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Ex-Görlitzer stecken in Griechenland fest

Familie Pätzold startete vor 21 Monaten zu einer Tour um die halbe Welt. Doch Corona stoppte die Weltenbummler.

Von Ingo Kramer
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Tino und Verena Pätzold reisen mit ihren fünf Kindern Lena (14), Anne (12), Julie (9), Madita (4) und Kalle (2) sowie Hund Eddy (5) in einem alten Polizei-Bus.
Tino und Verena Pätzold reisen mit ihren fünf Kindern Lena (14), Anne (12), Julie (9), Madita (4) und Kalle (2) sowie Hund Eddy (5) in einem alten Polizei-Bus. © Foto: privat

Irgendwie hatten die Pätzolds sich das Jahr 2020 anders vorgestellt. „Wir waren den Winter über wieder mit unserem Bus in Griechenland – mit dem Ziel, im März Richtung Türkei, Iran und Indien aufzubrechen“, berichtet Verena Pätzold. Doch ausgerechnet im März traf die Corona-Pandemie auch Griechenland. Die Grenze zur Türkei ist seit Mitte März dicht.

In Griechenland herrscht strikte Ausgangssperre, das Verlassen der Wohnung muss vorher unter Nennung des Grundes per Internet, SMS oder Formular gemeldet werden. „Wir als Reisende ohne Wohnsitz fallen in eine undefinierte Grauzone“, sagt die 43-Jährige: „Alle Landwege aus Griechenland sind geschlossen, aber eigentlich dürften wir auch nicht im Auto herumreisen.“

Also versucht sie mit ihrem ein Jahr jüngeren Mann Tino und den fünf Kindern Lena (14), Anne (12), Julie (9), Madita (4) und Kalle (2), sich so unauffällig wie möglich zu verhalten,  Stadt fern zu campieren und sich nur zum Essen kaufen in der Zivilisation sehen zu lassen. Unklar ist, wie lange noch: „Im Moment hoffen wir, dass die Ausgangsbeschränkungen zum 4. Mai gelockert werden, das würde uns das Leben im Bus innerhalb des Landes schon mal erleichtern.“

Das Bild entstand im Osten des Iran, mitten in der Wüste Lut (auch Kalut). So menschenfeindlich solche Regionen auf der einen Seite sind, so faszinierend sind sie für die Pätzolds auf der anderen Seite auch: "Die Weite, die Stille und der atemberaubende S
Das Bild entstand im Osten des Iran, mitten in der Wüste Lut (auch Kalut). So menschenfeindlich solche Regionen auf der einen Seite sind, so faszinierend sind sie für die Pätzolds auf der anderen Seite auch: "Die Weite, die Stille und der atemberaubende S © Foto: privat

Tino und Verena Pätzold stammen aus Görlitz, haben hier ihr Abitur gemacht. Sie ist gelernte Hebamme und hat lange als freiberufliche Hebamme gearbeitet, er hat an der FH Zittau/Görlitz Elektrotechnik studiert und später als angestellter Ingenieur in der Halbleiterbranche gearbeitet. Nach vielen Jahren in Dresden und vielen kleineren Urlauben in aller Welt,  zogen sie 2014,  auf der Suche nach einem entschleunigten Lebensort und einer freien Schule für ihre Kinder,  nach Teichwolframsdorf - ein kleines Dorf bei Greiz in Thüringen – und kauften dort ein 130 Jahre altes Haus.

„Vielleicht war das der Anfang vom Ausstieg, denn über die Zeit hinterfragten wir zunehmend, ob da noch mehr als die üblichen Wochen Urlaub und das übliche Alltagsleben ist“, sagt sie. Einer Reduzierung der Arbeitszeit auf drei Tage pro Woche folgte irgendwann der Entschluss zu einer Reise über den Tellerrand: „Und wenn schon, dann bitte richtig lange.“ Im Juli 2018 ging es los – mit einem alten Mercedes-Polizeibus von 1993, den sie liebevoll „Frieda“ tauften.

Die Route ging über Südosteuropa und die Türkei immer weiter gen Osten. „Wir bereisten den Iran über fast zehn Wochen und trafen viele wunderbare Menschen, zu denen wir jetzt noch Kontakt haben“, sagt Verena Pätzold. Die vor allem im Iran überwältigende persische Gastfreundschaft machte die Familie immer wieder aufs Neue sprachlos.

Hier stehen die sieben Pätzolds im Süden der Türkei, in der Stadt Adana, vor einer Moschee. Zu der Zeit waren sie gerade auf der Rückreise vom Iran und durchreisten das kurdisch geprägte Gebiet der Türkei an der syrischen Grenze.
Hier stehen die sieben Pätzolds im Süden der Türkei, in der Stadt Adana, vor einer Moschee. Zu der Zeit waren sie gerade auf der Rückreise vom Iran und durchreisten das kurdisch geprägte Gebiet der Türkei an der syrischen Grenze. © Foto: privat

Ihr Budget ist überschaubar: Die Pätzolds brauchen im Langzeitschnitt 850 Euro im Monat oder 28 Euro am Tag, den Großteil davon für Nahrung und Diesel. Die Übernachtungskosten dagegen stehen - fast zwei Jahre nach Beginn der Reise - noch immer bei exakt null Euro. Und was ist mit der Schulpflicht der Kinder? Während Tino Pätzold in Elternzeit ist, hat seine Frau ein Beratungsunternehmen in der Tourismusentwicklung von kleinen und mittelständischen Unternehmen in den jeweiligen Reiseländern gegründet. Damit sind Lena, Anne und Julie „Kinder beruflich Reisender“ – ähnlich wie Zirkuskinder. Bei Heimaturlaub greift die Anwesenheitspflicht in der heimischen Schule. Den Rest der Zeit werden sie von den Eltern unterrichtet und von der heimischen Schule weiter mit Material versorgt und bei Bedarf betreut.

www.instagram.com/van4seven

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