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Stadt will Holzbauzentrum nach Niesky holen

Mit dem Wachsmannhaus ist ein wichtiger Schritt getan. Das Zentrum würde Anreiz für die Holzindustrie sein, sich regional anzusiedeln.

Von Steffen Gerhardt
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Wie der berühmte Wachsmann-Knoten funktioniert, zeigt Museumsmitarbeiterin Claudia Wieltsch im Wachsmannhaus. Dieser Knoten verbindet Holzelemente ohne Nägel und Schrauben.
Wie der berühmte Wachsmann-Knoten funktioniert, zeigt Museumsmitarbeiterin Claudia Wieltsch im Wachsmannhaus. Dieser Knoten verbindet Holzelemente ohne Nägel und Schrauben. © Archiv/André Schulze

Die Stadt Niesky bekundet ihr Interesse an einem sächsischen Holzbaukompetenzzentrum und würde dieses gern in Niesky sehen. Das geht aus einem drei Seiten umfassenden Schreiben hervor, dem der Stadtrat am Montag seine Zustimmung gegeben hat. Denn die Voraussetzungen für ein solches Zentrum, das den Holzbau im Freistaat fördert, hat Niesky.

Oberbürgermeisterin Beate Hoffman sagte, dass die Stadt dem Projekt offen gegenübersteht und aufgrund der historischen Entwicklung des Holzbaus in Niesky die Stadt der geeignete Standort wäre. Die Stadt würde das Kompetenzzentrum unterstützen und hofft auf entsprechendes Gehör bei den Entscheidern in Dresden. Ein erster Schritt dazu ist die Interessenbekundung gegenüber dem Vorhaben.

Ganze Siedlungen aus Holzhäusern

In Niesky hat das Bauen mit Holz eine lange Tradition, heißt es in dem Schreiben. Bereits in den 1920er-Jahren galt die Stadt als Zentrum des modernen Holzbaus. Hier hatte zur damaligen Zeit Europas größte Holzbaufirma ihren Sitz: die Christoph & Unmack AG. Spezialisiert auf Fertigteilhäuser aus Holz vom Fließband. Noch heute prägen die Musterhaus- und Werksiedlungen, die von C&U zwischen 1918 und 1940 in Niesky gebaut wurden, das Stadtbild. Die Hauseigentümer pflegen die Holzhäuser mit großer Sorgfalt, die nicht nur Anziehungspunkt beim jährlichen Nieskyer Holzhauslauf sind.

Diese Tradition wird heute besonders durch die beiden Museen der Stadt nicht nur wachgehalten, sondern auch fortgesetzt. Das Konrad-Wachsmann-Haus an der Bautzener Straße ist inzwischen nicht mehr nur ein Haus für Ausstellungen und Veranstaltungen. Hier wird auch geforscht in Sachen Holzbau. Beigetragen hat dazu das Forum Konrad-Wachsmann-Haus, gegründet im Oktober 2014. Es bietet Interessierten Information, Austausch und das Erlebnis Holzhausbau. Der Ritterschlag wäre, wenn das Wachsmannhaus Bestandteil des Holzhauskompetenzzentrums werden würde.

Zusammenarbeit mit Hochschulen

Dass das Wachsmannhaus zu einem Fachmuseum "Historischer Holzbau" geworden ist, dazu hat auch die Zusammenarbeit mit Hochschulen und Universitäten beigetragen. Zu nennen sind die Hochschule Zittau/Görlitz, die BTU Cottbus, die TU Dresden und TU Berlin sowie die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, die auf naturwissenschaftlichem und technischem Gebiet lehrt und forscht. Dazu kommt das Einrichten einer Service- und Kontaktstelle für Fachbüros und Holzhausbesitzer. Nicht zu vergessen, die Zusammenarbeit mit dem Bund Deutscher Architekten, der seit 2014 in Niesky den Konrad-Wachsmann-Studienpreis an Architekturstudenten verleiht.

Im Ansiedeln dieses Kompetenzzentrums sieht die Stadt gute Chancen, die Zahl der Industriearbeitsplätze zu erhöhen. Denn der Holzbau lebt in der Nieskyer Region. Zimmereien und Tischlereien beherrschen ihr Handwerk auch im Hinblick auf das Restaurieren. Zudem gibt es mit der Wilhelm Nusser Systembau GmbH in Dauban einen langjährigen Hersteller industrieller Holzhäuser und in Kodersdorf ein großes Sägewerk, das mit einbezogen werden könnte.

Noch anderer Bewerber

Ob diese Argumente die Staatsregierung überzeugen, das Holzbauzentrum in Niesky zu etablieren, wird sich zeigen. Eine Fürsprecherin auf Landesebene hat Niesky bereits. Die Lausitzer Abgeordnete der Linksfraktion Antonia Mertsching forderte bereits im Dezember, das Holzbauzentrum in Niesky aufzubauen. "Ein solches Vorhaben würde dem Anspruch dienen, Forschung und Entwicklung in der Region anzusiedeln, um jungen Menschen eine gute Ausbildung und Studium in einer zukunftsträchtigen und nachhaltigen Industrie zu ermöglichen", argumentiert die Abgeordnete. Hinzu kommt, dass die Region hinsichtlich des Holzbaus so etwas wie eine Offenlandausstellung bietet und zudem ausreichend Möglichkeiten hat, um aufzuforsten.

Eine Auswahl oder gar Entscheidung ist noch nicht getroffen, sagt Thomas Schmidt als Minister für Regionalentwicklung. An ihn haben die Nieskyer inzwischen ihre Interessenbekundung geschickt. Aber auch andere Orte haben Ambitionen auf so ein Zentrum: Eibenstock, Tharandt und der Südraum von Leipzig. Vorausgegangen ist dem ein Beschluss des sächsischen Landtages im Dezember, den Holzbau in Sachsen zu stärken, unter anderem mit einem Kompetenzzentrum. Es soll den in Sachsen vorhandenen Holzbau zusammenführen und vernetzen.


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