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Schloss Moritzburg wie zu Augusts Zeiten erleben

Ein moderner Tablet-Guide erweckt die historischen Säle zum Leben. Wer sich darauf einlässt, hat viel zu entdecken.

Von Sven Görner
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Ein rauschendes Fest auf Schloss Moritzburg im Jahr 1728. Dank des neuen HistoPads können die Museumsbesucher jetzt fast hautnah dabei sein.
Ein rauschendes Fest auf Schloss Moritzburg im Jahr 1728. Dank des neuen HistoPads können die Museumsbesucher jetzt fast hautnah dabei sein. © Arvid Müller

Moritzburg. Wie ging es eigentlich zu in den prächtigen Räumen des einstigen Jagdschlosses der Wettiner, wenn August der Starke dort vor fast 300 Jahren mit seinen Gästen rauschende Feste feierte? Wer bisher das Museum im Schloss Moritzburg besuchte, brauchte schon reichlich Fantasie und auch eine ordentliche Portion Wissen über die damalige Zeit, um sich das vorstellen zu können.

Seit der Wiedereröffnung nach dem Lockdown können nun alle Besucher - vom Enkel bis zum Opa, gern auch gemeinsam - auf eine recht realistische und unterhaltsame Zeitreise gehen und dabei hautnah in die Geschichte eintauchen. Möglich macht das ein sogenanntes HistoPad - ein moderner Tablet-Guide.

Dank einer Spielart von Augmented Reality kann man wie durch ein Fenster in die Schlossräume des Jahres 1728 schauen. Sechs aufwendig digital rekonstruierte Szenen und viele weitere interaktive Erlebnisse lassen die Feier lebendig werden, die dort im November des Jahres stattfand.

„Eine wichtige Basis waren die detaillierten Reise- und Festbeschreibungen von 1728, die sich im Dresdner Hauptstaatsarchiv erhalten haben“, sagt Annekathrin Hermann, Projektleiterin bei den Staatlichen Schlössern, Burgen und Gärten Sachsens (SBG) für die Einführung des HistoPads im Schloss Moritzburg. Eingeflossen seien aber auch zeitgenössische Bildwerke, Ausstattungsgegenstände verschiedener sächsischer Museumssammlungen sowie Forschungsarbeiten von Moritzburger und weiteren Wissenschaftlern.

Das zweite Schloss in Deutschland

Moritzburg ist nach der Albrechtsburg Meißen - wo ein Tablet-Guide bereits im vergangenen Jahr mit großem Zuspruch eingeführt wurde - nach Auskunft von SBG das zweite Schloss in Deutschland, das mit HistoPads ausgestattet wurde. Es ist dabei erneut ein Gemeinschaftsprodukt vom Schlösserland Sachsen und der französischen Firma Histovery. Diese hatte das Konzept zuvor bereits in zahlreichen Schlössern in Frankreich erfolgreich umgesetzt.

Derzeit, so war am Donnerstag bei einer Präsentation zu erfahren, werde an einem HistoPad für Notre Dame gearbeitet. Schloss Moritzburg befindet sich also in bester Gesellschaft.

Das handliche Gerät ist übrigens sehr einfach und intuitiv zu bedienen. Man muss es nur über die in den ausgewählten Schlossräumen stehenden kleinen Stelen halten, um das Bild darauf - das Zeittor - zu scannen. Danach hält man das HistoPad auf Augenhöhe in den Raum - und schon ist man mittendrin im Geschehen. Tippt man kleine Punkte an, öffnen sich Schriftfelder mit zusätzlichen Informationen. Für Sehschwache gibt es übrigens die Möglichkeit, dass diese vorgelesen werden.

Und Menschen mit eingeschränkter Mobilität können sich das Gerät so einstellen lassen, dass sie nicht jeden Raum im Schloss aufsuchen müssen, sondern auch ohne Scannen des Zeittors alle Informationen erhalten.

Inhalt wird regelmäßig ergänzt

Das HistoPad ermöglicht an einigen Stellen aber auch Blicke in Nebenräume oder per Drohnenflug nach draußen in die Kulturlandschaft, ist diese doch eng mit dem Schloss verbunden.

Neben dem Fest im Jahr 1728 gibt es einen Zeitsprung ins Jahr 1741 zu Augusts Sohn und Nachfolger.

Die letzte Szene entführt die Besucher schließlich ins Jahr 1945. Prinz Ernst Heinrich, der letzte Wettiner auf Schloss Moritzburg, flüchtet mit seinen Söhnen vor der heranrückenden Roten Armee nach Sigmaringen. Natürlich fehlt hier auch nicht der Verweis auf den Wettiner-Schatz.

Vielleicht schon im nächsten Jahr soll es zu diesem Kapitel der Schlossgeschichte weitere Informationen im HistoPad geben, verrät Annekathrin Hermann. „Denn das Schöne an diesem digitalen Produkt ist, dass neue Erkenntnisse und auch das Feedback des Publikums eingearbeitet werden können.“ Das, so ist es mit den Franzosen vereinbart, wird in regelmäßigen Abständen passieren. „Das weckt Lust, wiederzukommen.“

Und noch einen Vorteil hat das neue Gerät, von dem es im Schloss 200 gibt. Bis auf die kleinen Sockel für die Zeittore gibt es für die Besucher in den Museumsräumen keine Veränderung. Der traditionelle Schlossbesuch ist also weiter möglich. Auch die bisherigen Audioguides gibt es weiter. Jetzt sogar, wie das HistoPad, ohne zusätzliche Kosten. Dafür wurde der Eintritt von acht auf zehn Euro erhöht. Trotz der modernen Technik ist zudem geplant, die Texttafeln in den Museumsräumen zu überarbeiten und etwas zeitgemäßer zu gestalten.