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"Lautstarke rechtsradikale" Musik ruft Polizei auf den Plan

In Biehain bei Niesky rückt die Polizei am Pfingstwochenende zweimal an. Doch wer waren die Teilnehmer? Und wem gehört das Gelände? Erste Ermittlungsansätze gibt es bereits.

Von Frank-Uwe Michel
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Zurückgeblieben von der Rechten-Party am Wochenende im Wald bei Biehain sind nur ein paar verkohlte Holzreste.
Zurückgeblieben von der Rechten-Party am Wochenende im Wald bei Biehain sind nur ein paar verkohlte Holzreste. © André Schulze

Am Pfingstwochenende wurde offenbar auf einem Gelände zwischen Horka und Biehain Musik mit möglicherweise verbotenen Texten gespielt. Der Staatsschutz hat die Ermittlungen aufgenommen.

Konkret geht es dabei um ein Areal, das sich laut Bürgermeister Christian Nitschke gegenüber dem Gelände des Vereins Erholungsgebiet Biehainer Seen befinden soll. Dort habe es zu DDR-Zeiten ein Kinderferienlager gegeben. Die Gebäude seien inzwischen längst abgerissen worden. Die Flächen gingen nach Angaben des Horkaer Gemeindechefs an die damaligen Dachziegelwerke Kodersdorf über. Das Unternehmen habe sie später aber wieder abgegeben. Wem das Gelände heute gehört, ist unklar. Laut Nitschke ist der Verwaltungsverband Weißer Schöps/Neiße, zu dem Horka mit dem Ortsteil Biehain gehört, momentan dabei, dies zu ermitteln. Möglicherweise gebe es mehrere Eigentümer.

Nach Angaben des Horkaer Bürgermeisters gab es bereits am Freitag vor dem Pfingstwochenende Ruhestörung. Er selbst habe dann am Sonnabend Beschwerden aus der Bevölkerung bekommen und diese an die Polizei weitergeleitet. Dabei sei es um "lautstarke rechtsradikale Musik" gegangen. Ort und Zeit bestätigt auch Biehains Ortsvorsteher Jörg Koltermann, der ebenfalls entsprechende Anrufe erhielt. Zudem habe sich ein Polizeibeamter bei ihm gemeldet und ihn dazu befragt. Angeblich hätten sich Campinggäste vom Erholungsgebiet am Waldsee über die Ruhestörung beschwert. In Biehain selbst sei von der Musik nichts zu hören gewesen.

Truppe trifft sich seit Jahren an dieser Stelle

Wie Koltermann erfahren hat, soll es sich bei den Partygästen um eine Truppe handeln, die sich auf dem bewussten Gelände zu Pfingsten schon seit 20 Jahren trifft. Er höre davon jedoch zum ersten Mal, so der Ortsvorsteher.

Patricia Vernhold, Sprecherin des Sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz, reagiert nur kurz auf eine Anfrage der SZ. Bei der Ruhestörung im Wald bei Biehain habe es sich nicht um ein Live-Konzert rechter Bands gehandelt. Der Staatsschutz habe die Ermittlungen deshalb an die Polizeidirektion Görlitz weitergeleitet. Dort muss nun geprüft werden, ob tatsächlich Musik mit möglicherweise verbotenen Texten abgespielt wurde. Die Polizei kann erst am Mittwoch auf Anfragen von Sächsische.de reagieren. Fest steht unterdessen nur, dass sich zwölf Deutsche im Alter zwischen 31 und 61 Jahren auf dem Gelände befanden. Die Beamten erstatteten Anzeige wegen des Verstoßes gegen das Verbot des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen – zunächst gegen Unbekannt.

Dass das Spielen rechter Musik nichts Neues wäre, zeigt ein Blick in die Vergangenheit. Immer wieder war die Region um Niesky mit Rechtsrock-Konzerten negativ aufgefallen. Jahrelang war Mücka Treffpunkt für die Szene. Im Rothenburger Ortsteil Geheege gab es in der Gaststätte "Zur deutschen Eiche" regelmäßig Konzerte "mit dumpfen Klängen, verwoben mit feindseligen Textpassagen", wie Bürgermeisterin Heike Böhm das dortige Geschehen schon einmal in der SZ beschrieb. Mittlerweile befindet sich das Objekt in städtischem Besitz und soll voraussichtlich noch in diesem Jahr abgerissen werden.

In Sachsen höchste Zahl an rechten Konzerten

Regelmäßig war auch Ostritz Veranstaltungsort für rechte Konzerte und zog damit bundesweit die Szene an. Nach Angaben von Dirk-Martin Christian, Präsident des sächsischen Verfassungsschutzes, gibt es in keinem Bundesland so viele Konzerte der rechtsextremen Szene wie in Sachsen. 2021 waren das neun Konzerte und 16 andere Veranstaltungen. 29 Bands und Einzelinterpreten mit rechtsradikalem Hintergrund waren im vergangenen Jahr im Freistaat aktiv.