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Ein Nossener Apotheker erklärt die finanziellen Nöte der Branche

In der Adler-Apotheke hängt ein großes Plakat mit der Aufschrift „Wir sehen rot“. Zudem sind alle Mitarbeiter rot gekleidet. Was sind die Hintergründe?

Von Uta Büttner
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Die Adler-Apotheke in Nossen beteiligt sich an der bundesweiten Aktion "Wir sehen rot".
Die Adler-Apotheke in Nossen beteiligt sich an der bundesweiten Aktion "Wir sehen rot". © Adler-Apotheke

Nossen. Weniger Geld und mehr Bürokratie: „Wir sehen rot“ – unter diesem Motto machen in dieser Woche Apotheken auf ihre prekäre finanzielle Situation aufmerksam. Bert Napierkowski, Inhaber der Adler-Apotheke in Nossen, beteiligt sich auch an der Aktion und erklärt die Hintergründe.

Das größte Problem sei die nicht angemessene Honorierung der Apotheker, die für verschreibungspflichtige Arzneimittel gesetzlich über die sogenannte Arzneimittelpreisverordnung geregelt sei. Und diese machen 85 Prozent der Verkäufe aus, erläutert Napierkowski. Zuletzt angepasst sei die Honorierung vor elf Jahren. Und insbesondere mit den Kostensteigerungen in den vergangenen zwei Jahren hätten die Apotheken stark zu kämpfen, erläutert er und ergänzt, „die Rationalisierungsmöglichkeiten in den Apotheken sind ausgeschöpft.“

Zudem kämen immer mehr Regularien, „die Bearbeitungszeit für ein Rezept dauert immer länger.“ Und nicht zuletzt seien die Dokumentationspflichten für selbst hergestellte Arzneien immer umfangreicher geworden.

Mit dieser bundesweiten Aktion sollen laut des Sächsischen Apothekerverbandes die Patienten über die immer dramatischere wirtschaftliche Schieflage der Apotheken informiert werden. Seit Jahren verzeichne der Verband einen ernstzunehmenden Rückgang der Apothekenzahlen und damit zwangsläufig eine Ausdünnung der flächendeckenden Versorgung. Innerhalb der vergangenen 15 Jahre habe sich die Zahl im Freistaat um etwa zehn Prozent reduziert, auf heute 895 Apotheken.

Die vierte Protestwelle

Neben steigenden Kosten und seit 20 Jahren nahezu gleichbleibenden Festhonoraren fehle es an pharmazeutischen Fachkräften. Zudem habe die Branche mit anhaltenden Lieferengpässen zu kämpfen. Unter diesen Bedingungen könne eine flächendeckende Versorgung vor Ort bald nicht mehr gewährleistet werden, warnt der Verband. So schreibe jede zehnte Apotheke in Sachsen bereits rote Zahlen, weitere 30 Prozent würden als gefährdet gelten.

Die bisher veröffentlichten Pläne des Bundesgesundheitsministeriums zu einer geplanten Apothekenreform würden laut des Sächsischen Apothekerverbandes die derzeitige Lage massiv verschlechtern, anstatt die Arzneimittelversorgung durch wohnortnahe Apotheken zu sichern. Die Aktionswoche ist die mittlerweile vierte Protestwelle der wohnortnahen Apotheken. Bereits im Juni, Oktober und November vergangenen Jahres kam es zu eintägigen Schließungen von Apotheken, um auf die wirtschaftlich prekäre Lage hinzuweisen.

Um Patienten und Kunden auf die finanzielle Notlage aufmerksam zu machen, verteile auch die Adler-Apotheke Informationsflyer. Darauf wird zudem um die Teilnahme an einer Umfrage gebeten, um zu erfahren, wie wichtig den Menschen eine Apotheke vor Ort ist. Mit dem Bewertungsergebnis hoffen die Apotheker auf zusätzliche Argumente für die Politik, sagt Bert Napierkowski.