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A 4: Angst vor der Tunnelsanierung

Die Anwohner an den Ausweichstrecken durch Nieder Seifersdorf und Kodersdorf befürchten Laster-Kolonnen. Wie kommen sie noch zum nächsten Edeka-Markt?

Von Frank-Uwe Michel
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In diesem Jahr wird der Autobahntunnel für die Sanierung vorbereitet, im nächsten Jahr gehen die Arbeiten richtig los. Das sorgt bei manchen Anwohnern für Ängste.
In diesem Jahr wird der Autobahntunnel für die Sanierung vorbereitet, im nächsten Jahr gehen die Arbeiten richtig los. Das sorgt bei manchen Anwohnern für Ängste. © André Schulze

Die Anwohner verfolgen das Geschehen rund um die drei Jahre dauernde Sanierung des Autobahntunnels "Königshainer Berge" sehr aufmerksam. Je näher der Beginn heranrückt, desto größer werden offenbar die Befürchtungen entlang der Umleitungsstrecken in Nieder Seifersdorf und Kodersdorf. Zwar hat die Autobahn GmbH angekündigt, der Verkehr werde gegenläufig durch die jeweils andere Röhre geleitet.

Doch dass die Arbeiten völlig reibungslos und vor allem störungsfrei ablaufen, glauben nur die wenigsten. Vielmehr gehen die Anwohner davon aus, dass die Beeinträchtigungen erheblich ansteigen werden. Schon ab Mittwoch dieser Woche werden die Standpunkte beider Seiten vor die nächste Probe gestellt: Bis zum 16. Juli ist dann jeweils eine Röhre wegen Bauarbeiten gesperrt.

Maria Nixdorf, die mit ihrer Familie in einem Gehöft nur wenige hundert Meter entfernt von der Anschlussstelle Nieder Seifersdorf wohnt, hat sich mit einem schriftlichen Hilferuf an die Gemeinde, den Landkreis und das Sächsische Wirtschaftsministerium gewandt. Ihr Anliegen: ein Tempolimit auf der S122 in der gesamten Ortsdurchfahrt. "Wir sind vor ein paar Wochen in den Genuss gekommen, einen Blitzer auf der Hauptstraße zu haben", führt sie in ihrem Schreiben aus. Ergebnis: Die Fahrzeuge seien alle wie vorgeschrieben 70 km/h oder sogar noch langsamer gefahren. Dies bedeute nicht nur eine Entschleunigung des Verkehrs, sondern reduziere auch die Lärmbelastung und erhöhe die Sicherheit der Fußgänger.

Olaf Nixdorf, Volker Nitsche und Maria Nixdorf (von links) fühlen sich ein Stück weit alleingelassen mit ihren Sorgen um die Auswirkungen des gestiegenen Verkehrs in Nieder Seifersdorf.
Olaf Nixdorf, Volker Nitsche und Maria Nixdorf (von links) fühlen sich ein Stück weit alleingelassen mit ihren Sorgen um die Auswirkungen des gestiegenen Verkehrs in Nieder Seifersdorf. © André Schulze

Allerdings sind auch 70 Sachen nach Ansicht der Anwohner viel zu viel. Für Kinder, ältere Menschen, aber auch Zeitungsausträger und Postboten sei dies "eine Zumutung", schreibt Maria Nixdorf in ihrem Brief. Vor allem bei Tunnelsperrungen sei es "lebensgefährlich" und "zum Teil fast unmöglich", zu Fuß über die Straße zu gelangen. Sie führt aber auch das Problem Bushaltestellen an. "Unsere elfjährige Tochter ist schon paarmal gerannt, um Lkw noch rechtzeitig auszuweichen." Überwege oder Verkehrsinseln gebe es leider nicht.

Die Hauptforderung von Maria Nixdorf, ihrem Mann Olaf und anderen Anwohnern wie Volker Nitsche ist deshalb, die Geschwindigkeit auf der S122 auf 50 km/h zu reduzieren. Dies würde nicht nur die Lärmbelastung mindern, sondern auch die Reaktionszeit für Fahrer verlängern, falls Personen nicht rechtzeitig über die Straße kämen.

