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Nach Unfall bei Moritzburg: Wie stark verletzt ist die Elchkuh?

Nach dem Zusammenstoß eines Autos mit einer Elchkuh suchen Jäger das mutmaßlich verletzte Tier. Sie finden es zwar nicht, haben aber wichtige Erkenntnisse.

Von Jürgen Müller
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Elch im Wildgehege in Moritzburg. Eine Artgenossin wurde kürzlich bei einem Unfall in freier Wildbahn verletzt.
Elch im Wildgehege in Moritzburg. Eine Artgenossin wurde kürzlich bei einem Unfall in freier Wildbahn verletzt. © Arvid Müller/Archiv

Moritzburg. Glück im Unglück hatte eine Toyotafahrerin, die vor einigen Tagen zwischen Weinböhla und Steinbach unterwegs war. An jenem Sonntagnachmittag kam es zu einem in hiesigen Gefilden eher ungewöhnlichen Wildunfall. Ein Elch lief auf die Straße, wurde von dem Auto erfasst. Die Fahrerin blieb unverletzt, es entstand ein Schaden von 8.000 Euro an dem Auto. Der Elch flüchtete in den Wald. Doch was ist mit ihm geschehen?

"In dem Auto saßen insgesamt vier Personen. Die Familie hatte großes Glück. Normalerweise gehen Unfälle mit Elchen nicht so glimpflich ab, weder für das Fahrzeug, noch die Insassen und den Elch", sagt Christoph Egert aus Nieschütz, Jäger und Nachsuchenführer. Er wurde an jenem Sonntagnachmittag vom Kaffeetisch geholt. Revierhegemeister Jan Hering hatte ihn angerufen und gebeten, zum Unfallort zu kommen. Denn er selbst war in diesem Moment noch zu einem Besuch in Brandenburg.

Zum Glück nur Sachschaden entstand beim Zusammenstoß eines Toyotas mit einer Elchkuh am 29. Oktober 2023 nahe der Mistschänke in Moritzburg.
Zum Glück nur Sachschaden entstand beim Zusammenstoß eines Toyotas mit einer Elchkuh am 29. Oktober 2023 nahe der Mistschänke in Moritzburg. © privat
Etwa eine Stunde nach dem Unfall wurde die Elchkuh von einer Wildkamera eingefangen. Offenbar ist sie nicht schwer verletzt.
Etwa eine Stunde nach dem Unfall wurde die Elchkuh von einer Wildkamera eingefangen. Offenbar ist sie nicht schwer verletzt. © privat

Delle und Blutspur am Auto

"Wild gilt grundsätzlich als herrenlos. Kommt es zu einem Wildunfall, ist der Revierinhaber zuständig, das verletzte Tier zu finden und gegebenenfalls von seinen Leiden zu erlösen. Dazu ist er gesetzlich verpflichtet", sagt der 73-Jährige. Das gelte bei jedem Wildunfall. Da der Revierinhaber nicht zu erreichen war, machten sich er und Jan Hering auf die Suche nach dem mutmaßlich verletzten Elch. Nicht nur Dellen im Auto, sondern auch eine große Blutspur am Fahrzeug vorn rechts ließen Schlimmes vermuten.

Mit einem Suchhund suchten sie das Gelände ab. Der Hund nahm die Fährte auf, hatte auch Schweiß gefunden. "Der Suchhund bog nach rechts ab, kam an einen etwa 1,60 Meter hohen Zaun. Über diesen muss der Elch gesprungen sein. Es waren Abdrücke der Vorderläufe zu sehen", sagt er. Die beiden Jäger schlussfolgern: Der Elch hat sich keinen Vorderlauf gebrochen, sonst hätte es nicht solche Abdrücke gegeben. Auch die Hinterläufe müssen unversehrt sein. Mit gebrochenem Hinterlauf hätte er nicht so abspringen können.

Um auch auszuschließen, dass der Elch innere Verletzungen hat, machen sich am Folgetag der Revierhegemeister und Falk Brauer aus Bad Gottleuba – ebenfalls ein Nachsuchenführer – erneut mit dem Fährtenhund auf, verfolgen die Spur weitere 3,6 Kilometer. Und stellen dabei fest, dass der Elch noch einen weiteren Zaun überwunden hat. "Wir sind uns sicher, dass der Elch weder Bruchverletzungen erlitten hat noch innere Verletzungen. Solche Verletzungen können wir definitiv ausschließen. Dazu sind die Dellen im Blech zu gering", sagt der Nieschützer, der seit 14 Jahren Nachsuchenführer ist. Zudem wird der Elch später von einer Wildkamera gefilmt. Auf der kurzen Sequenz sind keine Verletzungen zu erkennen.

Christoph Egert ist überzeugt davon, dass es sich bei dem Tier um eine Elchkuh handelt. "Die Elchkuh ist schon lange hier und wahrscheinlich aus Polen eingewandert. Sie ist der einzige in der Region bekannte Elch in freier Wildbahn", sagt der gelernte Landmaschinenschlosser und diplomierte Mathematiker. Das Tier sei auch schon in Kamenz gesichtet worden.

Idealismus und Achtung vor der Kreatur

Die Nachsuche ist damit beendet. Für diese Tätigkeit bekommen die Jäger übrigens kein Geld, nicht einmal Fahrtkosten werden ihnen erstattet. "Wir machen das aus Idealismus, aus Achtung vor der Kreatur. Jäger sind eben nicht nur böse Totschießer, wie sie so oft dargestellt werden", sagt Christoph Egert.

Und dennoch ärgert ihn, dass die Arbeit so gar nicht gewürdigt wird. "Jeder Unfallverursacher hat eine Haftpflichtversicherung. Bei einem Wildunfall, bei dem immer der Autofahrer der Verursacher ist, entsteht ein Schaden für den Unfallgegner, in diesem Fall dem Revierinhaber. Diese Kosten sollten von der Haftpflicht übernommen werden", fordert er.

Gefunden haben er und seine Kollegen die Elchkuh zwar nicht, doch das ist auch eine gute Nachricht. Das Tier hat den Unfall offenbar gut und mit nur ein paar Schrammen überstanden. "Ich weiß von Elchunfällen in Polen, die dort wesentlich häufiger sind, dass oft von Elch und Auto nicht viel übrig bliebt. Es gab hier einen Glücksumstand für Fahrerin und Elch", so der Nieschützer.

Er hat noch einen dringenden Rat, was Autofahrer bei einem Wildunfall tun müssen: "Immer die Polizei anrufen. Die informiert dann auch den Revierinhaber, der sich um die Suche des verletzten Wildes oder Entsorgung eines getöteten Tieres kümmern muss." Und dann klappt's auch mit der eigenen Versicherung.