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Haben Sie Angst um Ihren Job, Herr Walpurgis?

Dynamos Trainer erklärt, wie er persönlich mit der Kritik umgeht. Und er hat eine Bitte an die Fans.

Von Sven Geisler
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In der Pressekonferenz vor dem Spiel bei Darmstadt 98 am Samstag sagt Dynamos Trainer Maik Walpurgis, was er jetzt erwartet.
In der Pressekonferenz vor dem Spiel bei Darmstadt 98 am Samstag sagt Dynamos Trainer Maik Walpurgis, was er jetzt erwartet. © Robert Michael

Eigentlich war auch ein Spieler angekündigt, aber der Trainer erschien allein zu Dynamos Pressekonferenz zum Spiel in Darmstadt. Aus organisatorischen Gründen, wie es hieß. Es war natürlich klar, dass vor allem Maik Walpurgis gefragt ist nach dieser Woche, in der sein Stuhl bedenklich zu wackeln begonnen hat. Am Montag musste sich der Chefcoach vor dem Aufsichtsrat erklären, das sei völlig normal, meint er. Allerdings gilt das eben nicht für die sportliche Bilanz der Schwarz-Gelben nach der Winterpause.

Nach drei Niederlagen und einem dürftigen 0:0 zu Hause richtet sich die Wut vieler Fans gegen den Mann, der an der Seitenlinie steht. Da ist es sicher hilfreich für sein Gemüt, dass er die Kommentare in den sozialen Netzwerken nicht liest. „Das habe ich mir vor ein paar Jahren abgewöhnt, weil ich mich nur auf meine Aufgabe konzentrieren will“, meint Walpurgis – und den zweiten Teil des Satzes wiederholt er in Variationen mehrfach während der gut 20 Minuten langen Fragerunde. Was soll er auch sonst sagen? Wie sehr es ihn ärgert, dass sich der Volkszorn gegen ihn richtet? Er geht souverän damit um und sagt eben das, was zu erwarten ist.

Gute Erinnerungen an Duisburg

Dabei bedient sich Walpurgis zunächst aus dem Setzkasten mit Absichtserklärungen. „Wir sind sehr kämpferisch eingestellt, ich bin sehr kämpferisch eingestellt“, betont der 45 Jahre alte Fußballlehrer. „Ich werde der Mannschaft totale Rückendeckung geben, mit ihr gemeinsam um die Punkte fighten.“ Man müsse das „auch als Motivation sehen“, „geschlossen zusammenstehen“, „aus dieser negativen Phase herauskommen, wieder in einen guten Lauf“.

Alles richtig, aber wie heißt es in Goethes Faust: Der Worte sind genug gewechselt, lasst mich auch endlich Taten seh’n! „Mir ist auch klar, dass wir Ergebnisse brauchen“, sagt Walpurgis, „aber nicht, weil der Trainer in der Kritik steht, sondern weil es für den Verein und diese Mannschaft unglaublich wichtig ist, dass wir uns von unten distanzieren.“ Vielleicht kann es dafür hilfreich sein, dass Dynamo in dieser Saison schon mal ähnlich unter Druck gestanden hat, sogar die personelle Lage war genauso angespannt.

Das war einen Tag vor Heiligabend, vor dem Spiel in Duisburg. Wie jetzt auch fehlten Kapitän Marco Hartmann und Florian Ballas, dazu Brian Hamalainen, dessen Einsatz diesmal wegen Rückenproblemen fraglich ist. Zudem fällt für die Partie in Darmstadt Moussa Koné wegen einer Zerrung aus. „Das ist für mich kein Alibi“, erklärt Walpurgis und erinnert an den 3:1-Sieg in Duisburg.

Dieses Erfolgserlebnis kann ein Mutmacher sein, weil die Mannschaft bewiesen hat, sich straffen zu können, wenn es eng wird. Diese Erkenntnis führt zu einem bekannten Problem. Walpurgis hat im Dezember von Komfortzonen gesprochen, die es zu durchschlagen gelte. Auf die Umstände angesprochen, nennt der Trainer eine funktionierende Mannschaft, die Kaderzusammenstellung und die medizinische Abteilung. „Dass wir an der einen oder anderen Stelle Nachholbedarf haben, liegt auf der Hand“, meint er, ohne zu sagen, wo genau er den sieht. „Ich bin nicht hier, um Kritik zu äußern.“

"Meine Gefühlswelt nicht entscheidend"

Das würde vermutlich wirken, als versuche er, von seiner Verantwortung abzulenken, was er jedoch nicht will und auch nicht funktionieren würde. Walpurgis ist lange genug im Geschäft, um das zu kennen, was man die Mechanismen der Branche nennt. „Der Trainer ist der Mann, der vorne den Kopf dafür hinhält.“ Vom Verein gibt es weder ein Bekenntnis noch ein Ultimatum, wobei das im Fußball sowieso oft auf das Gleiche rauskommt. „Ich kann mich hier nur maximal einbringen mit größtmöglichem Engagement, mit Leidenschaft und dann muss ich Entscheidungen treffen“, sagt Walpurgis – und, das wird seine Kritiker freuen, er räumt ein: „Die sind natürlich auch manchmal falsch, das liegt in der Natur der Sache. Und wenn die Ergebnisse nicht stimmen, stehe ich als Trainer in der Verantwortung und der bin ich mir total bewusst.“

Walpurgis scheint die Ruhe selbst zu sein, was ein gutes Zeichen ist. Man nimmt es ihm ab, wenn er behauptet, keine Angst um seinen Job zu haben. „Die Leute können sich mich gerne raussuchen“, sagt er - und appelliert an die Fans, etwa 1600 werden in Darmstadt dabei sein: „Entscheidend ist es, trotzdem – bitte – alles zu geben, diese Mannschaft zu unterstützen. Da ist meine Gefühlswelt überhaupt nicht entscheidend.“ Vielmehr gehe es darum, nicht noch mal so etwas zu erleben wie in der vorigen Saison, nämlich „dass man am letzten Spieltag anfangen muss zu zittern, der Klassenerhalt ist noch nicht sicher, es droht die 3. Liga. Das wäre für alle eine Katastrophe.“

Und die gilt es abzuwenden. Aber, es dreht sich im Kreis, wenn es um seine Zukunft geht, weiß Walpurgis: „Einen Trainer können nur Ergebnisse stärken.“