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Bundespolizei muss wieder einzeln essen

AfD-Politiker Ivo Teichmann kritisierte eine Sondergenehmigung des Landrats. Der muss nun zurückrudern.

Von Gunnar Klehm & Jörg Stock
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Die Beamten der Bundespolizei sind ihre Privilegien in Hotels wieder los.
Die Beamten der Bundespolizei sind ihre Privilegien in Hotels wieder los. © dpa

Kleine Geste, große Wirkung. Das hatte sich Landrat Michael Geisler (CDU) einfacher vorgestellt, als es ist. Auf Nachfrage von Gastronomen gab das Landratsamt eine Sondergenehmigung dafür, dass Beamte der Bundespolizei, die aus dienstlichen Gründen in Hotels untergebracht sind, gemeinsam Frühstück und Abendessen zu sich nehmen können. Dabei soll es schon mal zu geselligen Runden gekommen sein.

"Gleiches Recht für alle", forderte nun AfD-Landtagsabgeordneter und Kreisrat Ivo Teichmann. Er ist zugleich Vorsitzender des Tourismusvereins Elbsandsteingebirge. Was die Polizisten im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge dürfen, darum kämpfen Hoteliers schon seit Längerem. Sie klagten sogar das Recht ein, Dienstreisende bei Wahrung aller Abstandsregeln bewirten zu dürfen. Ohne Erfolg.

Wer erteilte die Sondergenehmigung?

Speisenabholung ist aktuell zwar möglich. Das Essen muss aber dezentral auf den Zimmern eingenommen werden. "Den Bürgern und Gastronomen erschließt sich dieses Verhalten der Einsatzkräfte nicht, da die Beamten doch Vorbildcharakter haben sollten", schreibt Teichmann in einer Anfrage ans Landratsamt. Schließlich habe das Verwaltungsgericht Dresden bereits im Februar geurteilt, dass Frühstücksräume aus Corona-Schutz-Gründen für Hotelgäste tabu bleiben.

In dem Verfahren hatten die Hoteliers darauf verwiesen, dass die Corona-Schutz-Verordnung auch Ausnahmen für Betriebskantinen vorsehe. Darauf könnten sich die Beherbergungsbetriebe laut Gerichtsbeschluss aber nicht berufen. Die entsprechende Vorschrift privilegiere gastronomische Angebote in Kantinen dann, wenn Arbeitsabläufe Alternativen erforderten, weil ein Verzehr der Kantinenmahlzeit am Arbeitsplatz nicht möglich sei. Es handele sich um eine eng auszulegende Ausnahmeregelung für Kantinen und Mensen, heißt es.

"Auf welcher Grundlage wurde nun diese Genehmigung erteilt?", fragte Teichmann im Landratsamt an. Das musste nun anerkennen, dass die Sondergenehmigung Ergebnis einer "fehlerhaften Rechtsauslegung" ist. Man habe den Fall geprüft und festgestellt, dass die eigene Rechtsauffassung vom Februar 2021 "so nicht mehr Bestand haben kann", wie es in einer Antwort an Teichmann heißt. Die Verordnungen zum Corona-Schutz und die Rechtsprechung dazu veränderten sich aber so dynamisch, dass es schon mal zu Fehlern kommen könne.

Warum wohnen Polizisten in Hotels?

Die betroffenen Gastronomen im Landkreis sind nun darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass diese Sondergenehmigung für die Bundespolizei ungültig ist. Die Polizisten müssten nun wieder allein dezentral auf den Zimmern essen.

Dass die betroffenen Beamten und die Hoteliers wenig erfreut darüber sein dürften, sei zwar bedauerlich, aber müsse man in Kauf nehmen, erklärt Teichmann. "Ich gönne den Polizisten das. Aber wir haben uns alle an geltendes Recht zu halten", sagt der AfD-Politiker. Zudem wäre es kontraproduktiv, wenn wegen des gemeinsamen Essens alle bei einem positiven Corona-Fall in Quarantäne müssten.

Die Unterbringung in Hotels wurde nötig, weil zuletzt deutlich mehr Beamte als üblich in der Region Dienst taten. Grund waren die zur Pandemiebekämpfung wieder eingeführten Kontrollen an der Grenze zu Tschechien, die von auswärtigen Polizeikräften unterstützt wurden. Für die Dauer dieses Einsatzes waren die Beamten im grenznahen Raum unterzubringen, erklärt Axel Bernhardt, Sprecher bei der Bundespolizeidirektion Pirna. Da diese über keine eigenen Unterbringungsmöglichkeiten verfüge, habe man auf Angebote privater Betreiber zurückgegriffen.

Wie bewertet die Bundespolizei die Ausnahme?

Die Bundespolizei sieht sich in die Vorgänge rund um die Sonderregelung nicht involviert. Die Behörde erklärte, die Art und Weise der Unterbringung und Verpflegung der Einsatzkräfte obliege den jeweiligen Betreibern der Unterkünfte und richte sich nach den in diesem Gewerbe geltenden Vorschriften. Ausnahmen würden aufgrund der Bewertung der jeweiligen Betreiber beim Landkreis beantragt.

Die zusätzlichen Beamten stammten aus verschiedenen Dienststellen des Bundesgebiets, vor allem aus der Bundesbereitschaftspolizei mit Standorten unter anderem in Blumberg und Bad Düben. Wie viele auswärtige Polizisten genau vor Ort waren und wie lange, möchte die Direktion „aus einsatztaktischen Gründen“ nicht mitteilen.

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