Bei einem Treff mit Vertretern der angeschriebenen Behörden kamen alle genannten Probleme auf den Tisch. Argumente wie "diese 70 besteht hier schon immer" oder "das ist eine Strecke, die als Umgehungsstraße angelegt wurde" wollten die Nieder Seifersdorfer dabei nicht gelten lassen. Volker Nitsche: "Es stimmt wohl, dass die Straße in den 1970er-Jahren zur Entlastung des Dorfkerns gebaut wurde. Aber die Zeiten haben sich geändert. Die Belastungen damals und heute sind überhaupt nicht miteinander zu vergleichen."

Auf Bitten der S122-Anwohner in Nieder Seifersdorf wurde jetzt an der Hauptstraße ein Verkehrszähler angebracht. Er soll Daten über den tatsächlichen Verkehrsfluss liefern.
Auf Bitten der S122-Anwohner in Nieder Seifersdorf wurde jetzt an der Hauptstraße ein Verkehrszähler angebracht. Er soll Daten über den tatsächlichen Verkehrsfluss liefern. © André Schulze

Um das zu prüfen, will der Landkreis die tatsächlichen Daten zu Rate ziehen. Am Montag brachte Gotthard Gaertner vom Ordnungsamt in Höhe der Bushaltestelle am Ortseingang aus Richtung Autobahn einen Verkehrszähler an. Ein zweites Gerät wurde weiter in Richtung Niesky in Baarsdorf installiert. Nach Auskunft der Straßenverkehrsbehörde, die das veranlasst hat, sollen damit Vergleichsdaten gewonnen werden. Denn die beiden Geräte registrieren Durchfahrten sowohl während der nun folgenden Tunnelsperrung als auch in den Tagen danach.

Gezählt werden alle Fahrzeuge, deren Länge, Geschwindigkeit und Richtung. Damit können sie den Kategorien Pkw, kleine und große Lkw zugeordnet werden. Da es auch Zahlen von vor zwei und drei Jahren gibt, lässt sich eine eventuelle Zunahme des Verkehrs mit und ohne Tunnelsperrung eindeutig belegen. Maria und Olaf Nixdorf: "Wir sind froh, dass jetzt endlich etwas passiert. Und hoffen, dass die Ergebnisse zu den richtigen Schlüssen führen."

In Kodersdorf sieht man mit Sorge der Tunnelsanierung entgegen. Vor allem das gefahrlose Passieren der B115 im Bereich des Edeka-Marktes wird gefordert.
In Kodersdorf sieht man mit Sorge der Tunnelsanierung entgegen. Vor allem das gefahrlose Passieren der B115 im Bereich des Edeka-Marktes wird gefordert. © André Schulze

Ähnliche Überlegungen wie in Nieder Seifersdorf haben SZ-Veröffentlichungen über die bevorstehende Sanierung des Autobahntunnels auch auf Kodersdorfer Seite hervorgebracht. Hier hat Karin Pietsch an das Landesamt für Straßenbau und Verkehr (Lasuv), an die Autobahn GmbH, den Landkreis und ihre eigene Gemeinde geschrieben. In ihrem Brief weist die besorgte Anwohnerin auf die Gefahren durch erhöhtes Schwerlastaufkommen auf der B115 hin. Sie glaubt nicht, dass der Fahrzeugfluss bis Ende 2025 völlig störungsfrei nur durch eine Tunnelröhre läuft. Stau sei programmiert, schreibt sie. 40 Prozent der täglich etwa 30.000 Fahrzeuge seien Lkw.

Bei der Tunnelsanierung dürfe keinesfalls nur an die Bauarbeiten gedacht werden, mahnt die Kodersdorferin - "sondern auch daran, was es für die Autofahrer und betroffenen Anwohner der Umleitungsstrecke bedeutet." Und sie verweist auf die Geschehnisse aus dem Jahre 2013. Damals hatte es im Tunnel einen schlimmen Brandunfall gegeben. Während der sich anschließenden Reparatur führte der Verkehr rund ein Vierteljahr durch Kodersdorf. "Besonders für Fußgänger und Radfahrer war die Überquerung der Straße höchst riskant." Karin Pietsch fordert deshalb unmissverständlich, dass vor Beginn der Sanierungsarbeiten "ein geschützter Übergang von der Schulstraße beziehungsweise dem Rad- und Fußweg zum Edeka-Markt" geschaffen wird.