigen Jahrgang, so Felix Hößelbarth. Andere Winzer hatten weniger Glück. Ihre Trauben platzen, die Fäulnisgefahr stieg.

Die jungen Weine und Sekte - 150 werden es insgesamt sein - die sich am Freitag in Coswig präsentieren, sind die letzten, die in Flaschen mit herkömmlichen Etiketten abgefüllt werden. Ab Dezember dieses Jahres gelten neue Kennzeichnungspflichten, Nährwerte und Inhaltsstoffe müssen auf den Etiketten untergebracht werden. Die Winzer sind sich ihrer Verantwortung, allein es ist bis heute - ein halbes Jahr vor Inkrafttreten der Verordnung - noch nicht klar, wie die Inhaltsstoffe ausgewiesen werden sollen. Möglich wäre ein E-Label über einen QR-Code, der abgescannt werden könnte. Doch das ist laut deutschem Lebensmittelrecht nicht erlaubt.

Entsprechend verärgert sind die Weinbauern, die sich mehr Planungssicherheit wünschten, auch bei dem europäischen Plan zur Krebsbekämpfung. In diesem Zusammenhang sind Warnhinweise auf Alkoholflaschen, also auch auf dem Wein geplant. "Der Worst Case wäre eine Alkoholleber auf dem Etikett", so Felix Hößelbarth. Doch danach sieht es aktuell nicht aus. Man werde sich am Ende wohl auf dezentere Weg einigen, die auf die Suchtgefahr hinweisen.