SZ + Leben und Stil
Merken

Hohe Nebenkosten-Nachzahlungen belasten viele Mieter in Sachsen

Bei den Mietervereinen häufen sich Beschwerden über Betriebskosten. Jurist Florian Bau erklärt, was Mieter jetzt prüfen sollten und was Hilfe kostet.

Von Andreas Rentsch
 7 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Kein Einzelfall: Konrad Jäkel und Thyra Friedrich aus Dresden sollen Betriebskosten im hohen dreistelligen Bereich an die Vonovia nachzahlen.
Kein Einzelfall: Konrad Jäkel und Thyra Friedrich aus Dresden sollen Betriebskosten im hohen dreistelligen Bereich an die Vonovia nachzahlen. © Foto: SZ/Veit Hengst

Thyra Friedrich und Konrad Jäkel aus Dresden haben unerfreuliche Post von der Vonovia bekommen: Für die Zeit von Oktober 2021 bis September 2022 soll das Paar 743,65 Euro Betriebskosten nachzahlen. Mit den geänderten Vorauszahlungen steigt ihre Monatsmiete um mehr als 100 Euro. Solche und noch krassere Fälle landeten derzeit bei den hiesigen Mietervereinen, sagt Florian Bau vom sächsischen Mieterbund im Interview mit Sächsische.de.

Herr Bau, die Mietervereine haben Anfang dieses Jahres vor einem Nebenkosten-Hammer gewarnt. Wie stark hat er bisher zugeschlagen?

Es ist eingetreten, was zu erwarten war. Die schlechten Nachrichten kommen scheibchenweise, weil ja jeder Mieter seine Nebenkostenabrechnung zu einem anderen Zeitpunkt bekommt. Das verzerrt die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit. Wir haben Betroffene, die jetzt mit Nachzahlungsforderungen von häufig um die 500 Euro, aber auch mal über 1.000 Euro zu uns kommen.

Florian Bau ist Jurist und Sprecher des Mieterbundes Sachsen.
Florian Bau ist Jurist und Sprecher des Mieterbundes Sachsen. © Christian Juppe

Wie kommen diese Summen zustande?

Nehmen wir das Beispiel von Großvermietern, die ein krummes Abrechnungsjahr haben, das von Oktober 2021 bis September 2022 reicht und wo das Haus Fernwärme bezieht. Hier hilft Mietern im konkreten Zeitraum die sogenannte Dezemberhilfe, oft auch als „Einmalzahlung Wärme“ bezeichnet, gar nichts. Denn abgerechnet wird ja wie gesagt nur bis Ende September. Was die Fernwärme betrifft, waren die Preise schon vorher mit zehn bis zwölf Cent pro Kilowattstunde recht hoch. Jetzt haben wir aber häufig 17 bis 20 Cent. Das trifft viele Mieter hart. Dazu kommt, dass manche Vermieter relativ spät reagiert und die Vorauszahlungen erst im Dezember noch einmal angepasst haben. Das hilft den Betroffenen auch nicht mehr.

Wie haben sich neben den Heiz- und Warmwasserkosten die anderen Betriebskostenpositionen entwickelt?

Unauffällig. Natürlich steigen auch die Kosten für den Hausmeister oder für Versicherungen. Winterdienstkosten sind dagegen teilweise leicht gesunken.

Welches Feedback kommt von anderen Mietervereinen in Sachsen?

Es gibt Vermieter, die schon fürs ganze Kalenderjahr 2022 abgerechnet haben. Dort sehen wir dieselben Probleme der massiv gestiegenen Brennstoffkosten. Einige Vermieter haben versucht, Vorauszahlungen früher zu erhöhen, damit der Kostenhammer jetzt nicht so heftig zuschlägt. Aber das ist die Ausnahme.

Es gilt also, bei der Prüfung der Abrechnung besonders auf die Heiz- und Warmwasserkosten zu schauen?

Es ist eine der größten Positionen, da lohnt es sich am meisten. Andererseits: Wenn wir jetzt eine Abrechnung sehen, in der für Fernwärme 18 Cent pro Kilowattstunde umgelegt werden, brauchen wir keine Belegeinsicht zu fordern. Diese Summen gibt es bei allen Vermietern. Da können Mietervereine wenig ändern. Natürlich ist es aber ratsam, eine Abrechnung mit hoher Nachzahlung genau zu prüfen. Denn Vermieter machen nicht alles richtig. Nehmen wir nur die vielen Gesetzesänderungen. Da unterstelle ich nicht mal bösen Willen. Für private Vermieter ist es quasi unmöglich, ohne juristische Ausbildung Heizkostenabrechnungen korrekt zu erstellen.

Was ist alles neu im Gesetz?

Zum Beispiel muss bei einer Abrechnung fürs Kalenderjahr 2022 die eingangs erwähnte Dezemberhilfe richtig reingerechnet werden. Es muss auch dargestellt werden, dass die Hilfe berücksichtigt wurde. Oder ein anderes Beispiel: Seit 2022 muss monatlich eine Verbrauchsinformation an die Mieter geschickt werden, wenn fernablesbare Erfassungsgeräte vorhanden sind. Passiert das nicht, darf der Mieter die Heiz- und gegebenenfalls Warmwasserkosten um drei Prozent kürzen.

Warum wurde das Versenden dieser Information versäumt?

Weil es die Vermieter nicht organisieren konnten. Oder weil ein Messdienstleister, der hier in der Region ein großer Anbieter ist, Probleme hatte.

Nach welchen Fehlern suchen Sie noch?

Abrechnungen mit hohen Nachzahlungen sind häufig verknüpft mit einer erneuten Erhöhung der Vorauszahlung. Hier sehen wir uns genau an, ob sich ein Vermieter nicht „zu stark bedient“ beziehungsweise ob er berücksichtigt, dass die Kosten jetzt nicht weiter steigen. Das nächste Problem wird die Härtefallregelung für Vermieter, die „nicht leitungsgebundene Energieträger“ wie Öl, Flüssiggas, Holz oder Pellets beziehen.