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OB-Wahl in Pirna: Wird aus dem Dreikampf eher ein Duell?

Professor Hans Vorländer von der TU Dresden sieht im zweiten Wahlgang Vorteile für die CDU-Kandidatin – sofern mehrere Umstände zusammenspielen.

Von Thomas Möckel
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Professor Hans Vorländer zur OB-Wahl in Pirna: "Sieger wird, wer jetzt auf den letzten Metern den meisten Wind macht."
Professor Hans Vorländer zur OB-Wahl in Pirna: "Sieger wird, wer jetzt auf den letzten Metern den meisten Wind macht." © Matthias Rietschel

Trotz des Umstandes, dass im zweiten Wahlgang der Pirnaer Oberbürgermeisterwahl am 17. Dezember mit Kathrin Dollinger-Knuth (CDU), Tim Lochner (für die AfD) und Ralf Thiele (Freie Wähler) drei Kandidaten antreten, könnte es am Ende dennoch auf einen Zweikampf zwischen Dollinger-Knuth und Lochner hinauslaufen – mit leichten Vorteilen für die CDU-Frau. Zu dieser Einschätzung kommt Professor Hans Vorländer, Politikwissenschaftler an der TU Dresden, Direktor des Zentrums für Verfassungs- und Demokratieforschung sowie Direktor des Mercator Forum Migration und Demokratie.

Die Analyse des Politologen basiert auf dem Ergebnis des ersten Wahlgangs am 26. November sowie auf einer Analyse der neu geschmiedeten Bündnisse und damit möglicherweise einhergehender Stimmenzuwächse, sofern einige Umstände eintreten, die derzeit zum Teil aber noch schwer zu prognostizieren sind.

Im Rennen bei der zweiten Runde der OB-Wahl in Pirna, im Bild von links nach rechts: Ralf Thiele (Freie Wähler), Kathrin Dollinger-Knuth (CDU) und Tim Lochner (für die AfD).
Im Rennen bei der zweiten Runde der OB-Wahl in Pirna, im Bild von links nach rechts: Ralf Thiele (Freie Wähler), Kathrin Dollinger-Knuth (CDU) und Tim Lochner (für die AfD). © Daniel Förster

Dass die AfD im ersten Wahlgang die meisten Stimmen bekommt, sagt Vorländer, sei in dieser Form und in dieser Höhe zu erwarten gewesen. Ihr Kandidat erhielt 32,9 Prozent der abgegebenen Stimmen. Allerdings dürfte die AfD mit dem Ergebnis eher unzufrieden sein, möglicherweise habe sie sich mehr erhofft. Laut des Professors lasse sich begründet vermuten, dass die AfD offensichtlich das Kalkül hatte, ihr Stimmenpotenzial auszureizen und zudem Stimmen des in Pirna bekannten Kandidaten Tim Lochner dazuzubekommen.

Klares Bekenntnis gegen Rechtsextremismus

Dann wäre ein Ergebnis von deutlich über 30 Prozent und auch über dem Ergebnis von Lochner aus dem Jahr 2017 möglich gewesen. Lochner war bei der OB-Wahl vor sieben Jahren als parteiloser Einzelkandidat angetreten und hatte damals 32,9 Prozent der Stimmen bekommen – prozentual identisch mit dem Ergebnis des ersten Wahlgangs 2023. Somit sei diese Rechnung der AfD nicht aufgegangen. Angesichts dessen lasse sich nach Aussage des Politikwissenschaftlers nun spekulieren, dass wohl auch im zweiten Wahlgang kein anderes Ergebnis zu erwarten sei. Begründete Prognosen dahingehend ließen sich aber derzeit nicht stellen, weil die Motivation der Wähler nicht ausreichend bekannt sei.

Demgegenüber sei nach Aussage von Vorländer die CDU-Kandidatin Kathrin Dollinger-Knuth im ersten Wahlgang wohl unter Wert geblieben, was die breite Unterstützung zeige, die sie jetzt erfahre. Die Christdemokratin wird für den zweiten Wahlgang von der SPD, von Bündnis 90/Die Grünen, von den Linken sowie dem Einzelkandidaten André Liebscher unterstützt, Liebscher sowie der Kandidat von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, Ralf Wätzig, verzichten ihrerseits auf eine nochmalige Kandidatur. Diese Unterstützung sei laut des Professors ein Zeichen von klarem Bekenntnis gegen Rechtsextremismus und für die Wertschätzung der CDU-Kandidatin.

Freie Wähler als Zünglein an der Waage

Vorländer rechnet im zweiten Wahlgang mit Stimmenzuwächsen bei Dollinger-Knuth. Ausschlaggebend dafür sei, in welche Richtung sich die Stimmung der Wähler letztendlich bewege und wer zum Schluss das Momentum auf seiner Seite habe. Derzeit gebe es ein Momentum in Richtung der CDU-Kandidatin, sodass sich der zweite Wahlgang wohl zu einem Zweikampf von Dollinger-Knuth und Lochner zuspitzen könnte.

Unklar sei allerdings, wohin möglicherweise Stimmen von Thiele gehen, Vorländer geht davon aus, dass der Kandidat der Freien Wähler im zweiten Wahlgang ein wenig untergehen könnte. „Was mit den Wählerstimmen von Thiele passiert, ist eine ungewisse Größe“, sagt Vorländer. Sollten AfD und Thiele im zweiten Wahlgang nicht über ihr bisheriges Wählerpotenzial hinauskommen, könnte Dollinger-Knuth als Siegerin hervorgehen. Das funktioniere allerdings nur, wenn Thiele an Aufmerksamkeit und damit an Stimmen verliere. Die Wähler von Thiele seien damit unter Umständen am Sonntag das Zünglein an der Waage.

Entscheidend für den Ausgang der Wahl am Sonntag werde sein, wer in den letzten Tagen die meisten Wähler mobilisieren kann und auf wessen Seite das Momentum sein werde. „Sieger wird“, sagt Vorländer, „wer jetzt – salopp gesagt – auf den letzten Metern den meisten Wind macht.“