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Was der CSD-Chef zu den Vorwürfen sagt

Es geht um sexuelle Handlungen mit Flüchtlingen. Er selbst weist die Anschuldigungen vehement zurück und erstattet Anzeige.

Von Ulrich Wolf & Julia Vollmer
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CSD-Chef Ronald Zenker.
CSD-Chef Ronald Zenker. © Archiv Sven Ellger

Gegen den Chef des Christopher-Street- Day-Vereins (CSD) und Landeskoordinator für homo- und transsexuelle Flüchtlinge, Ronald Zenker, gibt es schwere Vorwürfe. Er soll mit Flüchtlingen, die er betreut, Sex gehabt haben. Diese sollen mit ihm geschlafen haben, da sie fürchteten, sonst keine Hilfe mehr von ihm zu bekommen. Am Montagmittag äußerte sich Zenker in einer Erklärung.

„Ich weise die Vorwürfe und Anschuldigen auf das Schärfste zurück. Ich habe über meinen Anwalt Strafanzeige wegen Verleumdung und übler Nachrede gestellt“, so Zenker. Zum Vorwurf nicht einvernehmlicher sexueller Handlungen sagt Zenker: „Ich habe weder sexuelle Handlungen zur Voraussetzung für die Unterstützung für Geflüchtete gemacht, noch habe ich eine Unterstützung aus diesen Gründen versagt.“ Unklar bleibt in seiner Erklärung, ob es grundsätzlich zu Geschlechtsverkehr mit Asylbewerbern gekommen ist.

Über die Gründe der Anschuldigungen könne er nur spekulieren. Sein Verein und er hätten mittlerweile über 400 Menschen im Projekt unterstützt. „Da kommt es natürlich in Einzelfällen zu Konflikten, die womöglich zu diesen unhaltbaren Vorwürfen führen“, so Zenker. Er vermutet, dass Versäumnisse im Dresdner Sozialamt ein Grund für die gezielt gestreuten Anschuldigungen sind. „Es gab in den letzten Jahren Versäumnisse, die die Unterbringung der Geflüchteten betreffen. Diese Missstände haben wir regelmäßig angemahnt. Vielleicht hat sich hier jemand zu sehr auf die Füße getreten gefühlt“, sagt er.

Das Sozialamt nehme die Äußerungen von Ronald Zenker zur Kenntnis, teilte das Rathaus am Montag mit. „Ob, und wenn ja inwieweit sich Mitarbeiter des Sozialamts ‚auf die Füße getreten fühlen‘ könnten, darüber werden wir nicht öffentlich spekulieren. Für uns zählen Fakten.“ Der CSD-Verein leiste im Rahmen der vom Sozialamt geförderten Betreuung besonders schutzbedürftiger Geflüchteter sehr gute Arbeit vor Ort. Deshalb sei die Förderung bis Ende Juni verlängert worden. Mit seiner eidesstattlichen Erklärung habe Zenker eindeutig Position zu den Vorwürfen gegen ihn bezogen. Bis dato würden dem Sozialamt zu diesen Vorwürfen keine glaubhaften Belege vorliegen. „Deshalb sehen wir nach wie vor keinen Grund, von der Unschuldsvermutung abzugehen und Herrn Zenker unredliches Verhalten vorzuwerfen.“

Das Sozialamt hatte zuvor bestätigt, dass zwei Flüchtlinge im Februar Zenker in einem Gespräch mit Mitarbeitern derartiges Fehlverhalten vorgeworfen haben. Allerdings gab es in diesen Fällen keine Anzeige bei der Polizei. Erwiesen ist bislang nichts, es gilt die Unschuldsvermutung. Polizeisprecher Thomas Geithner bestätigt aber, dass ermittelt werde und man den Vorwürfen nachgehe.

Die weiteren CSD-Vorstandsmitglieder hätten Vertrauen in Zenkers Aussagen und seine Arbeit, heißt es vom Verein. Sie seien über die Vorwürfe und Hintergründe informiert. Der Vorstand sei von der Haltlosigkeit der Vorwürfe überzeugt. „Um sich selbst ein Bild von unserem Projekt zu machen, laden wir am 13. Juni zu einem Tag der offenen Tür ein. Dort können alle Interessierten mit den Mitarbeitern der Koordinierungsstelle und mit Geflüchteten ins Gespräch kommen“, so Zenker.

Der CSD betreut derzeit 88 Flüchtlinge in Dresden, außerdem sind laut Sozialamt für die nächste Zukunft Zugänge angekündigt. Das Sozialamt stellt derzeit in Wohnungen der Stadt Unterbringungsplätze für 58 vom CSD betreute Personen bereit. Stadt und Freistaat bringen homo- und transsexuelle Flüchtlinge bevorzugt in Wohnungen und nicht in Sammelunterkünfte, da sie dort Repressalien ausgesetzt sein könnten.

Es gibt noch einen weiteren Vorwurf: Zenker soll bei der Betreuung der Flüchtlinge mit einer Generalvollmacht arbeiten, die unter anderem die Kommunikation mit Behörden, dem Arbeitsamt und die Öffnung der Post beinhaltet. Am Montag äußerte er sich dazu nicht. Die Asylbewerber sollen dieses Formular unterschreiben müssen, bevor die Betreuung beginnt. Zenker schaffe damit Abhängigkeiten, heißt es. Ein Vorgehen, das nicht üblich ist. Das bestätigen sowohl der Sächsische Flüchtlingsrat als auch der Gerede e. V. Beide Initiativen beraten Flüchtlinge und vertreten diese auch in der Kommunikation mit Behörden. „Nein, wir arbeiten nicht mit Generalvollmachten“, so der Gerede-Verein. Eine solche Praxis sei grundsätzlich in der sozialen Arbeit mehr als unüblich.

Auch der Dresdner Ausländerrat setzt diese Vollmachten nicht ein. „Selbst begrenzte Vollmachten nehmen wir nur selten und ungern an“, sagt Regionalkoordinatorin Henriette Hanig. Laut Sozialamt musste Zenker die Vollmacht überarbeiten, konkrete Anzeichen für einen Missbrauch der Vollmachten gebe es bisher aber nicht. „In der Regel erteilen die Geflüchteten diese Vollmachten auf freiwilliger Basis bereits während ihres Aufenthaltes in einer Erstaufnahmeeinrichtung“, betont das Sozialamt. In komplexen Lebenslagen seien Vollmachten eine gute Hilfe bei Behördengängen. Von einer Generalvollmacht ist nach Kenntnis des Amtes bislang nur in einem Fall Gebrauch gemacht worden, um einem Klienten in einer gesundheitlichen Notlage zu helfen.

Auch dem sächsischen Ausländerbeauftragten Geert Mackenroth sind „Unregelmäßigkeiten mit dem Einsatz von Generalvollmachten durch Herrn Zenker nicht bekannt“.