OB Ursu macht Ernst bei Filmakademie

Alle haben sie die Erklärung unterschrieben. Die Produzenten Stefan Arndt, Peter Hartwig, Markus Bensch und Felix von Böhm, außerdem Veit Quack und Peter Badel von der Filmuniversität Babelsberg und schließlich Cosima Stracke-Nawka und Ola Staszel als regionale Filmvertreter. Sie alle bekennen sich zur Gründung einer Sächsischen Filmakademie als Aus- und Weiterbildungszentrum für filmhandwerkliche Berufe in Görlitz.
Mit dieser Erklärung ist der Görlitzer Oberbürgermeister Octavian Ursu einen Schritt weiter auf dem Weg zu dem Ziel, in Görlitz eine Filmakademie zu gründen. An der soll Fachpersonal für Filmdreharbeiten praxisnah aus- und weitergebildet werden. Anschließend soll es regelmäßig bei Filmdrehs in der Neißestadt zum Einsatz kommen. „Ich war vorigen Freitag erneut in Berlin, um die Unterschriften für diese Erklärung zu sammeln“, erklärte Ursu in dieser Woche im Gespräch mit der SZ. Er habe mit jedem mehrfach gesprochen: „Ansonsten hätten die auch nicht unterschrieben.“
Stadträte entscheiden am Donnerstag
Die Stadträte haben die fertige Erklärung in dieser Woche zur Kenntnis erhalten. Nächsten Donnerstag haben sie das Thema auf ihrer Tagesordnung stehen. Allerdings wird es dort noch nicht besonders konkret. Stattdessen hofft Ursu auf eine Art Grundsatzbeschluss, in dem der Stadtrat das Vorhaben „Sächsische Filmakademie in Görlitz“ befürwortet und den OB beauftragt, das Konzept weiterzuverfolgen. „Es geht darum, dass sich der Stadtrat zu dem Projekt bekennt“, sagt Ursu. Tut er das, so will der OB alle, die die Erklärung unterschrieben haben, zu einer gemeinsamen Beratung nach Görlitz einladen.
Außerdem will er dann auf die Mitteldeutsche Medienförderung und den Freistaat Sachsen zugehen. Beide sollen als Finanzierungspartner gewonnen werden. Dem Ministerpräsidenten hat Ursu längst davon berichtet. Natürlich wolle Michael Kretschmer eine Filmakademie in Görlitz, aber er sei der Ministerpräsident für den ganzen Freistaat Sachsen: „Er wartet jetzt erst einmal ab, wie sich die Akteure dazu bekennen.“ Bei Ursus Gespräch mit Thomas Schmidt, dem Sächsischen Staatsminister für Regionalentwicklung, der auch für den Strukturwandel zuständig ist, hat das Thema Filmakademie nach Ursus Aussage hingegen keine Rolle gespielt.
Fachpersonal fehlt vor Ort
Hintergrund für die geplante Filmakademie ist ein scheinbarer Widerspruch. Einerseits ist Görlitz – nicht zuletzt wegen der vorhandenen Bausubstanz – ein beliebter Drehort für die nationale und internationale Filmindustrie, andererseits fehlen vor Ort technische Unterstützungsleistungen für Filmproduktionen. Das nötige Fachpersonal, das für Dreharbeiten gebraucht wird, muss regelmäßig von den Produktionen mitgebracht werden – und nach Drehschluss verlässt es Görlitz wieder. Zudem gibt es auch in der Filmbranche einen immer größer werdenden Fachkräftemangel. Vor allem fehlt Fachpersonal im filmhandwerklichen Bereich.
Um Görlitz für Filmproduktionen noch interessanter zu machen, sollen filmspezifische Dienstleister für Bühnenbau, Ausstattung, Requisite, Kostüm, Filmcatering und Lichttechnik unmittelbar in Görlitz angesiedelt werden. Dafür soll die Sächsische Filmakademie errichtet werden, die eine zertifizierte Aus- und Weiterbildung in filmspezifischen Dienstleistungsbereichen anbietet. Eine Verknüpfung des Standortes Görlitz für die Filmindustrie als Drehort und zugleich als Zentrum für eine fundierte Aus- und Weiterbildung in Filmberufen wäre deutschlandweit einmalig. Die genannten Berufsgruppen werden auch überregional dringend benötigt.
Konzeptentwurf ist noch druckfrisch
Doch neben der gemeinsamen Erklärung kann Ursu den Stadträten noch etwas vorlegen: Einen druckfrischen Konzeptentwurf für die Filmakademie, ausgearbeitet von Alfred Holighaus, der von 2011 bis 2019 hauptamtlicher Präsident der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft war. Das Papier, an dem auch Professor Peter Badel von der Filmuniversität Babelsberg mitgearbeitet hat, liest sich schon relativ konkret. Demnach soll es in Görlitz drei Studiengänge geben: Ausstattung, Bild/Licht/Ton sowie Produktion. Ein jahrelanges Studium ist aber nicht geplant: Stattdessen handelt es sich um eine praxisbezogene Aus- und Weiterbildung. Die geplante Regelstudienzeit liegt bei zehn bis 15 Wochen. Das Studium könnte zweimal pro Jahr starten – erstmalig bestenfalls schon im Frühling 2021. Pro Studiengang könnten immer zwölf bis 18 Studenten teilnehmen.
Noch nicht ganz klar sind die Zugangsvoraussetzungen. Gewünscht sei die Hochschulreife, schreiben Holighaus und Badel. Auch den Abschluss einer Lehre in filmherstellungsnahen Berufen, das Bestehen einer fachspezifischen Zugangsprüfung und den Nachweis berufsbezogener praktischer Erfahrungen oder eines entsprechenden Interesses fänden sie gut. Die Studenten sollten bevorzugt aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen kommen.
Kooperation mit Hochschule ist geplant
Wo in Görlitz die Filmakademie angesiedelt werden könnte, ist offen. „Eine enge Kooperation mit der Hochschule Zittau/Görlitz wäre absolut wünschenswert und auch denkbar“, schreiben die beiden Autoren. Ursu bestätigt das gegenüber der SZ: „Ich bin mit der Hochschule dazu im Gespräch.“ Auch mit dem neuen Rektor habe er sich schon einmal kurz dazu unterhalten: „Wenn der Stadtrat zustimmt, will ich nach dem Beschluss noch einmal mit ihm darüber reden.“ Die Anbindung an die Hochschule sei wichtig. Aber nicht nur die. Ursu sieht die Filmakademie auch als wichtigen Wirtschaftsfaktor: „Wir wollen Anreize schaffen, damit öfter in Görlitz gedreht wird.“ Das wäre für die Gastronomie und Hotellerie gut – und die Bekanntheit von Görlitz würde es auch erhöhen.