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Generationswechsel im Glasmuseum

Elvira Rauch übergibt zum 1. Oktober die Leitung an Christine Lehmann. Die hat spannende Aufgaben vor sich.

Von Constanze Knappe
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Elvira Rauch (li.) arbeitet ihre Nachfolgerin Christine Lehmann als neue Leiterin des Glasmuseums Weißwasser ein.
Elvira Rauch (li.) arbeitet ihre Nachfolgerin Christine Lehmann als neue Leiterin des Glasmuseums Weißwasser ein. © Foto: Joachim Rehle

Weißwasser. Eine Doppelspitze ist angesagt. In der Politik sowieso. Aber neuerdings auch im Glasmuseum Weißwasser. Elvira Rauch und Christine Lehmann lachen herzlich. Sie vollziehen den Generationswechsel. Ende des Monats übergibt Elvira Rauch den Staffelstab an Christine Lehmann, die zum 1. Oktober die neue Leiterin wird.

Seit drei Jahren ist die 40-Jährige bereits Mitglied des Fördervereins. Die inhaltliche Arbeit sei ihr daher nicht gänzlich neu. Was jedoch die Verwaltungsabläufe angeht, da fühle sie sich „wie ein Azubi“. An ihrem ersten Arbeitstag am 2. September standen gleich die Abrechnungen des Wochenendes und des vergangenen Monats an. So bekam sie einen ersten Vorgeschmack, was sie erwartet. Was verbindet das Museum verwaltungstechnisch mit der Stadt, wie kommt man am besten an Geld – sprich Fördermittel – für Projekte ran, wie werden Leihverträge gemacht, wie arbeitet man mit anderen Museen zusammen? In diese und viele weitere Fragen arbeitet sich Christine Lehmann derzeit ein. Bis Monatsende hat sie dabei noch Elvira Rauch und deren großen Erfahrungsschatz zur Seite.

Nach elf Jahren verlässt diese das Glasmuseum. Mit einem weinenden und einem lachenden Auge, wie man so schön sagt. „Es war eine tolle Zeit“, blickt sie zurück. „Weil es eben nicht nur um das Sammeln von Glas, sondern um die Geschichte ringsherum ging“, betont sie. Die vielen Rückmeldungen der Besucher hätten sie bestärkt. Erst dieser Tage sei ein Ehepaar aus Österreich hier gewesen. Die beiden kannten nach eigener Aussage jedes Glasmuseum in Europa. Aber was sie in Weißwasser vorfanden, hätten sie so noch nirgends gesehen. „Sie haben mit strahlenden Augen in den höchsten Tönen geschwärmt“, sagt Elvira Rauch. Zufriedene Besucher hatte sie schon viele, so viel Begeisterung noch nie. Kurz vor ihrem Ausscheiden war das „ein besonders glücklicher Moment“.

„Man sieht an jeder Ecke, dass Glasfachleute das Museum eingerichtet haben“, nimmt Elvira Rauch den Faden auf. Sie habe es bloß verwaltet, erklärt sie. Aber sie hat sich auch engagiert dafür eingesetzt, das Museum weiter voranzubringen. Einen Wunschzettel hat sie oder wie sie sagt: „Einen großen Wunsch mit einer langen Liste“. Es wäre traumhaft, wenn aus dem Glasmuseum in der Gelsdorf-Villa ein richtiges Industriemuseum im Telux-Gelände würde. Dort wäre Gelegenheit für technische Vorführungen.

„Und wenn erst einmal das Glasmuseum dort ansässig ist, siedeln sich ringsherum Handwerker an.“ Das hat Elvira Rauch selbst schon gesehen. In Schweden. „Ganz toll“, kann sie da nur sagen. Einen etwas kleineren Wunsch schiebt sie noch hinterher: staubsichere Vitrinen.

2018 hatte das Glasmuseum 3 340 Besucher. Mit bisher 2 600 sei man auch 2019 auf gutem Wege dahin. Die Einrichtung hat viel Zuspruch von Touristen. „Wir spüren, dass die Bedeutung größer geworden ist“, hat sie festgestellt. Die Kooperation mit den Schulen, die will Elvira Rauch ihrer Nachfolgerin unbedingt ans Herz legen.

Museum wird barrierefrei

Christine Lehmann ist in Weißwasser geboren. Sie hat in Tübingen empirische Kulturwissenschaften studiert und in verschiedenen Museen – zuletzt in Leipzig – gearbeitet. „Als ich nach Weißwasser zurückkam, wusste ich sofort, dass ich ins Glasmuseum möchte“, erklärt sie. Da ahnte sie noch nicht, dass das Museum nicht nur eine industriegeschichtliche Bedeutung hat, sondern ebenso eine starke Verbindung zur Stadtgeschichte. Ihr Interesse sei dadurch noch größer geworden. Sie gab beim Förderverein ihren Aufnahmeantrag ab – mit dem Angebot, jederzeit helfen zu wollen. Als die Stelle der Leitung ausgeschrieben wurde, bewarb sie sich. „Mit ruhigem Gewissen“, wie sie sagt, da Elvira Rauch in den Ruhestand geht. Die beiden Frauen kennen sich bereits geraume Zeit.

Der Wunschliste ihrer Vorgängerin kann sie sich „nur anschließen“. Das aber sei noch große Zukunftsmusik. Davor stünde, egal ob Umzug oder nicht, erst einmal die Digitalisierung. Auch, um mehr junge Leute für das Museum zu begeistern. Die Dauerausstellung unter dem Aspekt des Zeitgeschmacks zu ergänzen, sei eine weitere Aufgabe. Die Kooperation mit Hochschulen und auch die Stärkung des Netzwerks mit Tourismusanbietern der Region. Dafür sei konzeptionelle Arbeit notwendig. Deshalb hofft sie, dass die Einsätze der beiden Helfer – Freiwilligendienst und Ein-Euro-Jobber – verlängert werden.

Eine erste Ausstellung hat Christine Lehmann schon vorbereitet. Nachdem sie auf die Idee kam, gemeinsam mit dem Landesamt für Archäologie etwas auf die Beine zu stellen, sei sie gewissermaßen in Zugzwang geraten. Ende 2020 soll die Schau eröffnet und bis Ostern 2021 gezeigt werden.

Danach stehen Bauarbeiten ins Haus, um das Museum barrierefrei zu machen. Ob der Aufzug an- oder eingebaut wird, stehe noch nicht so ganz fest. Außerdem bekommt das Museum behindertengerechte Toiletten, weshalb die Baumaßnahmen nicht ohne Schließzeiten abgehen werden.

Christine Lehmann freut sich auf die neue Aufgabe. Ein bisschen aufgeregt vor dem 1. Oktober sei sie aber doch, gibt sie zu. An ihrem ersten Tag als neue Chefin hat sie die Monatsabrechnung zu machen. Zur Not könne ja sie Elvira Rauch anrufen.

Die will in ihrem Ruhestand erst mal richtig abschalten, dann aufarbeiten, was lange liegenblieb und endlich nicht nur im Garten arbeiten, sondern ihn genießen.