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Warum eine Bus-Haltestelle so teuer wie ein Einfamilienhaus ist

In Kodersdorf soll beispielhaft für den ganzen Kreis Görlitz eine "Lausitz-Haltestelle" entstehen mit Schließfächern, W-Lan-Anschluss und Ladesäule für E-Bikes. Aber hat die Gemeinde nicht andere Sorgen?

Von Steffen Gerhardt
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Die Bushaltestelle an der Oberschule in Kodersdorf soll  bis Ende 2025 digital aufgerüstet werden - für nachhaltige Mobilitätsangebote und ihrer Vernetzung.
Die Bushaltestelle an der Oberschule in Kodersdorf soll bis Ende 2025 digital aufgerüstet werden - für nachhaltige Mobilitätsangebote und ihrer Vernetzung. © André Schulze

Kodersdorf möchte die modernste Bushaltestelle im Kreis Görlitz haben. Eine, die dem Fahrgast nicht nur ein Dach über dem Kopf und einen Sitz unter dem Hintern bietet. Aber so eine vernetzte Haltestelle kostet viel Geld.

Diese "Lausitz-Haltestelle" soll in Kodersdorf als erster Pilotstandort im Kreis Görlitz umgesetzt werden. Dazu ist die Oberschule als Standort ausgewählt worden, weil dort die am höchsten frequentierte Haltestelle in der Gemeinde ist. Barrierefrei und mit einer digitalen Infostele versehen, soll sie auch W-LAN, Schließfächer, Platz für Fahrräder und eine Ladesäule für Elektrofahrräder bieten. Das alles zu einem Preis von 217.000 Euro. Wie Bürgermeister René Schöne erläuterte, sind in dieser Summe auch 40.000 Euro für die Planung und die gleiche Summe für eine Personalstelle vorgesehen. Denn es braucht dazu jemanden, der alles am Laufen hält und Informationen aktualisiert.

Auch wenn die Umsetzung auf zwei Jahre gestreckt ist, bevor die multifunktionale Haltestelle ihren Dienst aufnimmt, heißt das für die Gemeinde, rund 76.000 Euro selbst beizusteuern. Dieses Jahr sollen es 14.000 Euro sein, im nächsten 75.950 Euro. "Das ist viel Geld für unsere Gemeinde", sagte Christian Höhne (Wählervereinigung), das seiner Meinung nach an anderer Stelle dringender gebraucht wird.

Mehr Platz an der Oberschule

Der Meinung schließt sich auch Nicole Schieber (WV) an, denn die Gemeinderätin sieht ein ganz anderes Problem vor der Schule. Für vier Schulbusse und zahlreiche "Elterntaxen" - besonders am Morgen - ist der Platz an der Schulturnhalle viel zu klein. Dem ist sich auch der Bürgermeister bewusst und will dieses Problem lösen. Aber um Platz schaffen zu können, müssen einige der aus DDR-Zeit stammenden Garagen abgebaut werden. Dazu bedarf es zum einen der Zustimmung der Nutzer, zum anderen würden sich die Kosten mehr als verdoppeln. Und ob ein größerer Wendeplatz der Gemeinde gefördert wird, sei fraglich.

Hinzu kommt, dass eine weitere Haltestelle zum Sorgenkind geworden ist. Es handelt sich um die am Gemeindeamt in Richtung Görlitz. Besonders in Zeiten der Sperrung des Autobahntunnels rollt der Verkehr in Kolonne von der A4 auch durch Kodersdorf. Der Busfahrer muss an solchen Tagen mitunter einige Minuten warten, bevor er wieder auf die B 115 auffahren kann, weil Haltestelle und Bundesstraße durch einen Grünstreifen voneinander getrennt sind. Würde an dieser Stelle nur eine Haltebucht sein, käme der Bus wieder schneller in den fließenden Verkehr. Aber dazu müsste auch an dieser Stelle umgebaut werden.

Zwei Haltestellen im Industriegebiet

Lange Zeit hat Kodersdorf darum gekämpft, dass das Industriegebiet der Gemeinde an den Personennahverkehr mit angeschlossen wird. Rund 1.600 Menschen arbeiten in den Firmen und Unternehmen und nicht wenige würden lieber mit dem Bus als im Auto auf die Arbeit fahren. Mit dem neuen Taktfahrplan wurde das vor einem Jahr möglich, zwei Haltepunkte sind provisorisch eingerichtet.

Seitdem hat die Gemeinde aber die Pflicht, zwei barrierefreie Haltestellen zu schaffen, so wie es der Gesetzgeber verlangt. Wie Bürgermeister Schöne den Gemeinderat informierte, liegt die Kostenschätzung für beide Haltestellen bei 275.000 Euro. Die Planung hat die Gemeinde in Auftrag gegeben, die Finanzierung soll über zwei Jahre laufen. Zwar gibt es Zuschüsse aus dem Regelfördersatz des ÖPNV und vom Verkehrsverbund Zvon, aber am Ende bleiben Kosten für die Gemeinde nicht nur für den Bau, auch in der Pflege und Wartung der Haltestellen.

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Besonders wird das an der "Lausitz-Haltestelle" deutlich werden, da dort einige Komponenten mehr zu warten sind. Wird sie nun in Kodersdorf gebaut werden? Der Gemeinderat war in der Entscheidung gespalten. Das zeigte die Abstimmung: Sechs Räte stimmten für das Projekt, vier dagegen und zwei enthielten sich. Letztendlich war es ein knappes Ja für diese digitale Haltestelle unter der Voraussetzung, dass die Fördermittel fließen.