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Kuriose Geschichte: Fußball-Zwillinge in Pirna - und das gleich doppelt

In Copitz sind sie längst bekannt: Die Keller- und die Pietsch-Zwillinge. Nun wirbeln sie in der Landesliga mit. Und mit den Eickstädts war in der Vorsaison noch ein drittes Zwillings-Paar beim VfL am Ball.

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Der eine ist Fan vom FC Barcelona, der andere von Real Madrid: Max (l.) und Moritz Keller.
Der eine ist Fan vom FC Barcelona, der andere von Real Madrid: Max (l.) und Moritz Keller. © STEFFEN MANIG

Von Ronny Zimmermann und Jürgen Schwarz

Pirna. Mit dem Abpfiff reckten sie die Faust nach oben und jubelten. Der Schweiß klebte an ihrem Trikot, Grasflecken zierten Hose und Stutzen. Max Keller, der in der Startelf begann, und Moritz Keller, der in der 86. Minute in die Partie kam, war es jeweils anzusehen, dass sie alles gegeben hatten, um mit Fußball-Landesligist VfL Pirna-Copitz einen 4:1-Sieg gegen den Radebeuler BC zu erreichen. Drei Wochen ist der Rückrundenstart inzwischen her. Doch für die beiden 20-Jährigen fühlt es sich noch immer besonders an – was vor allem mit ihrem Nachnamen zusammenhängt.

Max und Moritz sind Zwillinge, die "Keller-Zwillinge", wie es beim VfL heißt. Seit Januar kicken beide für Pirna in der Landesliga. Der Sieg gegen Radebeul war ihr erster gemeinsamer Einsatz für die Lila-Weißen. Während es immer mal wieder Brüderpaare in der sechsthöchsten Spielklasse gibt, sind Zwillinge definitiv eine Seltenheit – noch dazu im gleichen Team.

Nicht alles doppelt sich bei den Kellers

"Wir haben seit klein auf zusammengespielt", sagt Moritz, der Einwechsler: "Mit sechs Jahren sind wir das erste Mal im Verein gewesen, auch unser Vater hat früher gekickt." Die Liebe zum Fußball, quasi vererbt an beide Kinder. Viele Jahre spielen sie im Nachwuchs des FC Oberlausitz Neugersdorf, reifen in der Saison 2023/24 zum Stammpersonal in dessen Oberliga-Team. Trotz ihres jungen Alters können sie so eine gewisse Erfahrung in Pirnas Mannschaft einbringen. Was zeichnet sie aus?

Beide wissen, wie sie eine Defensive zusammenhalten, verteidigen, und auch mal nach vorne Akzente setzen. Die Unterschiede? "Moritz ist technisch noch etwas besser als ich, diese Fähigkeit hätte ich gerne von ihm", sagt Max über seinen Zwillingsbruder. Jener revanchiert sich prompt: "Von Max würde ich seine Athletik wählen, da ist er echt spitze." Das sind längst nicht die einzigen Unterschiede.

Es wird privat. Beide verfolgen gerne den spanischen Fußball. Moritz hält zu Real Madrid, Max ist Fan vom FC Barcelona. Ausgerechnet die beiden spanischen Erzrivalen haben sie sich ausgewählt. "Das sorgt zwar für die eine oder andere Diskussion, ist jedoch auch ganz interessant", sagt Moritz. Zudem studieren sie in verschiedene Richtungen, besuchten unterschiedliche Schulen, haben dadurch auch nicht die gleichen Freundeskreise. So sehr sie zusammenhalten, so wichtig ist auch, dass sich nicht alles doppelt.

"Man weiß genau, was er kann und wie er denkt"

In Pirna-Copitz haben sie sich schnell eingelebt. Das Team von VfL-Trainer Jens Wagner setzt auf Talente und junge Spieler, da passen die Keller-Zwillinge bestens herein. Zumal sie kurioserweise nicht einmal die einzigen Zwillinge im Klub sind: Aus dem Nachwuchs gehören seit dieser Saison auch die 20 Jahre alten Fred und Karl Pietsch zum Kader. Die Eigengewächse – sie begannen einst beim SV Birkwitz-Pratzschwitz und kamen in der D-Jugend zum VfL – sollen schrittweise an die Landesliga herangeführt werden, daher sammeln sie parallel auch Spielpraxis in der Zweiten Männer-Mannschaft, die in der Kreisliga antritt.

"Es ist generell ein tolles Gefühl, mit seinem Zwillingsbruder auf dem Platz zu stehen", sagt Fred. Karl stimmt sofort zu: "Man hat somit immer einen Mitspieler auf dem Feld, von dem man genau weiß, was er kann, wie er denkt und wie man ihn in Szene setzt." Gemeinsam haben die Pietsch-Zwillinge schon einen beachtlichen Fußball-Erfolg erreicht: Mit den A-Junioren sicherten sie sich im vergangenen Jahr die Landesliga-Vizemeisterschaft, landeten in der Finalrunde vor Vereinen wie dem 1. FC Lok Leipzig, dem VFC Plauen und der BSG Chemie Leipzig. "Das letzte Spiel, als wir 5:2 gegen Chemie Leipzig gewannen, ist definitiv noch in besonderer Erinnerung", erklärt Karl, der als Einwechsler traf, während Fred 90 Minuten lang durchspielte.

Copitz-Coach: "Schon eine verrückte Geschichte"

Irgendwann wollen Fred und Karl auch im Herrenbereich ankommen. "Man versucht, diesem Ziel erst einmal alles unterzuordnen und sich persönlich nochmal weiterzuentwickeln", sagt Fred. Man müsse viel schneller im Kopf sein. Teils treffen sie auf Gegenspieler, die schon in der Regionalliga oder Oberliga gekickt haben. "Da kann man unfassbar viel lernen", sagt Karl. "Es macht einfach Spaß – erst recht, wenn man der Mannschaft auch mal auf dem Platz helfen kann." Und mit der Zeit wird auch Jens Wagner Fortschritte machen, denn der VfL-Trainer gibt mit einem Schmunzeln zu: "Ich kann den Karl und den Fred immer noch nicht auseinanderhalten."

Fast hätte Wagner sogar noch ein drittes Zwillingspaar unter seinen Fittichen gehabt: Oskar und Clemens Eickstädt. In der Vorsaison waren die 21 Jahre alten Zwillinge, die 2016 nach Pirna kamen, in der Sachsenliga noch gemeinsam für den VfL am Ball. Während Oskar immer noch zum Copitz-Kader gehört, hat Clemens aufgrund seines Studiums in Berlin eine Wettkampfpause eingelegt, ist aber noch beim VfL gemeldet. "Verrückt, ich bin jetzt seit mehr als 25 Jahren als Trainer tätig, hatte aber noch nie Zwillinge in einer Mannschaft", sagt der 54 Jahre alte Jens Wagner. "Und jetzt gibt es sie im Doppelpack, fast sogar im Dreierpack hier in Pirna. Das ist schon eine verrückte Geschichte."

Am Wochenende stehen in der 6. Liga lediglich zwei Nachholspiele an. Für die SG Motor Wilsdruff geht es am 16. März mit der Heimpartie gegen den FC 1910 Lößnitz weiter. Die Pirnaer VfL-Fußballer gastieren einen Tag später beim FV 06 Laubegast und treffen im Dresdner Osten auf ihren langjährigen Spieler und Trainer Frank Paulus. Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte.