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Was Corona für die Hebammen bedeutet

Werdende Eltern haben jetzt noch mehr Fragen als sonst. Und das ist nicht die einzige Herausforderung, weiß Mandy Preusche aus Bautzen.

Von Franziska Springer
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Werdende Eltern haben viele Fragen - besonders in Zeiten der Krise. Mit Atemschutz erklärt Hebamme Mandy Preusche in Bautzen einer werdenden Mutter den Geburtsvorgang.
Werdende Eltern haben viele Fragen - besonders in Zeiten der Krise. Mit Atemschutz erklärt Hebamme Mandy Preusche in Bautzen einer werdenden Mutter den Geburtsvorgang. © SZ/Uwe Soeder

Bautzen. Keine zwei Wochen mehr, dann steht für die werdende Mutter, die am Donnerstagmorgen in die Hebammenpraxis von Mandy Preusche gekommen ist, der Geburtstermin ihres ersten Kindes ins Haus. "Es kann jetzt jederzeit so weit sein", sagt Mandy Preusche mit gelassener Stimme, als sie die Größe des ungeborenen Lebens erfährt.

Die 31-jährige Schwangere hat bereits leichte Wehen. "Die letzte Nacht war Horror", sagt sie und folgt Preusche nach nebenan, um sich von der freiberuflichen Hebamme an das CTG anschließen zu lassen. Das schickt kurz darauf die ruhigen Herztöne des Babys in den Raum.

So ruhig wie das Kind in ihrem Bauch ist die werdende Mutter längst nicht: "Natürlich verstärkt der Virus die Angst", sagt die junge Frau mit dem roten Schopf. Ihre größte Sorge: Die Geburt ohne ihren Partner durchstehen zu müssen. 

Väter im Kreißsaal verboten

Die Entscheidung darüber, wer in den Kreißsaal darf, liegt in der Hoheit der Kliniken. Um das Personal zu schützen, hätten zahlreiche Krankenhäuser die Anwesenheit von Vätern inzwischen untersagt, sagt Stephanie Hahn-Schaffarczyk, Vorsitzende des Sächsischen Hebammenverbandes. Es komme daher vermehrt zu Anfragen nach Haus- oder ambulanten Geburten, bestätigt Mandy Preusche. Das aber berge Gefahren für Mutter und Kind - und Mehrarbeit für die Hebammen.

Die Regelungen des Klinikums in Bautzen kommen den Bedürfnissen der jungen Familien und ihrer Geburtshelferinnen entgegen. Hier darf eine Vertrauensperson im Kreißsaal weiterhin anwesend sein. Die junge Mutter, die ihre Entbindung in den Oberlausitz-Kliniken plant, nimmt die Nachricht erleichtert auf.

Auch Hebamme Mandy Preusche findet die Entscheidung richtig: "Die Anwesenheit eines Vertrauten ist für eine Frau unter der Geburt enorm wichtig. Außerdem entlastet sie die Hebamme. Der Partner kann dabei helfen, die Frau zu massieren und zu stützen. Es ist daher sogar so, dass die Abwesenheit des Partners die Ansteckungsgefahr für die Hebamme noch verschärft."

Doch natürlich können werdende Väter die Verantwortung für das junge Leben nicht allein übernehmen. Auch die Vor- und Nachsorge gehört zum Arbeitsalltag der Geburtshelferin - zumal jetzt, da Geburtsvorbereitungskurse und Rückbildungsgymnastik in der bisherigen Form kaum noch angeboten werden. "Damit konnte man mehreren Frauen wichtige Informationen gleichzeitig vermitteln. Das fällt jetzt weg", sagt Mandy Preusche, die stattdessen vermehrt auf individuelle Beratung setzt.

Viele ihrer Kolleginnen bieten inzwischen Online-Kurse an. Diese würden gut angenommen, sagt Stephanie Hahn-Schaffarczyk, aber: "Das setzt natürlich eine gute Internetverbindung voraus. Leider brechen die Netze jetzt häufig zusammen."

Persönlicher Besuch unerlässlich

Diese Erfahrung hat auch Mandy Preusche gemacht, sie verzichtet daher ganz auf Telefonsprechstunden. Zumal diese den Hausbesuch nicht ersetzen würden. Sie erklärt: "Persönliche Besuche gerade am Wochenbett sind unerlässlich. Aus der Ferne kann man nicht alles klären. Eine Gelbsucht beim Neugeborenen wird so schnell übersehen. Einen Milchstau kann ich nicht per Telefon beheben."

Angst mache den Schwangeren auch die Gefahr einer Infektion, sagt Stephanie Hahn-Schaffarczyk, in deren Verband sich sachsenweit etwa 800 Hebammen, davon 53 aus dem Landkreis Bautzen, organisiert haben. "Es gibt ja keine Studien darüber, welche Folgen das Coronavirus für Schwangere oder Neugeborene hat. Das sorgt für Unsicherheit", sagt sie und spricht damit auch die größte Sorge der Hebammen an.

Schutzanzüge fehlen

Bislang, sagt sie, habe es im Landkreis Bautzen noch keinen Fall einer infizierten Schwangeren gegeben. "Aber wenn das passiert, haben wir ein richtiges Problem. Wir haben keine Schutzanzüge. Mit dieser Sorge werden wir allein gelassen." 

Im Falle einer Infektion von Schwangerer oder Neugeborenem sind die Hebammen angehalten, den Hausbesuch bei der betroffenen Familie auf den letzten Termin vor Feierabend zu legen. "Das ist eine nette Theorie. Aber manchmal kann die Frau eben nicht so lange warten", sagt Mandy Preusche.

Sie wünscht sich zwar, dass durch die Aufmerksamkeit während der Krise oft geäußerte Wünsche der Hebammen - etwa nach einer 1:1-Betreuung für werdende Mütter unter der Geburt -  mehr Chancen auf Realisierung bekommen. Wirklich Hoffnung hat sie aber nicht: "Ich denke, wenn das alles vorbei ist, kehren wir schnell wieder zur Normalität zurück." Ihr Tipp für alle werdenden Eltern: "Lassen Sie sich nicht verrückt machen und freuen Sie sich trotz alledem auf Ihr Kind!"

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