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Nach Wohnungsbrand in Meißen: Maria gibt nicht auf

Vier Katzen tot, das Wohnzimmer Totalschaden, die Zukunft ungewiss. Eine junge Meißnerin rappelt sich nach einem Wohnungsbrand wieder auf.

Von Andre Schramm
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Maria Zieger auf der Gustav-Graf-Straße in Meißen, unweit ihrer Mietwohnung. Am 30. November hatte es dort gebrannt.
Maria Zieger auf der Gustav-Graf-Straße in Meißen, unweit ihrer Mietwohnung. Am 30. November hatte es dort gebrannt. © André Schramm

Meißen. An den Morgen des 30. November erinnert sich Maria Zieger noch genau." Ich bin zeitig los auf Arbeit", erzählt die 25-Jährige. Ihre fünf Katzen bekamen noch Leckerlis, dann fiel die Wohnungstür ins Schloss.

Es war gegen halb zehn auf der anderen Seite der Stadt, als sie einen Anruf erhielt. Es war ein Anruf, auf den niemand wartet. "Ihre Wohnung brennt. Es ist sehr schlimm", soll der Hausverwalter am Telefon zu ihr gesagt haben. "Mein erster Gedanke war: die Katzen. Hoffentlich ist denen nichts passiert", sagt Maria Zieger. Ihre Chefin bekam das mit, sagte alle Termine ab und fuhr die junge Frau nach Hause auf die Gustav-Graf-Straße.

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"Die Katzen gerufen, aber keine kam"

"Die Straße war abgesperrt, überall standen Löschfahrzeuge, Einsatzkräfte rannten rum", erinnert sich Maria Zieger. Der Qualm hatte sich zu diesem Zeitpunkt schon verzogen. "Von außen hat man vom Schaden nicht sehr viel gesehen. Die Fenster waren verrußt und teilweise auch durch die Hitze zersprungen", sagt sie. Und die Katzen? "Ich habe vor der Wohnung gestanden und alle Namen gerufen, doch niemand kam angerannt", sagt sie.

Irgendwann steuerte ein Feuerwehrmann auf die junge Frau zu. Auf seinem Arm lag Isis. Im Einsatzbericht der Meißner Feuerwehr tauchte an demselben Tag noch ein Bild der Katze auf, wie sie auf dem Armaturenbrett eines Löschfahrzeuges sitzt. Die anderen vier Tiere hatten nicht so viel Glück. Sie konnten nur noch tot geborgen werden. Über ein Tierbestattungsunternehmen wurden sie inzwischen in der Tierkörperbeseitigungsanlage in Lenz eingeäschert. Für Maria ein wahnsinniger Verlust.

Blick ins Wohnzimmer. Nur ein alter Tisch von ihrer Oma hat das Feuer überlebt.
Blick ins Wohnzimmer. Nur ein alter Tisch von ihrer Oma hat das Feuer überlebt. © privat

Isis – der Name stammt von einer ägyptischen Göttin – hatte den Brand wie durch ein Wunder völlig unbeschadet überstanden. Auch der Tierarzt konnte keinerlei Folgen des Rauchs feststellen. Dabei wütete das Feuer ordentlich. Vom Wohnzimmer ist nur noch der alte Tisch von Oma übrig. In den anderen Räumen hat vor allem der Rauch großen Schaden angerichtet. "Es gibt mit Ausnahme der Katzen nichts, was sich nicht ersetzen lässt. Ehrlich gesagt sind mir materielle Dinge nicht so wichtig. Vieles in meiner Wohnung war secondhand. Vielleicht kann ich die Möbel aus dem Schlafzimmer noch retten", erzählt Maria. In der Stube befand sich auch ihr Büro. Es ist unwahrscheinlich, dass ihr Rechner den Brand und die Löscharbeiten schadlos überstanden hat.

Maria hat sich vor knapp fünf Jahren selbstständig gemacht. Nebenbei arbeitet sie noch im Minijob in einer Praxis am Empfang. Als Ergotherapeutin besucht sie ihre Patienten zu Hause. "Der Bedarf ist riesig. Die Hausbesuchs-Wartelisten sind überall voll", erzählt sie. Hinzu käme, dass sich viele ältere Menschen nicht mehr raus getrauten oder eben gesundheitlich nicht in der Lage seien, um in die Praxis zu gehen. Diesen Job erledigt sie mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. "Abenteuerlich, aber es funktioniert", erklärt sie. Den Führerschein hat sie während Corona angefangen. Weil die Fahrschulen schließen mussten, war irgendwann die Theorieprüfung verfallen.

Gleich wieder arbeiten gegangen

Nach der Katastrophe hatte sie sich einen Tag frei genommen. Am zweiten Tag stand die ausgebildete Ergotherapeutin bei ihren Patienten schon wieder auf der Matte. "Du musst in diesem Job aufgrund des Rezeptes zehn Wochen in Vorleistung gehen. Hinzu kommen vier Wochen Bearbeitungszeit – bis du Geld bekommst. Eine Lücke macht sich da nicht so gut, in der jetzigen Lage schon gar nicht", erklärt sie. Zwei Wochen sind seit dem Brand vergangen. Die Mietwohnung ist seither unbewohnbar und darf nur mit Schutzanzug betreten werden. Grund sind die gesundheitsschädlichen Dämpfe. Maria kam bei ihren Großeltern im Meißner Umland unter. Die Schadensermittler der Gebäudeversicherung waren auch schon da.

Die Mietwohnung in der Gustav-Graf-Straße befindet sich im Erdgeschoss. Sie muss umfassend saniert werden.
Die Mietwohnung in der Gustav-Graf-Straße befindet sich im Erdgeschoss. Sie muss umfassend saniert werden. © privat

Die Brandursache ist noch nicht geklärt. "Vermutlich Kabelbrand", erzählt die Mieterin. Die Brandermittler hätten eine Verteilerdose mitgenommen, fügt sie noch hinzu. Die Last, die an der Dose steckte, sei aber nicht zu groß gewesen, habe man ihr gesagt. Vorwürfe von ihren Nachbarn oder vom Vermieter habe es nicht gegeben. Im Gegenteil. "Sie haben mir Mut gemacht, mich unterstützt oder ihre Hilfe angeboten", erzählt Maria. Auch die Familie stehe hinter ihr. Ihr Hausverwalter hält sie fast täglich auf dem Laufenden.

Maria hat schon immer ein Herz für Tiere. Isis kam beispielsweise in ihre Obhut, als im Tierheim alle Plätze belegt waren. Eine andere Katze nahm sie, weil die Freundin unter einer Katzenhaar-Allergie litt. "Zwei meiner Katzen waren gerade in der Ausbildung zu Therapiekatzen", sagt sie traurig. Auf die Idee kam sie, als sie ihren dementen Opa mit den Tieren spielen sah.

Der Hausverwalter hat ihr eine Ersatzwohnung ein paar Straßen weiter besorgt. Die Brandwohnung soll saniert werden. Zurück will Maria nicht mehr. Zu schlimm sind die Erinnerungen an den 30. November. "Davon abgesehen: Ruhig schlafen könnte ich dort wahrscheinlich auch nicht mehr", sagt sie.