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Wie der Striezelmarkt zu seinen Liedern kommt

Seit fast 30 Jahren schreibt Andreas Goldmann die Musik für die Bühne und die Weihnachtsstimmung daheim.

Von Kathrin Krüger
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Der studierte Sänger Andreas Goldmann sorgt dafür, dass seine Berufskollegen reichlich zu singen haben.
Der studierte Sänger Andreas Goldmann sorgt dafür, dass seine Berufskollegen reichlich zu singen haben. © Sven Ellger

Der Mann hat die Ruhe weg. In seiner ganzen Leibesfülle glaubt man Andreas Goldmann aufs Wort, dass er mit der Cosel ein halbes Jahr schwanger ging. Damit meint er natürlich die Musik des neuen Stücks im Boulevardtheater Dresden. Doch das ist nur ein Teil seiner künstlerischen Umtriebigkeit. Noch viel mehr Menschen dringt die Arbeit des 55-Jährigen zur Weihnachtszeit ins Ohr. Genauer gesagt, seine Kompositionen. Goldi, so nennen ihn Freunde, Bekannte und Kollegen, ist der Mann, dem der Striezelmarkt seine Hymnen verdankt.

Zu hören zum Beispiel auf der aktuellen Striezelmarkt-CD „Das Knusperhaus“. Es ist inzwischen die 29. Striezelmarkt-Geschichte. Jedes Jahr erscheint eine neue Folge. Zehn Lieder hat Andreas Goldmann für die jüngste Platte geschrieben. Seine Musik begleitet die Hörer durch die Abenteuer der Zwerge im Märchenwald. Um dem Weihnachtsmann zu helfen, müssen sie einen beschwerlichen Weg zum Haus der Hexe auf sich nehmen.

Die Musik im Disney-Schneewittchen-Stil ist auch täglich auf der Bühne zu hören. Da Goldi ausgebildeter Sänger ist – der gebürtige Burgstädter studierte an der Dresdner Musikhochschule – spricht und singt er selbst einen Zwerg. Das macht ihm großen Spaß, schon seit vielen Jahren. Bereits 1993 hat Goldmann die ersten Weihnachtslieder produziert, damals noch im Studio in Medingen bei Radeberg. Sein heutiges Tonstudio in Altfranken müsse man sich nicht mehr so gigantisch vorstellen wie einstmals, sagt er. „Ein Rechner und zwei Boxen, das war’s.“

Auch Orchesterarrangements entstehen dort. Hier werden zudem die Hits fürs Radeberger Biertheater und die jährlichen Krabat-Festspiele in Schwarzkollm produziert. Die komponiert Andreas Goldmann im Auftrag von Festspielleiter Alexander Siebecke. Eben jenem Veranstaltungsplaner, der auch das Programm des Striezelmarktes gestaltet. Man kennt sich lange und versteht sich gut. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass aus der Feder von Andreas Goldmann die Musik der bekannten Hexe-Baba-Jaga-Stücke drei bis sechs floss. Teil eins der Geschichte mit Rainer König in der Hauptrolle wird im Februar wieder im Boulevardtheater zu sehen sein.

Mit einem weiteren Großprojekt ist Andreas Goldmann gerade in Dresden präsent: „Barock me, Gräfin Cosel“. Das Musical hatte Ende Oktober im Boulevardtheater Premiere und wird jetzt wieder aufgeführt. Haus- und Hofkomponist Goldi durfte die Songs dazu schreiben. Nun legte er Ende November auch die CD zum Stück nach. „So können die Besucher über die Musik das Gefühl der Vorstellung mit nach Hause nehmen“, sagt der Komponist.

Immer, wenn Olaf Becker Regie führt, ist Andreas Goldmann als Komponist im Boulevardtheater mit von der Partie. Das Gespann kennt sich noch aus der Comödie, von der sich beide vor fünf Jahren verabschiedeten, um im ehemaligen Theater Wechselbad am World Trade Center ein eigenes Theater zu etablieren. Beckers Ideen finden in Goldmanns Kopf sinnvollen Widerhall. „Es dauert eine Weile, bis ich den richtigen Stil finde“, so der gemütliche Komponist, der sich gern als Balladen-Typ definiert. Doch er weiß nach so vielen Jahren im Geschäft, was ihn inspiriert.

Im historisch-poppigen Musical „Barock me“ war vorgegeben, dass Anleihen von Bach und Händel in die Musik einfließen sollten. Allerdings so, dass es modern wirkt, ohne avantgardistisch zu sein. Andreas Goldmann stellte sich also vor, wie Händel oder Bach heute komponieren würden – eingängig wie er, davon ist der Musiker überzeugt.

Er steht dazu, dass sein populärer Stil massentauglich ist. „Die meisten Menschen sind dafür empfänglich“, ist Andreas Goldmann Rechtfertigung genug. Allerdings würde er auch nicht alles schön schreiben. So hat er den Darstellern des Barockicals ihre musikalischen Parts auf den Leib komponiert: die Stärken betont, die Schwächen umschifft. August der Starke, die Cosel, Diva Isabella und die anderen dürfen sich mit opulenten Songs zeigen.

Andreas Goldmann hat ein großes Repertoire an Titeln im Kopf, ein Musikarchiv, aus dem er für den passenden Stil nur die richtige Schublade ziehen muss. „Das kommt auf das Genre an, das ich gerade bediene“, sagt er. Er höre selber viel Musik, um seinen eigenen Song draus zu machen.

Goldmann singt nicht nur bei der Probe seiner Musik für die Schauspieler vor, er singt selbst auch vor Theaterpublikum und wagt sich damit „relativ weit aus seiner Komfortzone“, wie der füllige Mann bekennt. In der Musikkomödie „Azzurro“ ist er ein Eisverkäufer. In „Die Fete endet nie“ gibt er einen Musiker in einer Bar. Andreas Goldmann: „Gesanglich trage ich das weg“. Für die „Legende vom heißen Sommer“ hat er viele Amiga-Hits arrangiert.

Einer der schönsten Momente für den Komponisten ist, wenn am Ende einer Aufführung „der Saal steht und tobt“. Und wenn die Zuschauer nach einem Autogramm Schlange stehen, fühlt sich Goldi völlig zu Recht wie ein echter Bühnenstar.

www.boulevardtheater.de

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