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Wie der Ministerpräsident zu einer Weihnachtsgans aus Markersdorf kommt

Am ersten Weihnachtsfeiertag feiert Michael Kretschmer im großen Familienkreis. Mit seiner Schwiegermutter liefert sich der Ministerpräsident ein Küchenduell. Wer macht die beste Gans, heißt es dann.

Von Steffen Gerhardt
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Juliane und ihr Bruder Christoph Zachmann zeigen  Ministerpräsident Michael Kretschmer eine große Auswahl an geschlachteten Gänsen und Enten auf ihrem Bauernhof in Markersdorf.
Juliane und ihr Bruder Christoph Zachmann zeigen Ministerpräsident Michael Kretschmer eine große Auswahl an geschlachteten Gänsen und Enten auf ihrem Bauernhof in Markersdorf. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Michael Kretschmer gibt sich keiner Illusion hin, das Küchenduell im Zubereiten des Weihnachtsbratens wird auch in diesem Jahr wieder zugunsten seiner Schwiegermutter ausgehen. "Schon allein, um den Familienfrieden zu wahren", sagt der Ministerpräsident augenzwinkernd.

Die Jury ist die eigene Familie, mit 15 Personen rechnet der 48-Jährige, die am großen Mittagstisch in seinem Umgebindehaus in Waltersdorf Platz nehmen werden. Zwei knusprig braun gebratene Gänse zieren am ersten Weihnachtsfeiertag die eingedeckte Tafel. Die Vögel hat er zusammen mit seiner Schwiegermama zuvor im Küchenherd zubereitet. So wie jedes Jahr zu den Festtagen - und doch ist es in diesem Jahr etwas anders.

Gänsebraten ist Tradition

Es ist für den CDU-Politiker Brauch, die Weihnachtsgans vom Züchter André Noack vom Hofgut Kaltenbach im Thiendorfer Ortsteil Welxande zu holen. Am Montag war er dort, nahm aber nur eine geschlachtete Gans mit. Die andere wartete nackt, kopflos und in einen Plastikbeutel gesteckt in Markersdorf auf dem Bauernhof Zachmann. Auf der Bestellliste, die am Freitag zügig abgearbeitet wurde, war nur "MP Kretschmer" mit einer Gans vermerkt. Auch dieser Name wurde gestrichen, nachdem Kunde Kretschmer die Gans in der Hand hielt und bezahlt hatte.

Der Ministerpräsident hatte Glück. In der Mittagsstunde flaute der Ansturm ab. Markersdorf hat er sich ausgesucht, weil das benachbarte Holtendorf der Heimatort seiner Großeltern ist. "Und als Kind war ich auf Zachmanns Hof bestimmt schon einmal."

"Seit früh geben sich die Kunden die Klinke in die Hand, müssen zum Teil warten, bis sie drankommen", berichtet Christoph Zachmann am Freitag. Er hat den Hof mit der Enten- und Gänsezucht 2020 von seinem Vater Helmut Zachmann übernommen. "Der 22. Dezember ist immer der stressigste Tag für uns alle, denn da geht der Großteil unseres Geflügels an die Kunden raus."

500 Enten und 600 Gänse

Eineinhalb Wochen mit Schlachten liegen jetzt hinter Christoph Zachmann, seinen zehn festangestellten Mitarbeitern und einer Handvoll Saisonkräfte. Immerhin umfasst die Zucht in diesem Jahr 500 Enten und 600 Gänse, die als eintägige Küken im Frühjahr auf den Hof kamen. Eine Anzahl, die seit Jahren festen Bestand hat. Herr Zachmann verweist auf die Freilandhaltung, nur nachts kommen die Tiere in den Stall. "Schon wegen des Fuchses", wie er sagt. Der Wolf hat sich an seinen Enten und Gänsen noch nicht vergangen, weil sie geschützt untergebracht sind - und vielleicht verdirbt das Federkleid dem Wolf den Appetit.

Bevor Michael Kretschmer sich für eine drei Kilogramm schwere Gans entschied, wollte er von den Zachmanns wissen, wie sie als Bauern zu den Sparplänen der Bundesregierung stehen, insbesondere, was die Landwirte betrifft, die dagegen jetzt protestieren. "Es ist zu viel, was uns Landwirten abverlangt wird", bringt es der Hofinhaber auf den Punkt. Die zum Jahresende fest eingeplanten EU-Fördergelder kommen erst im nächsten Jahr, weil Sachsen ein Softwareproblem bei der Auszahlung hat. Den vergünstigten Agrardiesel will die Bundesregierung nicht mehr gewähren und die Steuerfreiheit für Fahrzeuge der Landwirtschaft abschaffen.

Bevor Michael Kretschmer seine Weihnachtsgans in Markersdorf kaufte, übergibt er am Freitag als Ministerpräsident Weihnachtsgeschenke des CDU-Kreisverbandes an Görlitzer Einrichtungen. Im Foto an Constance Funk, Geschäftsführerin der Lebenshilfe Görlitz,
Bevor Michael Kretschmer seine Weihnachtsgans in Markersdorf kaufte, übergibt er am Freitag als Ministerpräsident Weihnachtsgeschenke des CDU-Kreisverbandes an Görlitzer Einrichtungen. Im Foto an Constance Funk, Geschäftsführerin der Lebenshilfe Görlitz, © Paul Glaser/glaserfotografie.de

An der Seite der Landwirte

In Euro umgerechnet, müssten Zachmanns eine fünfstellige Summe im unteren Bereich im Jahr aufwenden, um die Mehrkosten zu decken, sagten sie dem Ministerpräsidenten. Zehn Traktoren mit 100 bis 330 Pferdestärken, drei Mähdrescher, zwei Kartoffelerntemaschinen und einiges mehr gehören zum Zachmannschen Fuhrpark.

Michael Kretschmer versicherte Zachmanns "an ihrer Seite, an der Seite der Landwirte zu stehen". Deutschland hat mit die teuerste Landwirtschaft in Europa. Mit dem Wegfall dieser Subventionen würde sich die Marktlage für deutsche Landwirte weiter verschlechtern. "Sie müssten die Mehrkosten auf ihre Produkte umlegen und betroffen davon sind wir alle", erklärte Kretschmer. Ebenso, dass er sich dafür einsetzt, dass diese Ankündigungen rückgängig gemacht werden und keine Traktoren mehr nach Berlin und an die Autobahn fahren müssen.

Die Markersdorfer Gans bekommt seine Schwiegermutter in die Bratpfanne gelegt, sagt Michael Kretschmer beim Verlassen des Hofes. Für Zachmanns dürfte damit der Sieger beim diesjährigen Gänsebratenduell bei Kretschmers bereits feststehen. Mal sehen, ob sich die Familie auch so entscheidet.